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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Unčov – Unfallnervenkrankheit

Unčov (spr. untschov), czech. Name von Mährisch-Neustadt (s. d.) in Mähren.

Unctĭo (lat.), s. Salbung; U. extrēma, s. Ölung.

Und, ehemaliges Kapuzinerkloster bei der österr. Stadt Stein.

Undecĭme (lat.), Intervall im Umfang von elf Stufen.

Undēnen, s. Undinen.

Undergraduate (engl., spr. önndĕrgräddĭĕt), Bezeichnung für einen Studenten in Cambridge und Oxford. (S. Cambridge.)

Underwriter (engl., spr. önndĕrreitĕr), soviel wie Assekuradeur. (S. Assekuranz.)

Undīna, der 92. Planetoid.

Undīnen oder Undenen (vom lat. unda, Welle), jungfräuliche Wassergeister (s. Elementargeister). Nach der lieblichen Dichtung Fouqués (1811) vermählen sie sich mit Menschen, und die Undine, welche aus solcher Ehe ein Kind gebiert, erhält mit dem Kinde zugleich eine Seele. Wer aber eine Undine zur Frau hat, muß sich hüten, sie aufs Wasser zu bringen oder gar sie auf dem Wasser zu erzürnen, sonst kehrt sie ins Wasser zurück. Nach Fouqué behandeln denselben Stoff die gleichnamigen Opern von E. T. A. Hoffmann (1816), J. von Seyfried (1817), Girschner (1830), J. P. E. Hartmann (1812), Lwoff (1840), Lortzing (1840) u. a.

Und sie bewegt sich doch!, angeblicher Ausruf des Galilei, s. Eppur si muove.

Undulation (lat.), Wellenbewegung; undulatorisch, wellenförmig; Undulationstheorie, s. Licht.

Undulātor, s. Elektrische Telegraphen.

Undurchdringlichkeit, Impermeabilität oder Impenetrabilität, die allgemeine Eigenschaft der Körper, vermöge deren in den Raum, den die Materie eines Körpers einnimmt, gleichzeitig nicht auch die Materie eines andern Körpers eintreten kann. Um die Annahme der U. gegenüber den Erscheinungen der Absorption der Gase, der Auflösung, der Volumenänderung durch die Wärme u. s. w. aufrecht halten zu können, stellt man sich die Körper aus Molekülen (s. d.) bestehend vor, die durch Poren (s. d.) getrennt sind, deren Größe veränderlich ist und in welche die andere Materie eindringen kann.

Undurchsichtig, s. Opak.

Uneheliche Kinder, auch außereheliche Kinder, welche keinen ehelichen Vater haben (s. Vaterschaft). Über die verschiedenen Arten U. K. s. Natürliche Kinder. Im geltenden Recht, auch im Deutschen Bürgerl. Gesetzb. §. 1705, werden die U. K. überwiegend gegenüber der Mutter und deren Verwandten wie eheliche behandelt (jedoch manchmal mit Beschränkung des Erbrechts: nur gegenüber Vorfahren), nach dem Preuß. Landrecht und dem Österr. Bürgerl. Gesetzbuch jedoch nur gegenüber der Mutter (Ⅱ, 3, §. 8). Den U. K. stehen Unterhaltsansprüche gegenüber dem Vater zu. (S. Paternitätsklage und Unterhaltspflicht.) Sie führen den Namen der Mutter; nach dem Preuß. Landr. Ⅱ, 2, §. 641 jedoch nicht den adligen (nicht nach dem Deutschen Bürgerl. Gesetzbuch). Die U. K. stehen unter Vormundschaft; nach manchen Rechten hat die Mutter ein Recht auf die Vormundschaft. Nach der Preuß. Vormundschaftsordnung von 1875 ist ihr Vater gesetzlicher Vormund; ebenso nach dem Deutschen Bürgerl. Gesetzb. §. 1776, nach dem aber auch die Mutter Vormünderin werden kann (§. 1778). Das Erziehungsrecht steht der Mutter zu. Das Selbstverpflegungsrecht und das Erziehungsrecht, sobald das Kind ein gewisses Alter erreicht hat, giebt dem Vater eine Mehrzahl von Rechten, aber nicht das neue Deutsche Bürgerl. Gesetzbuch.

Unehrliche Leute, in früherer Zeit Bezeichnung der Angehörigen bestimmter Gewerbe (der unehrlichen Gewerbe), auf denen der Makel der Unehrlichkeit haftete. Näheres s. Anrüchigkeit.

Unempfindlichkeit, s. Anästhesie.

Unendlich heißt, was kein Ende hat, sich nicht zu Ende bringen, namentlich nicht zu Ende denken läßt. U. heißt daher der Raum, die Zeit; eine unendliche, unendlich kleine Größe eine solche, die nicht ein für allemal fertig, sondern in der Vermehrung oder Verminderung niemals abgeschlossen, mithin als ohne Grenzen zu vermehrende oder zu vermindernde gedacht werden soll, weshalb eine solche Größe nie als konstant, sondern nur als veränderlich zu verstehen ist.

Unendliche Aufgabe ist die Bestimmung des Gegenstandes in der Erfahrung, also in Raum und Zeit. Diese Bestimmung ist nur vermittelst anderer Gegenstände möglich; diese aber bedürfen selbst wieder der Bestimmung durch andere Gegenstände; diese wiederum durch andere u. s. f.

Unendliches Urteil nennt Kant ein solches, worin dem Subjekt ein verneinendes Prädikat positiv beigelegt wird, z. B. die Seele ist immateriell.

Unendliche Teufe, s. Teufe.

Unentgeltliche Verträge, s. Entgeltliche Verträge.

Unfall, ein plötzliches Ereignis, das einen Schaden verursacht, insonderheit eine Verletzung oder den Tod eines Menschen zur Folge hat. Der U. gewährt dem Verletzten oder, wenn eine Tötung vorliegt, den Hinterbliebenen nach dem bürgerlichen Rechte einen Anspruch auf Ersatz gegen den, der vorsätzlich oder fahrlässig den U. verschuldete oder für den Urheber des U. einzustehen hat. Außerdem greift hier das Haftpflichtgesetz (s. d.) ein. Der U. bildet die Voraussetzung eines Entschädigungsanspruchs aus der Unfallversicherung (s. d.), sofern er sich als Betriebsunfall darstellt, d. h. räumlich, zeitlich und ursächlich mit dem versicherten Betrieb in Zusammenhang steht. Einen Gegensatz bilden z. B. die durch die allmähliche Einwirkung gesundheitsschädlicher Betriebe entstehenden Gewerbekrankheiten (Bleivergiftung, Phosphornekrose u. dgl.). Einen andern Gegensatz bildet das «Unfallrisiko des täglichen Lebens» (Rosin). Die Frage, ob ein Betriebsunfall vorliegt, bildet den häufigsten Gegenstand der Unfallentschädigungsprozesse und hat zu einer überreichen Kasuistik geführt, welche im allgemeinen von der arbeiterfreundlichen Tendenz der Rechtsprechung des Reichsversicherungsamtes beherrscht erscheint. – Vgl. Rosin, Der Begriff des Betriebsunfalls (Freiburg 1888); Mayer, Land- und forstwirtschaftlicher Betriebsunfall (Münch. 1894).

Unfallmeldestellen, zur telegr. Unfallanzeige, werden auf Antrag bei den Reichspostanstalten errichtet und sind zu jeder Stunde verfügbar zur Meldung von Bränden, Wassersgefahr u. s. w. Die U. empfehlen sich besonders für entlegenere gewerbliche Anlagen und können auch den Zwecken der Unfallversicherung (s. d.) dienstbar gemacht werden. Ende 1896 bestanden im Reichspostgebiet 10072 U.; es wurden im Durchschnitt täglich 71,5 Unfallmeldungen aufgegeben. – Vgl. Amtliche Nachrichten des Reichsversicherungsamtes, Jahrg. 1889.

Unfallnervenkrankheit, s. Traumatische Neurose.