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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Pulsatillenblätter; Pumpernickel; Purée; Puzzolanerde; Pyrogallussäure; Pyroxylin

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Pulsatillenblätter - Pyroxylin

dem Gesagten ergibt sich zugleich, daß die Steine nicht von Säuren angreifbar sein dürfen. - Zollfrei.

Pulsatillenblätter (herba pulsatillae), ein Apothekerkraut, das von zwei verwandten, den Ranunculaceen angehörigen Pflanzen genommen werden kann und frisch zur Bereitung von weingeistiger Tinktur oder Extrakt verwendet wird, da der wirksame, brennend scharfe Stoff derselben (Anemonin) wegen seiner Flüchtigkeit beim Trocknen verloren geht. Die betreffenden Pflanzen sind Anemone Pulsatilla, die gemeine Küchenschelle, mit einzelnen violetten, aufrechten, auf der Außenseite stark seidenhaarigen Blüten, auf trocknen Höhen und Abhängen zwischen Gras wachsend, und A. pratensis, die Wiesenanemone, mit größern, schwarzvioletten, überhängenden Blüten. Sie geht in Deutschland weiter nördlich und östlich als jene, für welche sie dann eintritt. Die Gewächse gehören im weitern Sinne zu den Giftpflanzen; die Präparate daraus können nur in kleinen Gaben verordnet werden. - P. sind zollfrei; die daraus bereitete weingeistige Tinktur oder Extrakt s. Nr. 5 a des Tarifs.

Pumpernickel; eine besondre Art dunkelbraunes Brot, das besonders in Westfalen das allgemeine Nahrungsbrot bildet, aber wegen seines besondern kräftigen Wohlgeschmacks auch zuweilen nach andern Gegenden bezogen und selbst unter die Delikateßwaren gerechnet wird. Es besteht aus reinem Roggen, den man nur fein schrotet, aber nicht beutelt. Die Schwerverdaulichkeit, welche es sonach haben müßte, ist gehoben oder sehr abgemindert durch den langen Säuerungs- oder Backprozeß, denn das Mehl bleibt nach dem ersten Einteigen 16-20 Stunden einer langsamen Gärung überlassen, und die backfertigen Teigbrote bleiben ebenfalls 16-24 Stunden der Backhitze im hermetisch verschloßnen Ofen ausgesetzt. - Zoll Nr. 25 q 2 des Tarifs im Anh.

Purée (Jaune indien, Indisches Gelb). Ein eigentümliches Produkt, das seit etwa 30 Jahren nach Europa kommt, während man immer noch über seinen eigentlichen Ursprung im Unklaren ist. Der Stoff kommt von Ostindien, wie es scheint auch von Arabien, wo er eine Rolle in der Volksmedizin spielen soll. Seine technische Anwendung ist zum Gelbfärben. Es ist eine weiche, leicht zerdrückbare Masse, äußerlich dunkelbraun, innen tief orangefarben. Die Masse hat einen eigentümlichen, stark animalischen, an Bibergeil erinnernden Geruch, sodaß die Vermutung eines tierischen Ursprungs nahe liegt, wogegen allerdings Stenhouse durch Analysen die Abwesenheit von Stickstoff nachgewiesen hat, und ihn für den Saft eines Baumes hält, der mit Magnesia eingedickt ist. Das färbende Prinzip desselben ist eine gelbe Pflanzensäure, die Euxanthinsäure, die hauptsächlich als Salz, an Magnesia gebunden, darin vorkommt. Die Farbe wird in der feinen Ölmalerei verwendet. - Zollfrei. Mit Öl etc. eingeriebne s. Nr. 5 a des Tarifs im Anh.

Puzzolanerde, benannt nach der neapolitanischen Stadt Puzzuoli, ist ein Mineral vulkanischen Ursprungs, eine leicht zerreibliche Masse von gelblicher, rotgrauer oder braungrauer Farbe und von jeher gesucht und geschätzt wegen der Eigenschaft, in Vermischung mit fettem Kalk sogleich einen sehr guten Zement zu bilden. Solche vulkanische Gebilde bestehen aus Kieselsäure, Thonerde, Bittererde, Kalk, Eisenoxyd und Alkalien und befinden sich, da sie durch vulkanische Hitze bereits einen Glühprozeß erfahren und dadurch aufgeschlossen sind, in demselben Zustande, wie die erst durch Brennen erzeugten künstlichen Zemente; sie bedürfen daher für den Verbrauch eines erneuten Brennens nicht, sondern werden nur fein vermahlen.

Früher bezog man auch nach Deutschland, Frankreich, England zu baulichen Zwecken viel von diesem Material, das am besten in der Nähe von Neapel und Rom vorkommt, und es war dieser Behelf ein sehr kostspieliger. Durch die jetzt aufgekommenen künstlichen Zemente ist indes jener ganz entbehrlich geworden und der Bezug hat aufgehört. Übrigens ist der in den Rheingegenden vorkommende Traß ein Material von ganz ähnlicher Beschaffenheit und gleicher Verwendbarkeit. - Zollfrei.

Pyrogallussäure (Brenzgallussäure, Dioxyphenylsäure, Pyrogallol, acidum pyrogallicum), ein Artikel des Chemikalienhandels, entsteht beim trocknen Erhitzen der Gerbsäure oder besser der Gallussäure auf 210 bis 215° C., wobei sich die P. in farblosen Dämpfen verflüchtigt, die aufgefangen und durch Abkühlung verdichtet werden. Das Erhitzen muß sehr vorsichtig geschehen, damit nicht zuviel unverwertbare Nebenprodukte entstehen; es entweichen hierbei stets Kohlensäure und Wasser. Die P. erscheint in weißen, lockern, blättrigen Kristallaggregaten, die geruchlos, stark perlglänzend und bitterschmeckend sind; sie löst sich leicht in Wasser, in Alkohol und auch in Äther; die Lösungen röten Lackmus nicht.

Sie verdient überhaupt den Namen einer Säure nicht, da sie kaum im stande ist, mit Basen Verbindungen einzugehen (man nennt sie daher auch neuerdings Pyrogallol), wenigstens sind diese Verbindungen außerordentlich leicht zersetzbar. Bringt man z. B. die P. mit Alkalilaugen zusammen, so absorbiert sie aus der Luft rasch Sauerstoff und färbt sich die Lösung dadurch tief dunkelbraun. Gold- und Silbersalze werden durch die Lösung der P. leicht reduziert, sie findet daher in der Photographie eine ausgedehnte Anwendung; auch benutzt man sie zum Braunfärben der Haare. In den Magen gebracht wirkt sie stark giftig. Man führt im Handel zwei Qualitäten, I und II; letztere ist nicht so locker und weiß wie I, sondern hat einen bräunlichen Schein. Die I. Qualität wird im en gros-Handel mit 45-50 Mk. pro kg verkauft. - Zollfrei.

Pyroxylin ist der wissenschaftliche Name für Schießbaumwolle, sowie jeden andern durch Salpetersäure explosiv gemachten Pflanzenfaserstoff. Man gebraucht den Namen besonders für die Präparate, welche zur Herstellung von Kollodium für die Photographie bestimmt sind. Nach Umständen wird auch Leinwand, Papier und Andres zur Darstellung von P. verwendet. Zoll gem. Tarif Nr. 5 e.