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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Ged; Gedächtnis; Gedächtniskunst; Gedächtnislimonade; Gedächtnisschwäche; Gedächtnisübungen

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Ged - Gedächtnisübungen

sind durchaus nächtliche Tiere. Sie kommen gern in menschliche Wohnungen und werden durch Vertilgung des Ungeziefers sehr nützlich. In den Mittelmeerländern, wo auf dem europ. Küstensaume nur einige wenige Arten vorkommen, ebenso wie in Amerika, hält man sie für giftig: bemerkenswert ist, daß sie eine Stimme besitzen, nach der sie den Namen Gecko tragen. Eine interessante Art ist der Faltengecko (s. d. und Tafel: Echsen III, Fig. 4).

Ged, William, Erfinder der Stereotypie (s. d.), war Goldschmied in Edinburgh und begann 1725 seine Versuche. 1729 verband er sich mit einem Kapitalisten in London, um seine Erfindung auszubeuten, doch war der Erfolg nicht günstig, zum Teil infolge der Böswilligkeit der Arbeiter, die in der Stereotypie eine Benachteiligung ihres Verdienstes fürchteten. Er starb 19. Okt. 1749. Nach seinem Verfahren wurden nur zwei Gebetbücher für die Universität Cambridge und eine Sallust-Ausgabe (1736) hergestellt.

Gedächtnis (lat. memoria), Bezeichnung für die allgemeine Thatsache, daß früher einmal im Bewußtsein vorhanden gewesene Inhalte unter geeigneten Bedingungen wieder bewußt zu werden vermögen. Mit Bezug auf die Genauigkeit in der Übereinstimmung der aufgenommenen und der erinnerten Vorstellung redet man von einem treuen, in Rücksicht auf die Anzahl behaltener Eindrücke von einem umfassenden G. Den Vorgang des Wiedererscheinens bezeichnet man als Reproduktion. Von unmittelbarer Reproduktion spricht man da, wo eine Vorstellung oder Vorstellungsmasse, ohne von andern hervorgerufen zu sein, in das Bewußtsein tritt, z. B. der Gedanke an eine quälende Sorge. Die mittelbare Reproduktion besteht in dem Vorgange, daß eine Vorstellung durch Association, d. h. durch eine andere, mit der sie auf irgend eine Weise verschmolzen oder verbunden ist, in das Bewußtsein zurückgerufen wird. So ruft uns ein Ort, den wir nach längerer Zeit wiedersehen, zahlreiche Ereignisse ins Bewußtsein, die wir dort erlebt, an die wir aber seither nie wieder gedacht haben. In neuester Zeit hat man die Leistungen des G. experimentell untersucht, teils für Sinneseindrücke, teils für gelesene und gesprochene sinnlose Silben. Man hat dabei eine gesetzmäßige Abhängigkeit von der nach der Aufnahme verstrichenen Zeit, von der Anzahl der Wiederholungen u. a. gefunden. Von praktischer Bedeutung ist z. B. die Thatsache, daß das Erlernen leichter von statten geht, wenn die dazu erforderliche Zahl von Wiederholungen sich über einen größern Zeitraum erstreckt. Ferner wird das G. für Gelesenes wesentlich unterstützt, wenn es gesprochen oder niedergeschrieben wird. Ein sog. inneres Sprechen, eine unhörbare Mitbewegung der Sprachorgane, ist daher eine sehr zweckmäßige Gedächtnishilfe.

Man unterscheidet unwillkürliche und willkürliche Erinnerung (Besinnen). Die Erziehung des G. erstreckt sich auf beide Arten und bemüht sich die wesentlichen, d. h. begrifflich wichtigen Associationen zu befestigen und ihren Eintritt ins Bewußtsein zu erleichtern. Am sichersten und leichtesten wird die Association durch klar gedachte Beziehungsbegriffe; daher erhält sich im allgemeinen alles um so sicherer im G., je schärfer es aufgefaßt und je klarer es begriffen worden ist. Das Erlernen von logisch zusammenhängenden Lauten nimmt nur etwa den zehnten Teil der Zeit in Anspruch, die zum Behalten sinnloser Wortreihen erforderlich ist. Die beste Ausbildung für das G. liegt deshalb nicht im äußerlichen, mechan. Memorieren, sondern in der Erweckung einer lebhaft interessierten Aufmerksamkeit und einer eindringenden, ordnenden Auffassung der Dinge. Am stärksten entwickelt sich das G. jedes Menschen nach der Seite seines Interesses, wie es entweder in seinem Berufe oder in seiner persönlichen Neigung begründet ist; so spricht man von Orts-, Namen-, Zahlengedächtnis u. s. f. Was weder dem persönlichen Interesse wichtig ist, noch in Beziehungsverhältnissen zu anderm Vorstellungsinhalt steht, verschwindet am leichtesten aus dem G.; daher sucht man sich Dinge, die einander reproduzieren sollen und doch keine innere Beziehung haben, z. B. histor. Ereignisse und Jahreszahlen, durch künstliche Beziehungen zu verknüpfen und so besser zu "behalten"; diese Kunst heißt Mnemonik (s. d.) oder Mnemotechnik. Neuerdings ist man auch den individuellen Unterschieden des G. nachgegangen. Man ist dabei zur Aufstellung verschiedener Typen gelangt, von denen einer dadurch charakterisiert ist, daß vorzugsweise Worte (Schrift-, Klang- oder Bewegungsbilder) reproduziert werden, während ein anderer die Eigentümlichkeit zeigt, daß konkrete Vorstellungen früherer Erlebnisse am häufigsten und leichtesten ins Bewußtsein treten. Auch redet man von einer besondern Entwicklung des optischen oder akustischen G. u. dgl. (S. Ideenassociation.) - Vgl. Ebbinghaus, Über das G. (Lpz. 1885); Fauth, Das G. (Gütersloh 1888); Dörgfeld, Denken und G. ("Beiträge zur pädagogischen Psychologie", Heft 1, 4. Aufl., ebd. 1891); Ribot, Les maladies de la memoire (5. Aufl., Par. 1888).

Gedächtniskunst, s. Mnemonik.

Gedächtnislimonade, s. Geheimmittel.

Gedächtnisschwäche, eine Begleiterscheinung sämtlicher Formen von Bewußtseinsstörung. Sie findet sich insbesondere (wie normaler Weise bei tiefem traumlosen Schlaf) im Anschluß an Zustände, wo Bewußtsein, soweit man dies überhaupt beurteilen kann, völlig fehlt (z. B. bei tiefer Ohnmacht) oder nur unvollkommen vorhanden ist (Zustände von Bewußtlosigkeit im gerichtlich-mediz. Sinne, wie Fieberdelirien, Gemütsbewegungen von krankhafter Stärke). Es kann solchen Kranken für die ganze Dauer der Bewußtseinsstörung jede Erinnerung fehlen, selbst bezüglich eigener Handlungen, wie Gewaltakte gegen andere, Selbstmordversuche, oder es wird nur einzelnes erinnert, während das Gedächtnis für die Zeit unmittelbar vor oder nach der Bewußtseinsstörung völlig klar ist. Die Erinnerungsfähigkeit bildet hier innerhalb gewisser Grenzen einen Maßstab für den vorhanden gewesenen Grad von Bewußtseinsstörung und demgemäß auch von Freiheit des Willens und insofern ist die G. von gerichtlich-mediz. Interesse.

Gedächtnisübungen, Memorierübungen, Übungen, deren Zweck ist, Wörter, Sätze und größere Redeabschnitte durch öftere Wiederholungen so dem Gedächtnisse einzuprägen, daß sie jederzeit wieder ins Bewußtsein gebracht (reproduziert) werden können. Dies Auswendiglernen galt früher als Hauptaufgabe des Unterrichts. Man meinte: wer viel lernen soll, muß ein starkes Gedächtnis haben, und dazu gelangt man durch viele mechan. Übung. Darum ließ man vieles, was nicht gerade mit dem Unterricht zusammenhing, bloß zum Zwecke der Übung lernen; auf das Verständnis kam es dabei meist wenig an; die mechan. Ein-^[folgende Seite]