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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Tulaarbeiten - Tulle

bank und der Moskauer Internationalen Bank. Einen Ruf in Rußland genießen auch die Tulaer Pfefferkuchen und die Tulaer Nachtigallen (aus den Gehölzen bei T.).

Tulaarbeiten, mit Niello (s. d.) verzierte Gegenstände von Silber, die in der Stadt Tula (s. den vorigen Artikel) angefertigt werden. Die Verbindung mit dem Orient, insbesondere mit dem Kaukasus und seinen Metallarbeiten, hat hier eine Technik bis auf den heutigen Tag ununterbrochen erhalten, die im westl. Europa im 16. Jahrh. erlosch. Die Art der Verzierung war in Tula echt orientalisch: zierliche, feine Mauresken, welche die Fläche überziehen. Jetzt hat sich die Fabrikation aber europ. Brauche und europ. Geschmack anbequemt. Daher werden in Tula nicht bloß niellierte Dosen wie früher verfertigt, sondern auch Löffel, Becher, Tisch- und Theegerät, und dieses wird mit europ. Ornamentation versehen.

Tulasne (spr. tülahn), Louis René, Botaniker, geb. 12. Sept. 1815 zu Azay-le-Rideau (Depart. Indre-et-Loire), studierte zuerst die Rechte, dann Botanik und wurde 1842 am Naturhistorischen Museum in Paris angestellt. Später wurde er Professor daselbst, 1854 Mitglied der Akademie, trat 1872 in den Ruhestand und starb 22. Dez. 1885 zu Huyères. T. ist der Begründer der neuern Mykologie, durch seine und seines Bruders Charles T. ausgezeichnete und umfassende Untersuchungen über die verschiedensten Pilzformen war die Entwicklungsgeschichte der Pilze in zahlreichen Fällen klargelegt worden. Seine Hauptwerke in dieser Richtung sind «Fungi hypogaei» (Par. 1851) und in Gemeinschaft mit seinem Bruder «Selecta fungorum carpologia» (ebd. 1861‒65). Außerdem schrieb er Monographien einiger Phanerogamenfamilien.

Tu l’as voulu, George Dandin, s. Dandin.

Tulbagh, Bezirk in der nordwestl. Provinz der Kapkolonie, mit 966 qkm und mit (1891) 5572 E., darunter 1827 Weiße, liegt nördlich von der Kapstadt in dem Gebirge, welches das Kalte und Warme Bokkeveld umrahmt, und enthält bei genügendem Wasserreichtum große Strecken fruchtbaren Bodens. Der Hauptort T., an der Bahn Kapstadt-Kimberley, liegt in einem tiefen Thal am Fuße des 2130 m hohen Winterhoekberges und hat viel von dem altholländ. Charakter bewahrt.

Tülbend, Turbanbund, s. Dulbend.

Tulcán, Hauptort der Provinz Carchi der südamerik. Republik Ecuador, an der Grenze gegen Columbia auf der Hochebene zwischen den Andenketten von 2200 m Höhe gelegen, im SO. des Vulkans von Cumbal, wurde 13. Aug. 1868 gleich Ibarra durch Erdbeben zerstört, hat jetzt wieder 4000 E.

Tulcea (Tultscha), Hauptstadt des Kreises T. (8625 qkm, 130375 E.), die größte Stadt der Dobrudscha in Rumänien, ist auf dem rechten Ufer des hier eine starke Biegung machenden südl. Hauptarms der Donau, die hier ihr Delta beginnt, dort gelegen, wo das Plateau an den Fluß herantritt, während östlich und westlich sich Seen und Sümpfe ausdehnen. T. hat einen belebten Hafen, ein österr.-ungar. Konsulat, 7 Kirchen, 2 Moscheen, 1 Gymnasium und zählt 17257 E., wovon mindestens 3000 Russen, 1600 Griechen, 800 Türken, 700 Tataren.

Tulĭpa, Tulpe, Pflanzengattung aus der Familie der Liliaceen (s. d.), mit gegen 50 im wärmern Europa, in den Mittelmeerländern und im mittlern Asien bis nach Japan verbreiteten Arten, krautartige Gewächse mit fleischig entwickelten Zwiebeln, aus denen schmale lineale oder etwas verbreiterte Blätter und ein fast stets einblütiger Schaft hervorsprossen. Die Blüten sind sehr regelmäßig gebaut, sie haben ein sechsblätteriges, lebhaft gefärbtes Perigon, sechs Staubgefäße und eine dreifächerige Kapsel, die bei der Reife durch drei Risse aufspringt. In Deutschland ist nur T. silvestris L. (Wild- oder Waldtulpe) mit gelber Blüte einheimisch. Die wichtigste Art ist die im Orient einheimische T. Gesneriana L. (Gartentulpe), die als Gartenzierpflanze in zahllosen Varietäten gezogen wird. Man unterscheidet einfach und gefülltblühende, zum Treiben geeignete und Landtulpen, früh und spätblühende, und solche mit monströsen Blüten (Papageientulpen). Eine ausgedehnte Tulpenkultur wird seit mehrern Jahrhunderten in Holland betrieben und werden von dort jährlich große Massen von Zwiebeln (s. Blumenzwiebeln) exportiert. Die Zwiebeln nimmt man nach der Blütezeit aus dem Boden und bewahrt sie an einem trocknen Orte auf. Im Spätherbst pflanzt man dieselben wieder und hält sie den Winter hindurch mit Laub bedeckt. Getrieben werden die Tulpen wie Hyacinthus (s. d.). Zum Frühtreiben eignen sich die von T. suaveolens Roth stammenden Formen, wie Duc van Tholl, einfach gelb mit rot, scharlachrot, weiß und gefüllt blühend, sowie Tournesol, sehr stark gefüllt, gelb mit rot.

Tüll, verschiedenartige Gewebe, die das Charakteristische haben, daß bei ihnen aus feinen, untereinander gut gebundenen Fäden regelmäßig gestaltete und regelmäßig angeordnete Zellen gebildet werden. Sie dienen sämtlich zu weiblichen Kleidungs- und Putzgegenständen. Was man ehemals ausschließlich mit dem Namen T. bezeichnete, ist ein Stoff aus Baumwolle oder Seide (Gaze), geklöppelt oder auf eigentlichen Webstühlen aus Ketten- und Schußfäden erzeugt, jedoch so, daß je zwei beisammenliegende Kettenfäden nach jedem Einschusse miteinander verzwirnt werden, um dem Verschieben der Öffnungen vorzubeugen. (Vgl. Gaze.) Eine viel größere Wichtigkeit und Verbreitung hat der in neuerer Zeit erfundene englische T. (Tulle anglais) oder Bobbinnet (s. d.) erlangt, welcher sechseckige Zellen besitzt, wie auch Petinet (s. d.).

Tulla, Joh. Gottfried, Ingenieur, geb. 20. März 1770, studierte in Heidelberg Mathematik, in Freiburg Geologie und wurde 1797 Ingenieur, 1813 Chef des Wasser- und Straßenbaues. Als solcher gründete er die bad. Ingenieurschule; sein Hauptverdienst ist die Projektierung und teilweise Ausführung der Korrektion des Oberrheins. Er starb 27. März 1828. T. schrieb: «Über die zweckmäßigste Behandlung des Rheins längs der Grenze des Großherzogtums Badens» (Karlsr. 1822), «Über die Rektifikation des Rheins von seinem Austritt aus der Schweiz bis zu seinem Eintritt in das Großherzogtum Hessen» (ebd. 1825).

Tullamore (spr. töllĕmóhr), Hauptstadt der irischen Grafschaft King’s County, am Grand-Kanal, 93 km im W. von Dublin, an der Bahnlinie Pontarlington-Athlone, hat (1891) 4522 E., Brennerei, Tabakfabrikation und Gerberei, vier Kirchen, einen Gerichtshof und Gefängnis.

Tulle (spr. tüll). 1) Arrondissement des franz. Depart. Corrèze, hat auf 2569,9 qkm (1896) 137991 E., 12 Kantone und 118 Gemeinden. – 2) T., lat. Tutela, Hauptstadt des Depart. Corrèze