450
Wagram (Fürst von) – Wahhâbiten
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Wagram'
Erzherzog Karl zum Rückzug. Der Gesamtverlust der Österreicher betrug 34000 Mann tot und verwundet, darunter 753 Offiziere; die Franzosen verloren 29000 Mann,
darunter 7000 Gefangene, 12 Fahnen und 11 Geschütze. – Vgl. Strobl, Aspern und W. (Wien 1897).
Wagram, Fürst von, s. Berthier, Alexandre.
Wagrĭen, der zwischen Ostsee, Trave und Schwentine gelegene, durch seine Naturschönheiten ausgezeichnete östl. Gau des
Herzogtums Holstein. Ursprünglich gehörte dazu auch die Insel Fehmarn. W. umfaßt nach der heutigen Einteilung die Kreise Oldenburg, Plön, Segeberg (größtenteils)
nebst kleinern Teilen der Kreise Kiel und Stormarn; außerdem das oldenb. Fürstentum Lübeck und (großenteils) das Gebiet der Freien Hansestadt Lübeck. Das (erst im
16. Jahrh. entstandene) Wappen W.s zeigt einen silbernen Stierkopf, zwischen dessen Hörnern das holstein. Nesselblatt im roten Felde. – In der Urzeit hatten
wahrscheinlich hier die zum Dienste der Nerthus vereinigten german. Völkerschaften ihren Hauptsitz. 804 räumte Karl d. Gr. W. der slaw. (wend.) Völkerschaft der
Obotriten ein. Ihre Hauptstadt Oldenburg (wend. Stargard) war ein wichtiger Stapelplatz des Ostseehandels, zeitweilig
(952–1163) auch Sitz eines Bischofs. Die Bemühungen der einheimischen Fürsten Gottschalk (ermordet 1066) und Heinrich (gest. 1124), in W. das Christentum
einzuführen, hatten keinen bleibenden Erfolg. Unter Heinrichs Schutz begann der Apostel W.s, Vicelin (gest. 1154), seine Missionsthätigkeit. 1139 eroberten die
Holsteiner W., das seitdem mit Holstein vereinigt blieb und ganz germanisiert ward.
Wagstadt, czech. Bilovec. 1) Bezirkshauptmannschaft in
Österreichisch-Schlesien, hat 351,45 qkm und (1890) 36819 E. und umfaßt die Gerichtsbezirke Königsberg und W. –
2) Stadt und Sitz der Bezirkshauptmannschaft sowie eines Bezirksgerichts (174,35 qkm,
17283 E.), südlich von Troppau, an dem zur Oder gehenden Waagfluß und der Linie Stauding-W. (8 km) der Kaiser-Ferdinands-Nordbahn, hat (1890) 4214 deutsche E.;
Landbau, Fabrikation von Tuch, Umhängetüchern, Bändern und Knöpfen.
Wagwangwara, afrik. Volk, s. Mafiti.
Wâh ed-Dachle, ägypt. Oase, s. Dachel.
Wahehe, die Bewohner von Uhehe (s. d.).
Wahha, die Bewohner von Uhha (s. d.).
Wahhâbīten (unrichtig: Wehabiten oder Wahâbiten),
die Anhänger einer in der Mitte des 18. Jahrh. aus dem centralen Hochlande Arabiens (Nedschd) ausgegangenen religiösen Bewegung, welche auf die religiösen und
polit. Verhältnisse Arabiens großen Einfluß übte. Der Stifter der wahhâbitischen Reformation, Mohammed Ibn Abd al-Wahhâb, aus
dem Stamm der Temimiten, wurde Anfang des 18. Jahrh. in der Provinz Nedschd geboren. Als Kaufmann machte er viele Reisen, welche er zum Verkehr mit den großen
orthodoxen Theologen in den Hauptstädten mohammed. Wissenschaft (Damaskus, Bagdad, Medina u.a.m.) benutzte. Seine Bestrebung ging dahin, den Islam von aller in
späterer Zeit eingedrungenen Verderbnis zu reinigen und sowohl in dogmatischer wie auch in praktischer Beziehung die alte Sunna (s. d.) in
ihrer ursprünglichen Reinheit und Einfachheit herzustellen. In erster Reihe bekämpfte er die ↔ abgöttische Verehrung des Propheten, den Glauben
an die Notwendigkeit der Fürbitte bei Gott, die Verehrung der Heiligen und ihrer Gräber und Reliquien sowie alle an diesen Kultus sich knüpfenden Vorstellungen.
Alle Mohammedaner, welche den reinen Monotheïsmus durch solche als Menschenverehrung gekennzeichnete Momente trüben, wurden als Muschrikin («die dem einzigen Gott
Genossen zugesellen») gebrandmarkt. Die Lebensweise der patriarchalischen Zeit sollte wiederhergestellt werden, der Krieg gegen die Ungläubigen seine
hervorragende Stelle in der Bethätigung des Islams wieder erhalten, die obligate Almosensteuer (Zakât) wieder in alter Weise entrichtet und aller Luxus verpönt
werden. Dagegen ward in rigorosester Weise auf die strenge Einhaltung aller im Koran und im Hadîth (s. d.) begründeten
Pflichten gedrungen. – Ibn Abd al-Wahhâb oder Wabhâbî, wie man ihn zu nennen pflegte, kam nach seiner Rückkehr in die nedschdische Heimat durch seine Lehre, welche
er auch in theol. Schriften theoretisch begründete und entwickelte, in Konflikt mit den herrschenden Kreisen und mußte mit seinen Getreuen erst aus Horaimala,
bald auch aus Ejâna auswandern. Sie wandten sich (etwa ums Jahr 1750) nach Darija (unrichtig Dheraja), dessen junger Fürst, Saûd ibn Abd al-azîz, die Flüchtigen
freundlich aufnahm. Wahhâbi starb um 1787 in Darija. Saûd fand in kurzer Zeit unter den Beduinen viele Anhänger, deren Tapferkeit ihm bald die Herrschaft über das
innere Arabien sicherte. Als nach Saûds Tode (1765) dessen Sohn Abd al-azîz (1765–1803) den Thron bestieg, unterwarf er die Provinzen Bahrain und Oman. Seine
Eroberungen in Arabien nahmen einen wachsenden Umfang ein; selbst der Großscherif von Mekka, der 1790 gegen die W. einen Kriegszug begann, war genötigt, Frieden
zu schließen. 1801 überfiel die Armee der W. unter Führung Saûds, des Sohnes Abd al-azîz’, Kerbela, die heilige Stadt der Schiiten (s. d.), und
zerstörte, im Sinne der Lehren der W., die Grabesstätte des Husein. Durch die Eroberung von Taif, 1803, kam Mekka in ihre Gewalt. Im selben Jahre wurde Abd
al-azîz ermordet. Ihm folgte sein Sohn Saûd II. (1803–14), der das Werk der Unterwerfung Arabiens mit der Eroberung Medinas vervollständigte. Jetzt erteilte die
Pforte dem Pascha von Ägypten, Mehemed Ali, den Befehl, behufs Wiedernahme der beiden heiligen Städte (Mekka und Medina) den W. den Krieg zu erklären. Unter
Anführung Tußuns, des zweiten Sohnes des Paschas, landete die ägypt. Expedition Ende 1811 in Arabien, rückte in Hidschas ein und eroberte nach harten Kämpfen mit
den arab. Stämmen 1814 Mekka und Medina wieder. Die W. boten 1816 Frieden an, den jedoch Mehemed Ali nicht ratifizieren wollte. Er sandte seinen Adoptivsohn
Ibrahim Pascha nach Arabien; derselbe drang bis nach Nedschd vor, eroberte nach fünfmonatiger Belagerung Darija, nahm den als Nachfolger des Abd al-azîz seit 1814
herrschenden Abdallâh gefangen und schickte ihn nach Konstantinopel, wo er hingerichtet wurde (1818). Ibrahim Pascha suchte zunächst die religiösen
Meinungsverschiedenheiten zwischen den W. und den Sunniten beizulegen und die W. mit letztern zu versöhnen. Er setzte einen ägypt. Gouverneur in Darija ein und
kehrte nach Ägypten zurück. Sofort riefen die W. 1820 Turkî, den Sohn des hingerichteten Abdallâh, als Herrscher aus, der bald darauf von seinem Vetter Meschârî
ermordet wurde. Auch die Herrschaft des Meschârî dauerte nur kurze Zeit, da
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 451.