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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Rußkohle; Rußland

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Rußkohle - Rußland

185000 Mann Reichswehr zum Dienst einberufen wurden. Am 30. Juli griff General Krüdener die Türken bei Plevna nochmals an, wurde jedoch blutig zurückgeschlagen. Die Lage der russ. Armee war somit Anfang August sehr mißlich und konnte zu einer Katastrophe führen, falls Osman Pascha von Plevna her und Mehemed Ali Pascha, der seit 18. Juli den Oberbefehl über die türk. Hauptarmee führte, von Razgrad her gegen die untere Jantra zum Angriff vorgingen. Aber Osman Pascha blieb unthätig in Plevna stehen, dagegen drang Suleiman Pascha 18. Aug. gegen den Schipkapaß vor, besetzte 20. Aug. das Dorf Schipka und stürmte 21. bis 27. Aug. den Paß selbst; zwar wiesen die Russen alle Angriffe zurück, doch blieb Suleiman Pascha auf der Paßhöhe stehen, bombardierte bis 17. Sept. die russ. Stellung fast ununterbrochen und unternahm noch mehrere vergebliche Angriffe. Der Großfürst-Thronfolger hatte nach der Niederlage der Westarmee vor Plevna die vor Rustschuk stehenden Truppen hinter den Schwarzen Lom zurückgezogen, seine Vortruppen hielten die Linie des Weißen Lom bis Spahilar; ihm gegenüber stand Mehemed Ali Pascha in Rustschuk, Razgrad, Eski-Džumaja und Osmanpazar mit 60000 Mann Feldtruppen (dahinter Reserven bei Schumla und 12000 Ägypter bei Varna); er warf 30. Aug. das 13. Armeekorps vom schwarzen Lom zurück, während das Korps von Rustschuk 31. Aug. und 4. Sept. vergebliche Angriffe auf Kadiköi machte. Am 5. Sept. schlug Mehemed Ali das 12. Armeekorps bei Kazeljevo, worauf die Russen die Linie des Schwarzen Lom gänzlich aufgaben und nach Bjela zurückgingen und 21. Sept. einen Angriff der Türken und Ägypter gegen die Tschairkiöi-Position zurückschlugen. Mehemed Ali führte nun das Heer nach Razgrad und Eski-Džumaja zurück, worauf 2. Okt. Suleiman Pascha den Oberbefehl über die türk. Ostarmee übernahm. Dieser bezog 20. Okt. ein verschanztes Lager bei Razgrad, während die Russen wieder bis an die Linie des Schwarzen Lom vorgingen. Am 19. Nov. überschritten die Türken mit etwa 12000 Mann den Lom, zerstörten Pirgos und drangen bis an die russ. Hauptstellung bei Mečka vor. Am 4. Dez. nahmen die Türken Marian, Slatarica und Elena, wurden jedoch 6. Dez. aus Slatarica zurückgeschlagen. Am 12. Dez. erneuerte Suleiman den Angriff gegen die russ. Stellung bei Mečka, wurde jedoch abgewiesen, worauf sein Heer in voller Auflösung nach Rustschuk floh.

Während dieser Kämpfe war Osman Pascha, von dessen Truppen 35000 Mann in Plevna (s. d.) und 5000 Mann bei Loveč standen, durch das rumän. Heer und die inzwischen ein getroffenen russ. Verstärkungen eingeschlossen und 10. Dez. zur Kapitulation gezwungen worden. Gurko und Karzow hatten das Land bis zum Balkan hin von türk. Truppen gesäubert und 24. Okt. Dolnji-Dubniak und Gornji-Dubniak, 28. Okt. Teliš nach heftigem Kampfe genommen, auch die nach Sofia führenden Balkanpässe in ihre Gewalt gebracht. Am 14. Dez. erklärte auch Serbien der Pforte den Krieg. Gurko nahm 31. Dez. und 1. Jan. 1878 den Baba-Konakpaß, während auch von Taskessen und Etropolje Abteilungen den Zlaticapaß überschritten; 3. Jan. 1878 war Mehemed Ali bei Sofia bereits auf drei Seiten eingeschlossen, weshalb er 4. Jan. in südwestl. Richtung nach Köstendil abzog. Darauf überschritt General Karzow 8. Jan. den Balkan auf dem Trajanpasse, auch ließ General Radetzki 5. Jan. östlich und westlich vom Schipkapaß Kolonnen über das Gebirge gehen, wobei es 8. Jan. zu heftigen Kämpfen kam, die zur Kapitulation von 25000 Türken führten. Am 14. Jan. nahm Gurko Philippopel, wo 16. Jan. auch General Karzow eintraf, während die Türken unter Fuad Pascha ihren Rückzug durch das Rhodopegebirge zu bewerkstelligen versuchten. Die Serben hatten 19. Dez. den Nikolauspaß, 24. Dez. Ak-Palanka und 28. Dez. Pirot nach heftigem Kampfe erobert, und von der Morava her 23. Dez. die Belagerung von Nisch begonnen. Auch die Montenegriner waren seit Anfang August gegen die türk. Landwehren vorgegangen, hatten 8. Sept. die Garnison von Nikšić zur Kapitulation gezwungen und bis Ende September sämtliche Forts im Dugapasse erobert, auch alle Angriffe der Türken im Fürstentum zurückgeschlagen. Fürst Nikita zwang auch 10. Jan. 1878 Antivari zur Kapitulation. Am 19. Jan. wurde Dulcigno, 29. Jan. Fort Lesendra am Skutarisee erobert, worauf Nikita die Bojana überschritt und Skutari einschloß.

Am 9. Jan. wurde Mehemed Ali mit dem Oberbefehl über alle Truppen in der europ. Türkei betraut und gleichzeitig angewiesen, mit dem russ. Oberkommando einen Waffenstillstand abzuschließen. Am 19. Jan. wurde Adrianopel geräumt und am folgenden Tage durch die Russen besetzt; alle noch verfügbaren türk. Truppen wurden in den befestigten Linien von Tschataldscha vor der Hauptstadt versammelt und dem Befehl des Mukhtar Pascha unterstellt. Während die russ. Truppen bis in die unmittelbare Nähe von Konstantinopel vordrangen, begannen 27. Jan. zu Adrianopel die Waffenstillstandsverhandlungen und gelangten 31. Jan. zum Abschluß. Das russ. Hauptquartier wurde dann nach San Stefano (s. d.) verlegt und dort 3. März zwischen Rußland und der Türkei ein Präliminarfriede abgeschlossen, dessen Bestimmungen jedoch auf Antrag der europ. Großmächte erst einem europ. Kongreß unterbreitet wurden, wo sie große Änderungen erlitten. (S. Berliner Kongreß.)

Litteratur. C. von Sarauw, Der russ.-türk. Krieg 1877/78 (2. Ausg., Lpz. 1879); Wilh. Müller, Der russ.-türk. Krieg 1877 (Stuttg. 1878); Kuropatkin, Kritische Rückblicke auf den russ.-türk. Krieg 1877/78 (3 Bde., Berl. 1885-90); Springer, Der russ.-türk. Krieg von 1877 und 1878 in Europa (Wien 1891-93).

Rußkohle, in manchen Gegenden Bezeichnung für Steinkohle mit erdigem Bruch, im Gegensatz zu Pechkohle, der Kohle mit muscheligem Bruch.

Rußland, russ. Rossija, oder Russisches Reich, Rossijskaja Imperija, auch Rossijskoje Gossudarstwo, Kaisertum und Großmacht, umfaßt die größere östl. Hälfte Europas, Nordasien und den Nordwesten Centralasiens mit zusammen 22430000 qkm, d. i. ein Zweiundzwanzigstel der gesamten Erdoberfläche, ein Sechstel des gesamten Festlandes und mehr als das Doppelte des Erdteils Europa. Von dem Flächenraum entfallen administrativ auf Europa 5900152, auf Asien 16529852, geographisch (den Ural [Gebirge und Fluß] und die Manytschlinie als Grenze zwischen Europa und Asien genommen) auf Europa 5248790, auf Asien 17181214, oder (wenn statt der Manytschlinie der Hauptrücken des Kaukasus als Grenze gesetzt wird) auf Europa 5515067, auf Asien 16914947 qkm. - Hierzu 6 Karten: Europäisches Rußland; Westrußland und