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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Aegypten

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Aegypten.

unsern Kapellen zu vergleichen. Vermutlich waren sie nur den Ortsheiligen geweiht und wurden deshalb zur Abhaltung größerer religiöser Feiern nicht verwendet.

Die Anlage ist sehr einfach. Um das Allerheiligste, welches als einzige Oeffnungen zwei Thüren hat, zieht sich ein Umgang, welcher von Pfeilern, die zugleich das Dach tragen, gebildet wird. Säulen finden sich nur an der Vorder- und Hinterseite. Die Ausmessungen sind gering und betragen in der Höhe etwa 6,50 m, in der Breite 9,50 m und in der Länge 12,50 m. Eine auffallende Abweichung von der Bauregel bildet die durchaus senkrechte Stellung der Außenwände; vermutlich sollte dadurch ein größeres Aussehen bewirkt werden. Die Hohlkehle und der Wulst sind wie bei allen Tempelbauten, nur zieht sich der letztere nicht auch an den Seitenkanten entlang.

Die Ausschmückung mit bildlichen Darstellungen und Hieroglyphen ist wie bei den vorigen Tempeln innen und außen sehr reich.

Grottentempel. Tempel von Abu Simbel. Eine dritte Art Tempel gehört wenigstens in ihrem Aeußern eigentlich dem Gebiete der Bildnerei an, da die baulichen Formen ganz zurücktreten hinter den bildnerischen Schmuck. Es sind dies die Grotten- oder Höhlentempel, welche besonders in Nubien zu finden sind. Auch hier führe ich nur einen Vertreter an, den großen Tempel von Abu Simbel, dessen Aeußeres auf S. 19 abgebildet ist. Hier wurde auf das "Bauen" ganz verzichtet und die Tempelräume in das Innere der Felsen verlegt. Es war dies wohl eine Vorsichtsmaßregel, um die leichte Zerstörung der Tempel durch die unterjochten Völker, in deren Gebiete sich die Tempel hauptsächlich finden, zu verhindern. Freistehende Gebäude waren dieser naturgemäß leichter ausgesetzt, während bei diesen Felsenkammern nur die leichter ersetzbare Ausschmückung in Gefahr stand. Die Anordnung der Räume ähnelt der in den freistehenden Tempeln, doch ist durch die Schwierigkeit der Arbeit im Gestein eine Beschränkung in der Zahl der Gemächer bedingt.

Das Aeußere des Tempels von Abu Simbel wird durch vier aus dem Stein gehauene Bildsäulen geschmückt. Diese messen 20 m in der Höhe. Im Innern des ersten Saales, welcher hier als Hauptsaal gelten muß, stützen acht riesige Osirisbilder die Decke.

Beispiele der Bildnerei. Die Entwicklung der ägyptischen Kunst war zur Zeit des alten Reiches eigentlich schon abgeschlossen. Die Formen, welche sich in dieser Zeit ausgebildet hatten, wurden zu Formeln, von welchen in der Folge nicht wesentlich abgewichen wurde. Die meisten unserer Beispiele sind deshalb aus dieser Zeit genommen, um wenigstens von dieser, als die der ersten und frischesten Blüte, ein möglichst anschauliches Bild zu geben.

Der Sphinx von Giseh. Das älteste uns bekannte Werk scheint der Sphinx von Giseh zu sein. Künstlerische Feinheit ist hier allerdings nicht zu finden, da der Hauptwert auf eine ernste und feierliche Wirkung durch Größe und Strenge der Form gelegt wurde. Die Höhe des Denkmales beträgt etwa 20 m, die Breite des Gesichtes von einer Wange zur andern 4,15 m.

Die Flachbilder. Die Feinheit, welche an derartigen Riesen-Denkmälern fehlen muß, finden wir dagegen in den Flachbildwerken dieser Zeit, wie z. B. auf drei Holzthüren

^[Abb.: Fig. 31. Kopf Thutmosis III.

Ueberlebensgroß aus Granit. Neues Reich, etwa 1500 v. Chr. London, Britisch. Museum. (Nach Photogr. von Mansell.)]