Dr. Hermann Alex. Müller,
Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig,
1882
Die bekanntesten Zeitgenossen auf dem Gesamtgebiet der bildenden Künste aller Länder mit Angabe ihrer Werke.
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Guitton - Gurlitt.
Guitton (spr. gittong), Gaston Victor Edouard, franz. Bildhauer, geb. 24. Febr. 1826 zu La Roche sur Yon (Vendée), widmete sich anfangs der Jurisprudenz, die er nachher gegen die Bildhauerkunst vertauschte. 1846 kam er nach Paris, wo er Schüler von Ménard und nachher von Rude wurde. Nachdem er in der Ausstellung von 1850 mit dem heil. Ludwig, der einen Verwundeten tröstet (Marmor), debütiert hatte, bildete er sich in Italien weiter aus. Seine Hauptwerke sind: Leander (1857), die Erwartung, der Wanderer und die Taube (Bronze, 1861), Hypatia von den Christen im Jahr 415 gesteinigt (1863), Amor (in Bronze, 1866), die sehr anmutige Eva mit der Schlange (1875, für das Schlangenhaus im Jardin des plantes zu Paris), die Gipsgruppe der von der Gerechtigkeit beschützten Unschuld (1876) und mehrere treffliche Büsten.
Güldenstein, Albert, Bildhauer, geb. 3. Jan. 1822 zu Sontheim bei Heilbronn, war zuerst Graveur in einer dortigen Fabrik, dann Ciseleur bei Schwanthaler in München. 1843 kam er nach Stuttgart und modellierte als Schüler der Kunstschule unter Theodor v. Wagner in Relief eine Scene aus der Sündflut, die ihm ein Staatsstipendium zur Reise nach Berlin einbrachte, wo er durch einen Preis der Michael Beer-Stiftung in den Stand gesetzt wurde, 1847 nach Rom zu gehen. Seit 1849 lebt er in Stuttgart. Seine Hauptarbeiten sind: der Figurenschmuck des Brunnens für die Villa des Kronprinzen in Berg bei Kannstatt und drei sehr naturwahre Tiergruppen für die Wilhelma bei Stuttgart.
Gumery (spr. güm'ri), Charles Alphonse, franz. Bildhauer der idealen Richtung, geb. 14. Juni 1827 zu Paris, Schüler von Toussaint, vollendete, nachdem er 1850 den großen römischen Preis erhalten, in Rom seine Ausbildung. Er schuf bis jetzt manche treffliche dekorative Bildwerke, z. B.: die Statuen der Wissenschaft und der Jurisprudenz für das Denkmal des Präsidenten Favre in Chambéry, die vergoldete Gruppe der lyrischen Poesie mit den Musen und den Genien des Ruhms für die Fassade der Neuen Oper in Paris (für das Innere derselben mehrere ↔ Porträtmedaillons von Komponisten), auch selbständige ideale Gebilde, die von großer Anmut sind, z. B.: Marmorstatue der Jugend, Faun mit einer Ziege spielend, ein Schnitter (in Bronze) und ein Hirt, der sein Schaf wiedergefunden hat.
Günther, Otto Edmund, Genremaler, geb. 30. Sept. 1838 zu Halle, besuchte die Akademie in Düsseldorf 1858-61 und 1863-66 die Kunstschule in Weimar, wo er sich besonders nach Fr. Preller und v. Ramberg bildete und mit einer sehr glücklich gedachten und ausgeführten historischen Skizze: Friedrich Barbarossa auf dem Reichs- und Volksfest zu Mainz 1184, auftrat. Bekannter als durch seine geschickten Kompositionen im Speisesaal des Herrn v. Kauffmann-Asser in Köln und im Saal der Centralhalle in Leipzig ist er durch seine Genrebilder, die meistens von großer Innigkeit der Motive und Wärme der Behandlung sind, z. B.: Hochzeitszug in Thüringen, der Witwer (1874, Nationalgallerie in Berlin), letzte Umschau der Auswanderin, gute Nachbarschaft, Wieder daheim; unklar im Motiv war das Bild: die Verbrecherin. Eine Art von Allegorie in der Weise der Totentänze brachte er 1878: Jungfrau, Lucifer und Tod; ein trefflich charakterisiertes Bild 1880: die Dorfrevolte. Seit 1877 ist er Professor an der Akademie in Königsberg.
Gurlitt, Heinr. Louis Theodor, Landschaftsmaler, geb. 8. März 1812 zu Altona, wurde, um sich der Malerei zu widmen, 1823 in Hamburg Schüler von Bendixen, wo er sein erstes Bild, Motiv aus Buxtehude, malte. 1832 setzte er seine Studien in München fort, besuchte 1835-38 die Akademie in Kopenhagen und bereiste von dort, um landschaftliche Studien zu machen, Norwegen, Schweden und Jütland. 1839 besuchte er Tirol und Oberitalien und lebte dann wieder einige Jahre in Kopenhagen, wo er Mitglied der Kunstakademie wurde. 1843 ging er nach Düsseldorf und bald darauf nach Unteritalien und Sicilien, woher er für seine nachfolgenden Bilder zahlreiche Motive nahm. Nach seiner Rückkehr (1846) lebte er bis 1848 in Berlin, darauf bei einem Kunstfreund auf Schloß Nischwitz in Sachsen und be-
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 227.