Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Glocke; Glocken

437

Glocke - Glocken.

11 Uhr steht, so stellt der oberhalb des Horizontalkreises befindliche Teil des G. den um diese Zeit sichtbaren Teil der Himmelskugel dar. Ähnliche elementare Aufgaben lassen sich noch mehrere lösen. Mit dem Namen Kosmoglobus bezeichnete C. Garthe ("Beschreibung des Kosmoglobus", 1833) 1827 einen aus zwei Glashalbkugeln hergestellten Himmelsglobus, in dessen Innerm er eine hölzerne Erdkugel anbrachte. Für öffentliche Schaustellungen hat man auch große, hohle Globen angefertigt, in deren Innerm die Zuschauer stehen. Hierher gehört das Georama, welches Wyld 1851 in London zeigte; bei diesem waren auf der innern Kugelfläche Länder, Berge, Meere etc. in erhabener Arbeit und koloriert dargestellt.

Den Erdglobus soll Anaximander um 580 v. Chr. erfunden haben; um 150 n. Chr. gab Ptolemäos (Geogr., I, 22) Regeln für denselben an. Um 190 v. Chr. trug Eudoxos die Sternbilder nach Aratos auf eine Sternkugel auf. Die beiden ältesten Himmelsgloben, welche auf uns gekommen, sind arabischen Ursprungs; der eine von 1225 wird in dem Museum des Kardinals Borgia zu Velletri, der andre (von 1289) in dem mathematischen Salon zu Dresden aufbewahrt. Der letztere ist von Messing und hat 14,5 cm im Durchmesser; Zeichnung und Schrift sind stark eingegraben und größtenteils mit Gold oder Silber ausgelegt, die Sterne, in 48 Sternbilder geordnet, bilden Silberscheibchen von verschiedener Größe. Der Name des Künstlers ist Mohammed, der Sohn des Muwajed Elardhi. Der arabische G. zu Velletri, ebenfalls von Messing, hat 22,5 cm im Durchmesser; als Verfertiger wird Alabraki Alhanasi genannt. Im 15. Jahrh. verfertigten Regiomontanus, Schoner, Hartmann u. a. Himmelskugeln; aus dem Ende desselben Jahrhunderts stammt auch die künstliche Erdkugel Martin Behaims. Im 16. Jahrh. zeichneten sich Fracastori, Gemma Frisius, Gerh. Mercator und Jodocus Hond durch Konstruktion von Erdgloben aus, und Tycho Brahe brachte 1583 eine messingene Himmelskugel von fast 2 m Durchmesser zu stande. Im 17. Jahrh. waren Willem Janszoon und Joh. Janson Bläu (Cäsius) in Amsterdam durch ihre Globen berühmt; eine Erdkugel von 2,25 m Durchmesser von Bläus Erben wird noch in der Kunstkammer zu Petersburg aufbewahrt. Am berühmtesten aus dieser Zeit ist der sogen. Gottorpsche oder Gollerysche Himmelsglobus, welchen der Herzog Friedrich von Holstein-Gottorp durch Andreas Busch aus Limburg von 1656-64 anfertigen und zu Gollery bei Schleswig aufstellen ließ, der sich aber seit 1713 ebenfalls in Petersburg befindet; er ist von Kupferblech, hat 3,5 m Durchmesser und stellt von außen die Erdoberfläche, von innen aber die Himmelskugel dar, indem die Gestirne durch kleine Löcher repräsentiert werden. Dieser Riesenglobus wird an Größe noch übertroffen durch die beiden Globen, welche Vinzenz Coronelli zu Anfang des 18. Jahrh. für Ludwig XIV. verfertigte, und von denen jeder über 4 m Durchmesser hatte. Sie befinden sich in der Bibliothek zu Marly. Später hat noch Rob. de Vougondy 1752 eine Kugel von 2 m Durchmesser geliefert. In neuerer Zeit aber und schon im Lauf des 18. Jahrh. setzte man die kostspieligen und unbequemen großen Globen den kleinen nach, welche, wenn gut ausgeführt, für alle Zwecke, die sich mit einem G. erreichen lassen, ebenso brauchbar sind; am besten sind Globen von 20-45 cm. Sehr verdient um gute Erd- und Himmelskugeln machten sich in der ersten Hälfte des 18. Jahrh. die Nürnberger Offizinen von L. Andreä und von Homann; in der zweiten Hälfte desselben zeichneten sich die Globen von Lalande 1775, die von Messier 1780 in Paris, besonders aber die von Bode besorgten Himmelsgloben aus, welche seit 1790 zu Nürnberg, später auch in Berlin gefertigt wurden. Auch die von Klinger und ganz besonders die von Franz in Nürnberg, von Riedig in Leipzig gefertigten Erd- und Himmelsgloben gehören zu den vorzüglichsten; Schreibers Erben in Leipzig (später Simon Schropp in Berlin), Kummer in Berlin, Adams in London, Bauer in Nürnberg, das Geographische Institut in Weimar, D. Reimer (Kieperts Globen) in Berlin, Adami in Potsdam reihen sich an diese Globenfabriken ebenbürtig und mit Anwendung mancher neuentdeckter Kunstgriffe würdig an. Im J. 1832 lieferte J. L. Grimm in Berlin "pneumatisch-portative Erdgloben" von 3,75 m Umfang, welche mittels eines Blasebalgs aufgetrieben und frei aufgehängt werden können. Außerdem erfand der Polytechniker Brandegger in Ellwangen den sogen. "Induktionsglobus", der zur praktischen Einführung in den mathematisch-geographischen Unterricht etc. dienen soll und aus einer 35 cm im Durchmesser haltenden, mit künstlichem Schiefergrund überzogenen Kugel besteht, welche das Einzeichnen und Auswischen der geographischen Elemente gestattet. Vgl. Mollweide, Beschreibung der künstlichen Erd- und Himmelskugel (2. Aufl., Leipz. 1830); Felkl, Der G. und seine Anwendung (Prag 1876); Steinhauser, Erde und Mond und ihre Bewegungen im Weltenraum (Weim. 1877, vollständige Globuslehre); Wollweber, Globuskunde (2. Aufl., Freiburg i. Br. 1885).

Glocke, ein entweder völlig geschlossener, nur mit Kopfloch versehener oder vorn der Länge nach zum Zuknöpfen eingerichteter weiter, kurzer Umhang vorzugsweise der Männer im 14. und 15. Jahrh., ähnlich der Hoike (s. d.).

Glocken werden in der Regel aus einer Kupferzinnlegierung gegossen, welche bei einer Zusammensetzung aus 78 Kupfer und 22 Zinn den hellsten und durchdringendsten Ton besitzt. Das Glockenmetall (Glockengut, Glockenspeise) variiert aber in der Praxis ziemlich stark, und bisweilen steigt der Zinngehalt auf 40 Proz. In den alten guten G. trifft man auf 3 Teile Kupfer mehr als 1 Teil Zinn. Das normale Glockenmetall ist leicht schmelzbar, sehr dünnflüssig, hat einen feinkörnigen, dichten Bruch von grauweißer Farbe mit einem Stich ins Rötliche, ist spröde, schwer zu drehen und zu feilen. Das spezifische Gewicht darf nie unter 8,8 betragen. Die Beimischung andrer Metalle ist unnütz oder schädlich, doch ist bei ordinären G. des Preises wegen ein Zusatz von Blei und Zink gebräuchlich. Daß durch Silber der Ton der G. verbessert werde, ist ein Vorurteil, und thatsächlich findet man in ältern G. niemals Silber, wenn auch fromme Gläubige bereitwillig Silber zur Herstellung von Kirchenglocken gespendet haben. Eiserne G., aus Spiegeleisen gegossen, sind wohlfeil, von starkem, gutem Klang und haltbar; wichtiger sind die Gußstahlglocken von starkem, sehr vollem Ton, während die Δ-förmig gebogenen, an der Spitze aufgehängten Stahlstabgeläute einen ziemlich grellen Ton besitzen.

Die Gestalt der G. und ein richtiges Verhältnis zwischen den Dimensionen derselben sind hinsichtlich der Erzeugung des Schalles von hoher Wichtigkeit. Den größten Durchmesser besitzt eine Glocke an ihrer Mündung, die größte Metalldicke aber an dem Schlagring (Schlag oder Kranz), d. h. jenem Umkreis, gegen welchen der Klöppel schlägt. Die