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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Pressieren - Prestel.

sehen; bringt man aber den zähen, trüben Schaum, welcher sich in einer gewissen Periode der Gärung bildet, auf ein Haarsieb, so werden die Schrothülsen abgeschieden, und die mit der Flüssigkeit durch das Sieb gegangene Hefe kann ausgewaschen und durch Pressen entwässert werden. Nicht alle Getreidemaischen eignen sich gleich gut zur Gewinnung von Hefe, am brauchbarsten ist eine Maische aus Gerstenmalz und Roggen, und ein Zusatz von ungemalzter Gerste soll das Fabrikat weißer machen. Stickstoffreicher Roggen, der sich wenig zur Gewinnung feiner Mehle eignet, ist besonders brauchbar für die Preßhefefabrikation; dagegen eignet sich Weizen- und Kartoffelmaische nicht gut, in letzterer fehlt es an Proteinsubstanzen zur Bildung von Hefe. Ein Zusatz von Stärkemehl zum Getreide befördert jedoch die Hefenbildung, weil dadurch die Menge der alkoholgebenden Substanz erhöht, die Dickflüssigkeit der Maische aber nicht erheblich gesteigert wird. Da Säuren Proteinstoffe in Lösung bringen und die Maische dünnflüssiger, vergärungsfähiger machen, so steigert ein Zusatz von Schwefelsäure oder Schlempe oder die Begünstigung der Milchsäurebildung die Ausbeute an Hefe.

In der Praxis teigt man 3 Teile fein geschrotenen Roggen und 1 Teil zerquetschtes Gerstenmalz ein, brüht das Gemenge durch Wasser oder Dampf gar (nicht über 65°), läßt die Maische etwas länger als gewöhnlich zur Zuckerbildung im Maischbottich stehen, auch langsam abkühlen und verdünnt erst nach 4-6 Stunden. Hierzu benutzt man neben Wasser etwa 1/6-1/8 des Gärraums gut geklärte, nicht zu saure Schlempe oder 0,5-1 kg Schwefelsäure auf 100 kg Schrotgemenge. Die zugekühlte Maische wird durch P. oder Bierhefe bei 25-28° und in bedeckten Bottichen in Gärung versetzt. Nach 8-12 Stunden entstehen milchige Schaumblasen und mäßig hoher, zäher, sich wälzender Schaum. Dieser wird mehrere Stunden hindurch wiederholt und, solange er sich hinreichend bildet, in einen Beutel aus Müllergaze geschöpft und durchgedrückt. Was im Beutel bleibt, gibt man in den Bottich zurück; aus der durchgelaufenen Flüssigkeit lagert sich die Hefe ab, so daß man die klare Flüssigkeit abzapfen und sie in den Gärbottich zurückgeben kann. Die Hefe wird durch Auswaschen haltbarer, aber auch schwächer und darf daher nicht zu oft mit Wasser behandelt werden. Die abgesetzte schlammige Hefe füllt man in Beutel und preßt sie nach dem Abtropfen so, daß eine gelblichweiße, bröckelig weiche Masse entsteht, welche durchgeknetet und in pfundschwere Stücke geteilt wird. Nur sehr gute Hefe läßt sich abpressen; schleimige muß beim Abwässern mit Kartoffelstärke vermischt werden, und zwar erfordern 100 kg Schrot etwa 4-5 kg Stärke. Anstatt durch Pressen kann die Hefe auch durch Ausbreiten auf trocknen Gipsplatten oder auf Zentrifugalmaschinen entwässert werden. 100 kg Schrot liefern 8-12 kg reine und 12-18 kg stärkemehlhaltige P. mit 50-60 Proz. Wassergehalt. Man muß die P. an einem kühlen, nicht feuchten und dumpfigen Ort aufbewahren; ihre Haltbarkeit ist aber niemals sehr bedeutend. Die Maische, aus welcher die P. gewonnen wurde, liefert Spiritus, dessen Ausbeute aber um etwa 1/18 vermindert erscheint. Wo die Steuer vom Gärraum erhoben wird, verursacht die notwendige stärkere Verdünnung der Maische weitere Verluste. Vgl. Stammer, Die Branntweinbrennerei und deren Nebenzweige (Braunschw. 1876); Bêlohoubek, Studien über P. (Prag 1876); die Handbücher der Preßhefenfabrikation von Schönberg (Wien 1878) und Durst (Berl. 1888).

Pressieren (lat.), drängen, treiben; Eile haben, keinen Aufschub leiden; Pression, Druck.

Preßkohle, s. Brikette.

Preßler, Max Robert, forstwissenschaftl. Schriftsteller, geb. 17. Jan. 1815 zu Dresden, war nach absolvierten Studien 1836 Oberlehrer an der Gewerbeschule zu Zittau, 1840-83 Professor der Mathematik an der Forstakademie zu Tharandt, wo er 30. Sept. 1886 starb. P. trat seit 1858 mit zahlreichen Schriften über den Reinertrag der Forstwirtschaft hervor, welche großes Aufsehen in forstlichen Kreisen erregten und die Lehre von der Rentabilität der Forstwirtschaft (forstliche Statik) bedeutend gefördert haben. Die von ihm angeregten und mathematisch ausgeformten Ideen harren noch der endgültigen Klärung und bilden eine der wichtigsten forstwissenschaftlichen Tagesfragen. Er entdeckte für die Schätzung stehender Bäume und Bestände die sogen. Richtpunktsmethode und erfand zur Untersuchung des Zuwachses stehender Bäume den Zuwachsbohrer. Unter Preßlers Schriften sind hervorzuheben: "Der rationelle Waldwirt und sein Nachhaltswaldbau höchsten Reinertrags" (Dresd. 1858-80, 8 Hefte); "Forstliches Hilfsbuch für Schule und Praxis" (das. 1869 ff.). Mit Kunze gab er heraus: "Die Holzmeßkunst" (Berl. 1873, 2 Tle.) und bearbeitete die 6. Auflage von Pfeils "Forstwirtschaft" (Leipz. 1870). Außerdem rühren zahlreiche Tabellenwerke und Rechnungshilfsmittel (unter andern "Holzwirtschaftliche Tafeln", 3. Aufl., Leipz. 1882; "Forstliche Kubierungstafeln", 6. Aufl., das. 1883; "Der Meßknecht und sein Praktikum", 4. Ausg., Tharandt 1874) von P. her.

Preßlinge, das ausgepreßte Rübenmark der Zuckerfabriken, welches als Viehfutter benutzt wird.

Preßnitz, Stadt in der böhm. Bezirkshauptmannschaft Kaaden, im Erzgebirge und an der Bahnlinie Komotau-Weipert-Annaberg, Sitz eines Bezirksgerichts, mit ehemals blühendem Bergbau, Torfstich, Spitzenklöppelei, Kork- und Möbelfabrikation und (1880) 3487 Einw. P. ist die Heimat zahlreicher wandernder Harfenistinnen und Musikgesellschaften.

Preßpolizei, s. Presse, S. 332.

Preßpolizeivergehen, s. Presse, S. 333.

Preßspan, in der Buchbinderei, Tuchfabrikation etc. eine feste Glanzpappe, zwischen welche das zu pressende Material gelegt wird.

Preßsteine, s. Mauersteine, S. 352, u. Brikette.

Preßvergehen (Preßdelikte), die mittels der Presse verübten strafbaren Handlungen, wie z. B. Gotteslästerung, Aufforderung zum Hochverrat, Beleidigung etc.; im engern Sinn diejenigen strafbaren Handlungen, welche gegen die Ordnung der Presse gerichtet sind (eigentliche P.), z. B. die fälschliche Bezeichnung einer Person als Redakteur einer periodischen Druckschrift, also Vergehen, zu deren Wesen es gehört, daß sie eben gerade durch die Presse begangen werden; s. Presse, S. 333.

Preßziegel (Preßsteine), s. Mauersteine, S. 352.

Preßzucker, s. Traubenzucker.

Presteigne (spr. presstähn-), Hauptstadt von Radnorshire (Wales), im Thal des Lug, mit (1881) 1491 Einw.

Prestel, 1) Johann Amadeus (Gottlieb), Maler und Kupferstecher, geb. 18. Nov. 1739 zu Grönenbach bei Kempten, war anfangs Schreiner, ging 1760 nach Venedig, wo er sich bei Nogari und J. Wagner für die Kunst ausbildete, und 1767 nach Rom, wo er vier Jahre lang nach der Antike studierte und Bilder von Battoni kopierte. Von 1769 bis 1775 war er in Nürnberg ansässig, zeichnete dann eine Zeitlang bei Lavater in Zürich Porträte und kehrte darauf