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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Wirnt; Wirsing; Wirsitz; Wirsitzer Kreisbahnen; Wirt; Wirtatobel; Wirtel; Wirtenberg; Wirth

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Wirnt – Wirth

samkeit und insbesondere eine kräftige Elasticität erlangen, wie dies der Ränderware oder Rechts- und Rechtsware, den verschiedenen Arten der Fangware u. s. w. eigen ist, was diese Gewirke vorzugsweise zur Einfassung von glatten Gewirken brauchbar machen, wenn die Ränder dieser dicht an den zu bedeckenden Körperteil anschließen sollen (Randstücke der Socken, Ärmel, Hosenbeine u. dgl.).

In der Produktion von W. steht Deutschland obenan, in erster Linie Königreich Sachsen (Chemnitz, das Vogtland und das Gebiet zwischen Chemnitz und dem Vogtland), dann Thüringen (Apolda, Gera), Rheinland, Schlesien und Oberelsaß. Deutsche W. gehen nach allen Ländern der Erde und haben sich dort siegreich behauptet. 1896 betrug der Wert der Ausfuhr: baumwollene W. 58,5 Mill. M., seidene W. 12,7 Mill. M., halbseidene W. 3,2 Mill. M., wollene W. 27,5 Mill. M.; zusammen 102 Mill. M. Die Ausfuhr von leinenen W. ist gering, hierin überwiegen Österreich (Böhmen) und Irland.

Wirnt von Grafenberg, mittelhochdeutscher Kunstepiker ritterlichen Standes, verfaßte, wohl am Hofe Bertholds Ⅳ. von Meran, dessen Tod er 1206 dort erlebte, das Artusgedicht vom Helden Wigalois, das er selbst als Erstlingswerk bezeichnet und nach dem mündlichen Bericht eines Knappen dichtete. Des Knappen Quelle war der franz. Roman «Le bel inconnu» des Renaud de Beaujeu (hg. von Hippeau, Par. 1860). W. neigt zur Lehrhaftigkeit; er schließt sich in seinen eigenen Zuthaten nah an Hartmann von Aue, aber auch an Wolfram von Eschenbach an. «Wigalois» ward 1472 in Prosa aufgelöst, 1493 in Augsburg gedruckt und als dänisches, ja als judendeutsches Volksbuch (durch Josel von Witzenhausen) verbreitet. W. ist auch der Held des Gedichts «Der Welt Lohn» von Konrad von Würzburg. Ausgaben des «Wigalois» von Benecke (Berl. 1819) und von Pfeiffer (Lpz. 1847). – Vgl. Bethge, W. von Grafenberg (Berl. 1881).

Wirsing, eine vom südl. Europa ausgegangene Form des Kopfkohls (s. Brassica) mit stark gerunzelten oder blasigen Blättern, die schließlich einen länglichen oder runden Kopf bilden. Hier und da nennt man ihn Welschkohl, Herzkohl, Savoyer auch wohl Mailänder Kohl. Man unterscheidet je nach der raschern oder langsamern Ausbildung des Kopfes frühe, mittelfrühe und späte Sorten. Von den erstern werden der niedere Wiener und der frühe Ulmer gern zum Treiben benutzt. Für den Verbrauch im Herbst und Winter eignen sich der Frühe niedrige Ulmer W. (s. Tafel: Gemüse 1, Fig. 7), der Große und der Kleine Erfurter, der Nürnberger, der Blumenthaler, der späte große Vertuswirsing (Fig. 8), der frühe Wiener Treibwirsing (Fig. 9) und verschiedene andere Lokalformen. Alle Sorten werden gewöhnlich im März in halbwarme Mistbeete, etwas später auch ins freie Land auf eine warme, geschützte Rabatte gesät. Die jungen Setzlinge verpflanzt man Anfang Mai bis Juni.

Wirsitz. 1) Kreis im preuß. Reg.-Bez. Bromberg, hat 1160 qkm und (1895) 60369 E., 6 Städte, 101 Landgemeinden und 81 Gutsbezirke. – 2) Kreisstadt im Kreis W., in einem von der rechts zur Netze gehenden Lobsonka durchflossenen Bergkessel, Sitz des Landratsamtes, eines Amtsgerichts (Landgericht Schneidemühl) und Steueramtes erster Klasse, hat (1895) 1555 E., darunter 693 Katholiken und 130 Israeliten, Post, Telegraph, evang. und kath. Kirche, Synagoge, Kreiskrankenhaus, kath. Waisenhaus, Schlachthaus; Brauerei, Mahl- und Sägemühle und jährlich einen Remontemarkt. Nahebei Vorwerk W. mit 370 E. und Remontedepot.

Wirsitzer Kreisbahnen, schmalspurige (0,60 m) Kleinbahnen (75,8 km; 1895 eröffnet) im Kreis Wirsitz des preuß. Reg.-Bez. Bromberg, mit den Hauptstrecken Weißenhöhe-Lobsens-Witoslaw, Dembowo-Nakel und Nakel-Suchary-Kreisgrenze.

Wirt (eines Schmarotzers), s. Schmarotzertum.

Wirtatobel, s. Bregenz.

Wirtel oder Quirl, die Stellung der Blätter, bei der eine gewisse Anzahl von Blattorganen in gleicher Höhe am Stengel angefügt sind (Wirtelstellung, s. Blatt).

In der Technologie ist W. oder Würtel der Schwungring der Handspindel, beim Spinnrad die an der Spindel oder an der Spule sitzende Schnurrolle. Über W. bei der Transmission s. d.

Wirtenberg, Schloß, s. Cannstatt.

Wirth, Joh. Georg Aug., polit. Schriftsteller, geb. 20. Nov. 1798 zu Hof in Bayern, studierte in Erlangen die Rechte, praktizierte dann in Schwarzenberg a. S. und Bayreuth und ging 1831 nach München, wo ihm Cotta die Herausgabe der Zeitschrift «Das Inland» übertrug. Mehrfache Konflikte mit der Censur steigerten seinen oppositionellen Eifer und führten ihn dem Republikanismus zu. Seit 1. Juli 1831 gab er zuerst in München, dann zu Homburg in Rheinbayern die «Deutsche Tribüne» heraus, die jedoch schon im März 1832 vom Bundestage verboten wurde. Bei dem Feste in Hambach hielt W. eine Rede über Deutschlands Nationaleinheit, wurde deshalb im Juni 1832 verhaftet und nach Zweibrücken gebracht, 1833 von dem Schwurgericht zu Landau von der Anklage auf Hochverrat zwar freigesprochen, aber vom Zuchtpolizeigericht wegen Beleidigung inländischer und ausländischer Behörden im Nov. 1833 zu zweijähriger Haft verurteilt. Im Dez. 1835 ward W. nach Passau gebracht, um dort noch eine Kontumazstrafe zu erleiden. Er durfte sodann unter polizeilicher Aufsicht in Hof leben, von wo er 1836 nach Frankreich flüchtete. Später wandte er sich in den Thurgau (Schweiz), und hier redigierte er «Die deutsche Volkshalle». 1847 ließ sich W. in Karlsruhe nieder, wo er das «Deutsche Nationalblatt» in konstitutionell monarchischer Richtung begann. Er ward 1848 in die Deutsche Nationalversammlung gewählt, starb aber schon 26. Juli 1848 in Frankfurt a. M. W. veröffentlichte noch: «Fragmente zur Kulturgeschichte» (2 Bde., Kaisersl. 1835), «Die polit.-reformatorische Richtung der Deutschen im 16. und 19. Jahrh.» (Bellevue 1841), «Die Geschichte der Deutschen» (4 Bde., Stuttg. 1843‒45) und «Die Geschichte der deutschen Staaten von der Auflösung des Reichs bis auf unsere Tage» (fortgesetzt von Zimmermann, 4 Bde., Karlsr. 1846‒53 u. ö.).

Wirth, Max, Sohn des vorigen, volkswirtschaftlicher und histor. Schriftsteller, geb. 27. Jan. 1822 in Breslau, studierte in Heidelberg 1839‒43, war 1850‒51 Mitarbeiter an dem in Frankfurt a. M. erscheinenden «Deutschen Volkswirt», 1852‒53 Redacteur der «Westfäl. Zeitung», 1853‒56 der «Mittelrhein. Zeitung» in Wiesbaden, gründete dann in Frankfurt a. M. das Wochenblatt «Arbeitgeber» (1856‒78). 1864 als Direktor des schweiz. Statistischen Bureaus nach Bern berufen, nahm er 1873 seine Entlassung, um sich bei der Gründung der «Schles. Presse» in Breslau zu beteiligen, von wo er schon Anfang 1874 als Mitarbeiter der «Neuen