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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Trägerwellblech - Tragödie

Trägerwellblech, s. Wellblech.

Tragesattel, s. Sattel.

Tragfedern, s. Feder.

Trägheit, s. Beharrungsvermögen. Über die magnetische T. s. Hysteresis. Trägheitsmoment, ein in der Mechanik und der Festigkeitslehre angewandter Begriff. Man denke sich nach Fig. 1 an einem masselosen, um o drehbaren Hebel in dem Achsenabstand 1 die Kraft p und die Masse m angebracht. Dem Drehungswinkel α (in Bogenmaß) entspricht dann eine erlangte Winkelgeschwindigkeit φ, und der Arbeit pα die lebendige Kraft (mφ2)/2. Setz man anstatt m eine Masse µ in die Entfernung r, so daß die Winkelbeschleunigung nicht geändert wird, so entspricht derselben Arbeit pα die (gleiche) lebendige Kraft µ(rφ)2/2, weshalb also m = µr2 sein muß. Das T. µr2 einer Masse µ im Achsenabstand r stellt also den Wert derjenigen Masse dar, die anstatt der vorhandenen in den Achsenabstand 1 versetzt, die Bewegung nicht ändern würde. Besteht ein um eine Achse drehbarer Körper aus den Massenteilen m, m1, m2,... mit den Achsenabständen r, r1, r2,..., so ist dessen T. mr2 + m1r12 + m2r22 + ...

^[Fig. 1.]

Nach dieser Formel findet man das T. eines gleichmäßigen Rechtecks von den Seiten a, b und der Masse M für die Drehung um die Seite a als Achse M(b2/3). Für ein Dreieck von der Höhe b, das sich um die Grundlinie dreht, findet man M(b2/6).

Wenn ein Stäbchen ss (Fig. 2) um den Faden f als Achse gedreht wird, halten sich die Centrifugalkräfte nicht das Gleichgewicht, sondern streben, die Teile möglichst weit von der Achse zu entfernen und das Stäbchen, wie dies die Pfeile andeuten, senkrecht gegen f zu stellen. Bei letzterer Stellung tritt das Gleichgewicht der Centrifugalkräfte ein, und das T. um f als Achse erreicht seinen größten Wert. Alle in dieser Weise gedrehten Körper rotieren nur stabil um eine Achse des größten T. - Das T. von Querschnittsflächen findet in der Festigkeitslehre häufige Verwendung.

^[Fig. 2.]

Traghimmel, s. Baldachin.

Tragik (grch.), die Gesamtwirkung tragischer Ereignisse und tragischer Kunst; Tragiker, Dichter von Tragödien (s. d.).

Tragikomödie (grch.), ein Schauspiel, in dem das Tragische mit dem Komischen verschmolzen ist; tragikomisch, Verschmelzung des Tragischen mit dem Komischen. Shakespeares "Troilus und Cressida" ist ein Muster dieser Zwittergattung, Hebbels Einakter " Ein Trauerspiel in Sicilien" versuchte sie wieder, jedoch ohne Erfolg, zu Ehren zu bringen.

Tragisch, s. Tragödie.

Tragkraft, s. Festigkeit.

Traglager, s. Lager (im Maschinenbau).

Tragmodul, s. Festigkeit.

Tragocephala jucunda, Käfer, s. Tafel: Käfer II, Fig. 15.

Tragöde (grch.), ein Schauspieler, der tragische Rollen darstellt.

Tragödie (grch., wörtlich Bocksgesang, von tragos, Bock, und ōdē, Gesang), Trauerspiel. Der Name weist zurück auf den Ursprung der T., auf den Gesang des in der Gestalt bocksfüßiger Satyrn bei den Dionysischen Festen auftretenden Chores. Thespis (s. d.) wird als Erfinder der T. bezeichnet, indem er durch Hinzunahme eines Schauspielers, der sich in verschiedene Rollen verkleiden konnte, das dramat. Leben in den dithyrambischen Chor brachte. Vervollkommnet nach Form und Inhalt wurde die T. vor allem durch Äschylus, Sophokles und Euripides. Durch diese Dichter ist sie zur wirksamsten aller Dichtungsgattungen geworden, zur anschaulichsten und ergreifendsten Darstellung des Menschen in seinem Handeln und Leiden. Der einzelne Mensch, mag er noch so berechtigte Zwecke verfolgen, verfällt nichtsdestoweniger in sittliche Schuld, wenn er seine Zwecke und Rechte eigenmächtig von den ebenso berechtigten der allgemeinen Weltverhältnisse losreißen und seinen Sonderwillen auf Kosten des Ganzen durchsetzen will. Dann machen nämlich diese Weltverhältnisse gegen den Eigenwillen des kämpfenden Helden ebenfalls ihre Rechte und Zwecke geltend und es entbrennt der heftigste Streit, der sog. tragische Konflikt. Das Ganze ist aber mächtiger als selbst der mächtigste Einzelne. Dieser, der tragische Held, unterliegt daher, und sein Untergang ist die Buße für seine Schuld, die Wiederherstellung der durch ihn verletzten allgemeinen Vernunft und Ordnung. In die Trauer und das Mitleid mischt sich so ein beruhigendes Gefühl ausgleichender, mit dem Schicksal versöhnender Gerechtigkeit. Denn die T., als die Darstellung des Kampfes zwischen dem Einzelnen und dem Allgemeinen oder, wie man sich ausdrücken kann, zwischen der Freiheit und der Notwendigkeit, ist immer zugleich eine Verherrlichung der sittlichen Vernunft, ein Sieg über selbstherrlichen Übermut und rechthaberischen Trotz. Aristoteles setzt daher in seiner "Poetik" den Zweck der T. in die Reinigung von Leidenschaften, und denselben Gedanken spricht Schiller aus, wenn er sagt, daß das Schicksal den Menschen erhebe, wenn es ihn zermalme. Die Alten stellen dabei die Idee der herrschenden Weltordnung in den Vordergrund, der Einzelne ist ihr unterworfen, sie ist sein Schicksal oder Verhängnis; darum ist das Gleichgewicht zwischen Schuld und Strafe zu Ungunsten des Bereuenden gestört, das Schicksal trifft schwerer als die Schuld es verdient; bei den Neuern ist das Gemüt, der Charakter des Menschen das Erste, und er bereitet sich sein Schicksal durch seine Thaten.

Die moderne T. ist daher im Gegensatz zu der antiken Schicksalstragödie wesentlich Charaktertragödie, und die Schuld des tragischen Helden liegt hier einzig in der Sophistik des eigenen Herzens. Verfehlt war daher der Versuch, eine neuere Schicksalstragödie (s. d.) zu schaffen. Der Schöpfer der modernen Charaktertragödie ist Shakespeare. Auch Goethe und Schiller wandeln diesen Weg. Mit dem Begriff der T. hängen die Gesetze ihrer Komposition aufs engste zusammen. Nach Aristoteles zerfällt die T. wesentlich in drei Teile. Der erste Teil zeigt die Verstrickung des Helden in Schuld; der zweite Teil ist das Hereinbrechen der gegenwirkenden rächenden Mächte, der Wendepunkt, wo die Schürzung aufhört und die Lösung beginnt (Peripetie); der dritte Teil ist der Untergang des Helden,