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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Band. XIII Nr. 22

Verlag von Th. Schröter, Obere Zäune 12, Zürich.

1993. 28. November. Inhalt: Die Küche. - Behandlung der Nähmaschinen. - Vermischtes. - Gesundheitspflege. - Ein neues Küchengerät. - Weihnachtsgebäck. - Kochrezepte. - Briefwechsel der Abonnenten unter sich.

Litteratur. - Inserate.

Die Küche.*)

In keinem anderen Raum des Hauses tritt uns die nüchterne Prosa des Alltagslebens so auffallend und unvermittelt entgegen, wie in der Küche. Was könnte demnach ein Dichter in dieser von hausbackener Prosa umwebten Atmosphäre für Anregung suchen? Und doch hat die Küche auch ihre Sänger gefunden; bedeutende Dichter haben Küche und Kochen poetisch verherrlicht, hat doch nach Brillat Savarin "die Tafel zu allen Jetten der Leyer den Ton gegeben". Uhland nennt die Kochkunst "eine große Lehre".

"Kenst Du auch die große Lehre,

Von der Butter und dem Schmalz?

Fühlst Du's in den Fingerspitzen,

Wie viel Pfeffer, wie viel Salz?"

Außerdem hat der gemütvolle süddeutsche Dichter unserm Sauerkraut, "dem deutschen Nationalgericht", für alle Zeiten ein bleibendes Denkmal gesetzt.

"Auch unser edles Sauerkraut,

Wir sollen's nicht vergessen,

Ein Deutscher hat's zuerst gebaut.

Drum ist's ein deutsches Essen."

Sie hat ein heiter Gemüt, drum kocht sie gut", sagt der schwärmerische Lenau und besingt in seinem Faust das Weib,

"Das so - kocht, brät und schürt,

Und in den Topf den Wunsch des Herzens rührt,

Daß es den Gästen schmecke und gedeihe."

Scheffel legte Wert darauf, daß eine Frau kochen könne. "Ein gutes Gericht ist auch ein Gedicht", und "ein guter Braten rechnet zu den guten Taten", meint er. Einst unterhielt er sich angelegentlich mit der bekannten Romanschriftstellerin Nataly von Eschstruth über ihre Werke und fragte dann plötzlich ganz unvermittelt: "Aber können Sie denn auch kochen, Fräulein Nataly?" Als Antwort schickte sie ihm nach einigen Tagen eine selbstbereitete Gansleberpastete.

"Ach die Suppe war vortrefflich und der Wein hat mich erquickt,

Das Geflügel, das war köstlich und der Hase war gespickt,"

klingt Heines Dank und Anerkennung nach einem eingenommenen gelungenen Mahle.

Goethe, unser Dichterfürst, wünscht die jungen Mädchen in die Mysterien der Kochkunst eingeweiht zu sehen:

"Laß dem Mädchen die Küche zum Reich, da gibt es wahrhaftig

Arbeit genug, das tägliche Mahl durch Sommer und Winter

Schmackhaft stets zu bereiten und ohne Beschwerde des Beutels.

Denn im Frühjahr sorget sie schon, im Hofe die Küchlein

Bald zu erziehen und bald die schnatternden Enten zu füttern.

Alles, was ihr die Jahreszeit gibt, das bringt sie beizeiten

Dir auf den Tisch, und weiß mit jeglichem Tage die Speisen

Klug zu wechseln, und reift nur eben der Sommer die Früchte,

Denkt sie an Vorrat schon für den Winter. Im kühlen Gewölbe

Gährt ihr der kräftige Kohl und reifen im Essig die Gurken.

Aber die luftige Kammer bewahrt ihr die Gaben Pomonens.

Gerne nimmt sie das Lob vom Bater und allen Geschwistern,

Und mißlingt ihr etwas, dann ist's ein größeres Unglück,

Als wenn ein Schuldner entläuft und den Wechsel zurückläßt.

Immer ist so das Mädchen beschäftigt und reifet im stillen

Häuslicher Tugend entgegen, den klugen Mann zu Mann zu beglücken.

*) Aus Küche, Verlag M. Abbes von Bennigsen in Holzminden.