Dr. Hermann Alex. Müller,
Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig,
1882
Die bekanntesten Zeitgenossen auf dem Gesamtgebiet der bildenden Künste aller Länder mit Angabe ihrer Werke.
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Grützner - Gruyère.
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Gruner'
wurde Professor an der Akademie und Direktor des Kupferstichkabinetts. Dort entstanden seitdem noch eine Reihe von bedeutenden Arbeiten, von denen wir nur als die hauptsächlichsten erwähnen: die Stiche nach Raffaels Bekehrung des Saulus, Steinigung des Stephanus und Erdbeben von Philippi, nach Murillo Moses im Schilf (im Besitz des Herzogs von Devonshire), die Karyatiden Raffaels aus dem Zimmer des Heliodor im Vatikan (15 Blätter), die Skulpturen der Fassade des Doms zu Orvieto (1857-58) und eine Fülle von Zeichnungen oder von Stichen für litterarische und artistische Werke, deren Herausgabe er zum Teil besorgte, wie Layards zwei Werke über Ninive, Gipsons »Original compositions executed in marbel«, Harfords »Illustrations of Michel Angelo, architectural and pictorial«, Marchese Campanas »Antike Statuen und Büsten aus dem Kabinett Campana in Rom«, die »Specimens of ornamental design« (1850, 80 Blätter), die »Terracotta-Architektur der Lombardei«, »Vorbilder ornamentaler Kunst der italienischen Schulen« etc. Dazu kommen viele Zeichnungen zu ausgeführten Dekorationen in Schlössern und andern Wohnungen Deutschlands und Englands. Er ist Inhaber des Albrechtordens, des Kronenordens und der österreichischen goldnen Medaille.
Grützner, Eduard, Maler des humoristischen Genres, geb. 26. Mai 1846 zu Großkarlowitz (Regierungsbezirk Oppeln), besuchte, zum geistlichen Stand bestimmt, das Gymnasium in Neiße, bis es ihm durch Vermittelung und Unterstützung des Architekten Hirschberg, der sein künstlerisches Talent entdeckte, 1864 gelang, nach München zu kommen, wo er die Akademie besuchte und Pilotys Schüler wurde, der sich für das hervorragende Talent desselben sehr interessierte. Nachdem er für eine Zimmerdecke in Hirschbergs Haus sieben Ölbilder, die Künste darstellend, gemalt hatte, widmete er sich mit Eifer dem humoristischen Genre und erntete schon durch seine ersten Bilder 1869 großen Beifall. Es waren die Scene aus Shakespeares »Heinrich ↔ IV.«, wie Falstaff in der Kneipe der Frau Hurtig sitzt, von kecker Zeichnung der Figuren und virtuoser Beherrschung des Technischen, und die ebenso köstliche Rekrutenmusterung, worauf dann noch andre Scenen aus Shakespeare folgten, z. B.: die fast possenhaft-komische Waschkorbscene aus den »Lustigen Weibern von Windsor«, aus der »Bezähmten Widerspenstigen« und »Was ihr wollt«. Dazwischen fallen die Bilder: Mephisto und eine heitere Schauspielerscene in der Garderobe. Sein zweites Hauptthema waren die ergötzlichen Seiten des Lebens der Mönche und namentlich ihr Durst. Dahin gehören alle Arten von Weinproben in Einzelfiguren wie in größern Kompositionen, das Klosterbraustübchen, das Abendgebetläuten im Kloster, die Klosterweinlese (Staatsgallerie in Petersburg), die fast ans Karikierte streifende Klosterbrauerei (1879), und wieder etwas andern Inhalts der Klosterschneider und Lustige Lektüre in der Klosterbibliothek (1879). Auch dem Jägerleben weiß er heitere Seiten abzugewinnen, z. B. das Jägerlatein. Seine neuesten Bilder (1880), andern Sphären entnommen, sind: der Kunstfreund in seinem Raritätenkabinett, ein Meisterstück in der Charakteristik wie in der Behandlung der zahlreichen Details, und der Sonntagsjäger. In den letzten Jahren wurde er Lehrer an der Münchener Akademie.
Gruyère (spr. grü-jähr), Théodore Charles, franz. Bildhauer, geb. 17. Sept. 1813 zu Paris, empfing von seinem Vater, einem Ornamentisten, den ersten Unterricht, trat 1831 in die École des beaux-arts, wurde Schüler von Ramey und Dumont, erhielt bereits für sein Debüt 1836 eine Medaille und 1839 den großen römischen Preis. Unter seinen frühern, zum Teil aus Rom eingesandten Werken, die einem gewissen Naturalismus huldigen, aber edel in Gestaltung und Ausdruck sind, nennen wir nur: Marius in Karthago (1837), David vor Saul singend (1838), die sieben Heerführer vor Theben (1839), Pandora (1843), Mucius Scävola (1846) und Psyche (1855). Später folgten die Städtefiguren: Laon und
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 223.