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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Vordüne - Vorkaufsrecht

Vordüne, s. Dünen.

Voreid, s. Eid.

Vorerbe, im Gemeinen und röm. Recht Fiduziar genannt, derjenige, welchem eine Erbschaft bis zur Erfüllung einer gewissen Bedingung oder bis zu einem gewissen Zeitpunkte als Erben gehört (Deutsches Bürgerl. Gesetzb. §. 2106). S. Erbschaftsvermächtnis.

Vorerhebungen, im österr. Strafprozeß, s. Vorverfahren.

Vorfach, Teil der Angel, s. Angelfischerei.

Vorfahren, häufige Bezeichnung der Eltern und Voreltern einer Person, römischrechtlich Ascendenten genannt. Allerdings ist diese Bezeichnung nicht eine gleichmäßig feststehende; so spricht das Preuß. Allg. Landr. Ⅱ, 1, §. 3; Ⅱ, 2, §§ 489 fg. nur von Eltern und Verwandten in aufsteigender Linie, das Österr. Bürgerl. Gesetzb. §§. 65,735 fg. redet neben der Bezeichnung Verwandte der aufsteigenden Linie von Eltern, Großeltern, Urgroßeltern, zweite und dritte Urgroßeltern, das Sächs. Bürgerl. Gesetzb. §§. 2036 fg. von Eltern und Voreltern, das Badische Landrecht von Ahnen (vgl. Satz 151, 283, 402 fg., 731, 746 fg.); die letztere Bezeichnung ist in großen Teilen Deutschlands nur für den Adel gebräuchlich und hat alsdann eine andere Bedeutung. Das Deutsche Bürgerl. Gesetzb. §§. 1922‒1929 hat das Wort gleichfalls vermieden und spricht von Eltern und Voreltern, entbehrt aber damit einer die Eltern und die weitern Voreltern zusammenfassenden Bezeichnung. Wegen des Erbrechts der V. s. Gesetzliche Erbfolge, wegen ihres Pflichtteils s. Pflichtteil, wegen ihres Unterhaltsrechts und ihrer Unterhaltspflicht s. d.

Vorfall (Prolapsus), in der Pathologie das Hervortreten der Eingeweide durch eine natürliche oder künstliche Öffnung, ohne daß sie von der äußern Haut bedeckt werden. Der letztere Umstand unterscheidet den V. vom Bruch (s. d.). So spricht man von einem Gehirnvorfall bei Schädelwunden, von einem Darmvorfall bei Bauchwunden. Die am häufigsten zur Beobachtung kommenden V. sind die des Mastdarms (s. Mastdarmvorfall) und die der Scheide und Gebärmutter (s. Gebärmutterkrankheiten).

Vorflut, der durch die Bodenverhältnisse gegebene Ablauf des Wassers, und zwar sowohl des wild als auch des in künstlichen oder natürlichen Betten abfließenden Wassers. Nach gemeinem (röm.) und franz. (rhein.) Recht ist jeder Besitzer verpflichtet, das von oben her wild abfließende Wasser auf sein Grundstück aufzunehmen, nach preuß. und hannov. Recht nur, wenn nach Ermessen des Kreisausschusses der Besitzer des oberhalb liegenden Grundstücks das Wasser nicht durch Einrichtungen auf seinem Grund abzuführen vermag. Ebenso kann nach preuß. Recht (im ganzen Umfange der Monarchie vor 1866) jeder Grundeigentümer, sofern daraus ein überwiegender Vorteil für die Bodenkultur entsteht, verlangen, daß ihm gegen Entschädigung (vom Kreisausschuß) gestattet werde, zur Entwässerung Wasserleitungen durch fremden Boden zu ziehen. Die Erhaltung der V. in Gräben, Kanälen, Backen, Flüssen ist durch eine sehr eingehende Gesetzgebung geregelt. (S. Wasserrecht.) Das ganze Recht der V. überläßt das Deutsche Bürgerl. Gesetzbuch (Einführungsgesetz Art. 65) dem Landesrecht.

Vorfrucht, jede einer Kulturpflanze vorhergehende Nutzpflanze. (S. Nachfrucht.)

Vorgarn, s. Spinnerei.

Vorgeben, falsches, s. Falsches Vorgeben.

Vorgebirge, s. Kap.

Vorgebirgsbahn, s. Bd. 17.

Vorgelege, s. Transmission. – V. heißt auch ein kleiner Raum oder Gang, von welchem aus die Beschickung und das Durchkrücken eines Zimmerofens von außen geschehen kann.

Vorgeschichte, s. Urgeschichte.

Vorgeschirr, Takelung und Segel des Bugspriets und seiner Verlängerungen (s. Klüverbaum).

Vorgeschobene Werke, vor der Stadtumwallung im Vorgelände errichtete Festungswerke; sie stehen, im Gegensatz zu dem Außenwerk (s. d.) der ältern Festungen, mit der Hauptumwallung in keiner unmittelbaren Verbindung und haben meist ihre eigene selbständige Verteidigung. Von besonderer Wichtigkeit sind sie, wenn sie die ganze Festung wie ein Gürtel umgeben (s. Fortsfestungen). Zu den V. W. gehören: Forts mit Anschlußbatterien (s. Detachierte Forts), Zwischenbatterien und Zwischenwerke.

Vorgotischer Stil, andere Bezeichnung des Romanischen Stils (s. d.).

Vorhalt, in der Musik der festgehaltene Ton einer Stimme, während die übrigen Stimmen in einen andern Accord schreiten, zu dem der vorgehaltene Ton erst nachträglich übergeht.

Vorhand, der vordere Teil des Pferdekörpers, Kopf, Hals, Brust, Widerrist, Schultern und die vordern Gliedmaßen. V. beim Kartenspiel, s. Avantmain. (S. auch Vorkaufsrecht.)

Vorhang, eiserner, s. Eiserner Vorhang.

Vorhängeschloß, s. Schloß.

Vorhaut, s. Beschneidung und Geschlechtsorgane.

Vorhelm, s. Halsberge.

Vorherbestimmung, s. Prädestination.

Vorhersage, s. Prognose.

Vorhof (anatom.), s. Gehör und Herz; V. in der Botanik, s. Spaltöffnungen.

Vorhofsfenster, Vorhofstreppe, s. Gehör.

Vorhut, s. Avantgarde.

Vorkammer (anatom.), s. Herz.

Vorkaufsrecht (Jus protimiseos), das Vorrecht, welches jemand auf die Erwerbung (Vorkauf) einer Sache eingeräumt ist. Man unterscheidet obligatorisches und dingliches V. Ersteres verpflichtet eine Person, falls sie einen Gegenstand verkaufen will, einem andern als Käufer den Vorzug (die Vorhand) zu geben; das Recht des andern entsteht mit dem Abschlusse des Verkaufs an den Dritten, und der andere tritt durch seine an den Verpflichteten abgegebene Erklärung als Käufer ein (Österr. Bürgerl. Gesetzb. §§. 1072 fg.; Deutsches Bürgerl. Gesetzb. §§. 504 fg.). Bei dem Zwangsvollstreckungsverkauf versagt das V., höchstens gilt das Gleichgebot des Berechtigten als Mehrgebot. Nach Deutschem Bürgerl. Gesetzbuch ist das V. überhaupt ausgeschlossen, wenn der Verkauf im Wege der Zwangsvollstreckung oder durch den Konkursverwalter erfolgt (§. 512). Das dingliche V. (Deutsches Bürgerl. Gesetzb. §§. 1094 fg.) kommt nur bei Grundstücken vor und ist gegen den dritten Erwerber und Eigentümer wirksam, während das obligatorische V. seiner Natur nach nur Rechte gegen den ursprünglich Verpflichteten giebt. Eine Grenze zwischen dem dinglichen V. und dem deutschrechtlichen Retrakt (s. d.) ist schwer zu ziehen. Der Ausdruck Retrakt ist gebräuchlicher für das gesetzliche, der Ausdruck V. für das rechtsgeschäftlich begründete V. Vielfach ist die Schädlichkeit des V. hervorgehoben, weil dasselbe dem einen sehr lästig ist und wertmin- ^[folgende Seite]