Schnellsuche:

Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

Schlagworte auf dieser Seite: Zur Verhütung der Verdaungskrankheiten bei Säuglingen

Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Erscheint wöchentlich. Abonnement jährlich Fr. 2.50; als Beilage zum "Schweiz. Familien-Wochenblatt" gratis. Inserate die kleine Zeile 25 Cts.

Verlag von Th. Schröter, Obere Zäune 12, Zürich.

1903. 8. August. Inhalt: Zur Verhütung der Verdauungskrankheiten bei Säuglingen. - Küchenzettel. - Jubiläum der Kartoffel. - Aus der Küche. - Sommer in der Küche. (Schluß). - Haus- und Zimmergarten. - Vermischtes. - Hausmittel und Rezepte. - Briefwechsel der Abonnenten unter sich. - Notiz. - Praktische Neuheit - Inserate.

Zur Verhütung der Verdaungskrankheiten bei Säuglingen.

Von Dr. Custer in Zürich.

Die tägliche Erfahrung lehrt, daß unter den Störungen des gesundheitlichen Wohlbefindens der Kinder im 1. Lebensjahre (der Säuglinge) die Krankheiten des Verdauungsapparates am häufigsten vorkommen. Am meisten Opfer, besonders in der Sommerszeit, fordert der Brechdurchfall und der Darmkatarrh mit Abführen (Diarrhöe). Von denjenigen Kindern, welche den Verdauungsstörungen nicht erliegen, erleiden viele mehr oder weniger Schädigungen ihrer Gesundheit, die sich oft längere Zeit hinausziehen und die Entwicklung nachteilig beeinflussen. Allgemeine Körperschwäche und geringere Widerstandskraft in späterem Alter sind in ungemein zahlreichen Fällen von schweren oder langdauernden Erkrankungen der Verdauungsorgane in der frühesten Kindheit abzuleiten. Die überaus häufigen Verdauungskrankheiten der kleinen Kinder entstehen meistens durch unzweckmäßige künstliche Ernährung. Die ausschließlich an der Mutter- oder Ammenbrust aufgezogenen, wirklichen Säuglinge leiden an den schweren Formen jener Störungen sehr selten. Die Statistik hat dies überall mit schlagenden Zahlen bewiesen. Dagegen zeigen die künstlich, d. h. ohne Frauenmilch ernährten Kinder, die mit unzweckmäßigen Ersatzmitteln (Surrogaten) der Frauenbrust gefütterten die größte Sterblichkeit an Verdauungsstörungen verschiedener Art. Mehr als die Hälfte der im 1. Jahr dahingerafften Kleinen geht an jenen zu Grunde. Am meisten Opfer fordert das erste Vierteljahr.

Die Verhütung spielt in der Pflege der Säuglinge hinsichtlich Entstehung der so oft noch unscheinbaren Anfängen gefährlich werdenden Erkrankungen von Magen und Darm die Hauptrolle. Die ideale Ernährungsmethode ist und bleibt immer diejenige mittelst Muttermilch. Wo sie fehlt oder ungenügend ist, wird mit verwandten einfachen Mitteln, zunächst gewöhnlich mit Kuhmilch, künstlich aufgezogen. Nun verhält sich aber dieses Surrogat hinsichtlich seiner chemischen Zusammensetzung und infolge dessen auch seiner Verdaulichkeit ganz anders als das natürlichste Produkt für die Kleintinderernährung, dasjenige aus der Frauenbrust. Vor allem enthält die Kuhmilch beträchtlich mehr Eiweiß. Dieser Hauptnährstoff ist überdies auch noch schwerer verdaulich als der ihm ähnliche in der Frauenmilch. Deshalb die Notwendigkeit, die künstliche Nahrung des Säuglings in Form der Tiermilch mit abgekochtem Wasser gehörig zu verdünnen, auch (mittelst Milchzucker) zu versüßen, da die vom Menschen stammende Milch zuckerreicher ist als diejenige von der Kuh.

Am meisten Vorsicht erfordert die nach Art der Zubereitung (Verdünnung mit Wasser oder Schleimzusätzen), Verabreichung, Zeiteinteilung hinsichtlich der einzelnen Portionen (3-stündltch anstatt wie so oft, 2-stündlich), Reinlichkeit der Milchgefäße, der kindlichen Mundhöhle, Vermeidung von Saugstöpseln nach der jedesmaligen Fütterung aufs pünktlichste und gewissenhafteste zu regulierende künstliche Säuglingsernährung während der schwierigsten heißen Zeit. Hier kommt besonders in Frage das jedesmalige Aufkochen der ins Haus gelieferten Kuhmilch und Prüfung der dem Kinde bestimmten gehörig zubereiteten Milchportion auf Vorhandensein etwaiger Milchsäure. Zeigt die Rötung von hineingetauchtem blauen, in jeder Apotheke zu bekommenden Lakmuspapter an, daß die Nahrung sauer sei, so füge man etwas Kalkwasser dazu, bis sogen. neutrale Reaktion entstanden ist, d. h. bis das blaue Reagenspapier nicht mehr verfärbt wird.

Wichtig ist auch die Konstruktion der für das Kind bestimmten Saugflasche. Man hat nachgewiesen, daß hinsichtlich Häufigkeit der Erkrankungen des Verdauungsapparates von Säuglingen bei Verwendung der unpraktischen Flasche (Biberon) mit Glasröhre und Gummischlauch 61%, bei den einfachen Gefäßen mit dem leicht ausstülpbaren und bequem zu reinigenden Saugstopfen aus Kautschuk nur 51% Krankheitsfälle