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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Wilhelm Ⅰ.; Wilhelm Ⅱ.; Wilhelm Ⅲ.; Wilhelm Ⅳ.; Wilhelm Ⅴ.

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Wilhelm Ⅱ. (Statthalter der Niederlande) - Wilhelm Ⅱ. (König der Niederlande)

welcher Ehe 1584 Prinz Friedrich Heinrich (s. d.) von Oranien entsprang. (Weiteres s. Nassau.)

Vgl. außer Schillers trefflicher Charakteristik W.s in seiner «Geschichte des Abfalls der Vereinigten Niederlande»: Klose, W. Ⅰ. von Oranien, der Begründer der niederländ. Freiheit (hg. von Wuttke, Lpz. 1864); Gachard, Correspondance de Guillaume le Taciturne (6 Bde., 1847‒58); ders., Correspondance de Philippe Ⅱ sur les affaires des Pays-Bas, Bd. 1‒4 (Brüss. 1848‒59); Groen van Prinsterer, Archives ou correspondance inédite de la maison d’Orange-Nassau, Bd. 1‒15 (Leid. und Utrecht 1835‒61); Juste, Guillaume le Taciturne d’après sa correspondance et les papiers d’État (Brüss. 1575); Putnam, William the Silent, Prince of Orange (2 Bde., Lond. 1895; holländisch Haag 1897).

Wilhelm Ⅱ. v. Oranien, Sohn des Prinzen Friedrich Heinrich (s. d.), Statthalter und Generalkapitän der Niederlande, geb. 27. Mai 1626, folgte 1647 seinem Vater, geriet in heftigen Streit mit den Staaten Hollands, die nach dem Westfälischen Frieden auf eine umfassende Abdankung von Truppen drängten, ließ willkürlich sechs seiner Widersacher in das Staatsgefängnis Loevestein führen und suchte Amsterdam zu überrumpeln, was jedoch mißlang. Bald darauf starb der Prinz (6. Nov. 1650) unerwartet, man vermutete durch Gift. Kurz nach seinem Tode wurde ihm ein Sohn geboren, Wilhelm Ⅲ. (s. d., S. 737 b).

Wilhelm Ⅲ., Erbstatthalter der Niederlande, s. Wilhelm Ⅲ. von Großbritannien und Irland.

Wilhelm Ⅳ., Erbstatthalter der Niederlande, geb. 1711 als Sohn Johann Wilhelm Frisos, Fürsten von Nassau-Dietz, Statthalter von Friesland, Groningen, Drenthe und Gelderland, wurde 1747, nach dem Ende der sog. zweiten statthalterlosen Zeit, Statthalter aller übrigen Provinzen und Generalkapitän der Union sowie 1748 Erbgeneralstatthalter. Er starb 22. Okt. 1751.

Wilhelm Ⅴ., Erbstatthalter der Niederlande, Sohn des vorigen, geb. 4. März 1748, folgte seinem Vater 1751 unter der Vormundschaft erst seiner Mutter Anna, nach deren Tode des Prinzen Ludwig Ernst von Braunschweig-Wolfenbüttel und trat 1766 die Regierung selbständig an. Er flüchtete 18. Jan. 1795 vor den Franzosen nach England, erhielt 1802 die Abtei Corvei und das Bistum Fulda und starb 9. April 1806 in Braunschweig. Er war seit 1767 vermählt mit der Prinzessin Wilhelmine von Preußen (geb. 7. Aug. 1751, gest. 8. Juni 1820); ein Sohn aus dieser Ehe war der spätere König der Niederlande Wilhelm Ⅰ.

Wilhelm Ⅰ., Friedrich, erster König der Niederlande (1815‒40), Großherzog von Luxemburg und Prinz von Oranien-Nassau, geb. 24. Aug. 1772 im Haag als ältester Sohn des letzten Erbstatthalters der Niederländischen Republik, Wilhelm Ⅴ. (s. d.). 1788 ging er nach Deutschland, wo er eine Zeit lang am Hofe seines Oheims, des Königs Friedrich Wilhelm Ⅱ. von Preußen, verweilte, mit dessen Tochter Prinzessin Friederike Luise Wilhelmine (geb. 18. Nov. 1774, gest. 12. Okt. 1837) er sich 1791 verheiratete. Er befehligte 1793‒94 die niederländ. Truppen gegen die Franzosen, mußte 1795 mit seinem Vater nach England fliehen und begab sich später nach Berlin. Nachdem Wilhelm Ⅴ. die durch den Reichsdeputationshauptschluß ihm zugefallene Entschädigung in Deutschland: das Fürstentum Fulda nebst Corvei, Dortmund, Weingarten und andern Orten, 29. Aug. 1802 an ihn abgetreten hatte, wohnte er meist in Fulda. Nach seines Vaters Tode 1806 übernahm er auch die Regierung der nassauischen Stammländer (Nassau-Dietz). Im Kriege von 1806 führte W. den Oberbefehl über eine Abteilung des preuß. Heeres und geriet durch Möllendorfs Kapitulation in Kriegsgefangenschaft. Napoleon erklärte ihn seiner Länder verlustig. Im Kriege von 1809 nahm W. als Freiwilliger an der Schlacht bei Wagram teil. Darauf lebte er abermals zurückgezogen in Berlin. Nach der Schlacht bei Leipzig ging er nach England und landete 30. Nov. 1813 bei Scheveningen, vom Volke wie von dem provisorischen Gouvernement als Landesherr begrüßt. Nachdem der Wiener Kongreß die Vereinigung Belgiens und Lüttichs mit den Niederlanden zu einem Königreich ausgesprochen hatte, wurde W. 16. März 1815 im Haag als W. Ⅰ. zum König der Niederlande und Großherzog von Luxemburg ausgerufen. Seine deutschen Stammländer mußte er dagegen 31. Mai 1815 an Preußen und Nassau abtreten. Abwechselnd residierte nun W. in Brüssel und im Haag, bis sich Belgien durch die Revolution von 1830 losriß. Doch erkannte W. Belgien erst 1839 an (s. Belgien, Geschichte). Die Schuldenlast, in die seine Halsstarrigkeit das Land gestürzt hatte, und seine geringe Geneigtheit für Reformen erregten Mißstimmung im Volke, die noch vermehrt wurde durch die Hinneigung des Königs zu der kath. Gräfin Henriette d’Oultremont. W. legte deshalb die Krone 7. Okt. 1840 in die Hände seines ältesten Sohnes, Wilhelm Ⅱ., nieder, nahm den Titel eines Grafen von Nassau an und begab sich nach Berlin, wo er sich 16. Febr. 1841 mit der Gräfin d’Oultremont vermählte und 12. Dez. 1843 starb.

Wilhelm Ⅱ., Friedrich Georg Ludwig, König der Niederlande und Großherzog von Luxemburg (1840‒49), Sohn und Nachfolger Wilhelms Ⅰ. (s. d.), geb. 6. Dez. 1792, wurde in der Militärakademie zu Berlin erzogen, besuchte dann die Universität Oxford und trat 1811 als Oberstlieutenant in span. Dienste. Später war er Adjutant des Königs von Großbritannien. Als Kronprinz der Niederlande befehligte er 1815 das niederländ. Heer und zeichnete sich bei Quatre-Bras und bei Waterloo aus. In Petersburg vermählte er sich 1816 mit der Schwester des Kaisers Alexander Ⅰ., Großfürstin Anna Paulowna (geb. 18. Jan. 1795, gest. 1. März 1865). Als 1830 die Revolution in Belgien ausbrach, begab sich Prinz W. im Auftrag seines Vaters nach Brüssel, konnte aber der Bewegung keinen Einhalt thun. Bald darauf zeigte er in Antwerpen dem Aufstande gegenüber eine solche Nachgiebigkeit, daß der König ihn zurückrief. Im folgenden Jahre übernahm er wieder den Oberbefehl über die niederländ. Truppen, die er in dem zehntägigen Kriege gegen Belgien, Aug. 1831, siegreich anführte, bis er vor der bewaffneten Intervention Frankreichs sich zurückziehen mußte. Später führte er das Kommando über die niederländ. Observationsarmee an der belg. Grenze. Nach seines Vaters Abdankung, 7. Okt. 1840 übernahm W. die Regierung. Er suchte der bestehenden Finanznot des Landes durch durchgreifende Mittel zu begegnen, aber er zögerte, die immer lauter geforderten polit. Reformen zu gewähren. Die europ. Bewegung von 1848 brach jedoch seinen Widerstand. W. bewilligte jetzt die vollständige Umgestaltung der Verfassung, des Finanz- ^[folgende Seite]