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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Aufwandsteuern.

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Aufwandsteuern'

trollieren sind, wie Wohnungen (Mietsteuer), das Halten von Bedienten, Equipagen, Pferden, Hunden etc., wozu noch die unter dem Titel von Verkehrssteuern oder Gebühren getroffenen mancherlei Güter der Geselligkeit treten. Die indirekten A. werden unter verschiedenen Formen vom Produzenten (des Rohstoffs oder des fertigen Produkts), vom Händler oder vom Frachtführer in der Absicht erhoben, daß diese als Steuerzahler sie durch Zuschlag zum Warenpreis auf den endlichen Konsumenten als Steuerträger überwälzen. Voraussetzung dieser Steuern ist, daß der Bedarf ganz oder vorwiegend verkehrsmäßig und nicht durch Eigengewinnung der Güter gedeckt wird. Kommen bei einer zu besteuernden Güterart beide Formen der Gewinnung vor, so besteuert man entweder nur die in den Verkehr gelangenden Gegenstände, indem man die andern ganz freiläßt (Lizenzen, Schanksteuern), oder man sucht die letztern durch Pauschalierung, Abfindung oder auch wohl auf ähnlichem und gleichem Weg wie jene zu erfassen. Als Erhebungsformen der indirekten A., von denen oft mehrere Arten miteinander verbunden werden, um den Ertrag im ganzen zu sichern, oder um dem Besteuerten freie Wahl zu lassen, kommen vor:

  • I. Produktionssteuern. Dieselben knüpfen an den Akt der Erzeugung von Rohstoffen, Halbfabrikaten oder fertigen Produkten an und sind:
    • 1) Rohstoff- (Material-) Steuern, wenn die zu verarbeitenden Materialien als Grundlage der Bemessung dienen. Letztere erfolgt entweder auf direktem Weg, indem Gewicht, Volumen, bez. auch Qualität der erzeugten oder weiter verarbeiteten Materialien direkt ermittelt und danach die Steuer ausgeworfen wird, oder man schließt indirekt aus hierfür brauchbaren Merkmalen, wie Größe der zur Erziehung verwandten Bodenfläche, auch wohl mit Rücksicht auf die Güte des Bodens oder Art, Umfang, Leistungsfähigkeit von Werkvorrichtungen und aus der Betriebsdauer auf die Menge der verbrauchten Rohstoffe.
    • 2) Fabrikatsteuern. Dieselben schließen enger an die Produkte an, welche eigentlich Gegenstand der Besteuerung sein sollen. Auch hier wird die Steuer bald nach der direkt ermittelten thatsächlichen Menge und Güte der Fabrikate bemessen, oder es wird auf letztere aus Merkmalen während der Fabrikation geschlossen.
  • II. Zirkulationssteuern. Dieselben knüpfen an den Güterumlauf an, bald an Akte des Transports, bald an solche des Handels. Bei den
    • 1) Transportsteuern darf die Verbringung der Waren nur bei Entrichtung der Steuer stattfinden. Solche Transportsteuern sind:
      • a) die Zölle (s. d.), welche als Ein-, Aus- u. Durchfuhrzölle beim Übergang über die Landesgrenze erhoben werden;
      • b) die innern Verbrauchssteuern, welche auf den Warentransport im Innern des Landes gelegt werden und zwar als:
        • 1) Oktroi, Thorsteuern, Thorabgaben, Marktgeld bei der Verbringung in abgeschlossene kleinere Gebiete (Stadt);
        • 2) Versandsteuer, wenn die Steuer vor der Versendung vom Versender gezahlt,
        • 3) Einlagesteuer, wenn sie vor der Verbringung in die Einlegeräume (Keller, Magazin) von dem Empfänger entrichtet wird.
    • 2) Die Handelssteuern werden vom Verkauf und zwar als
      • a) Großhandelssteuer vom Großhändler, als
      • b) Detail- oder Verschleißbesteuerung von demjenigen erhoben, welcher den Verkauf im kleinen an die Konsumenten besorgt.
  • III. Lizenzen, eine Art Gewerbesteuer, die bisweilen neben einer oder der andern der genannten Formen vorkommt, werden periodisch (jährlich) für das Recht entrichtet, Gegenstände zu erzeugen oder mit denselben Handel zu treiben. Ihnen ähnlich, wenigstens in Bezug auf Bemessung der Steuer, sind:
  • IV. Abfindungen, welche mit Umgehung der speziellen Berechnungen und Kontrollen summarisch festgesetzt werden. ↔
  • V. Monopolisierung. Durch dieselbe behält sich der Staat ein ausschließliches Recht zu dem Zweck vor, um, gegen Konkurrenz geschützt, die Preise derartig einseitig bestimmen zu können, daß dieselben einen Überschuß über die Kosten als Steuer abwerfen. Das Monopol kann sich erstrecken auf:
    • 1) die Erzeugung des Rohstoffs (Salz);
    • 2) den Handel mit demselben (Rohtabaksmonopol);
    • 3) die weitere Verarbeitung (Fabrikationsmonopol);
    • 4) den Vertrieb, insbesondere im kleinen als Verschleißmonopol.

Welche der genannten Formen den Vorzug verdient, ist jeweilig mit Rücksicht auf die besondern Verhältnisse des zu besteuernden Guts zu beurteilen, wie Umfang, Art der Gewinnung des Rohstoffs, Verschiedenheiten in Art und Qualität der verwendbaren Rohstoffe und ihrer Surrogate, Veränderlichkeit oder Stetigkeit des Ausbeuteverhältnisses, Stand der Technik, Zahl und örtliche Verbreitung der Produktionsunternehmungen, Verkehrsentwickelung, Brauchbarkeit des Verwaltungspersonals u. dgl. Die Gründe, welche für und wider die A. vorgeführt zu werden pflegen, haben meist nur eine relative Bedeutung, indem sie nur für besondere Steuern und Erhebungsformen gelten. Hierbei kann es sich auch immer nur um einen Vergleich mit denjenigen Steuern handeln, welche allenfalls die A. ersetzen müßten.

Zu gunsten der A. wird geltend gemacht, daß sie dem Interesse der Finanzverwaltung wie dem der Steuerträger entsprechen und eine gleichmäßige Verteilung der Lasten bewirken. Sie werfen einen hohen, mit steigendem Wohlstand zunehmenden Ertrag ab, gehen rasch und sicher ein, ohne weitläufige Umlegungen und kostspielige Katasterwerke erforderlich zu machen oder zu zahlreichen Reklamationen und gewaltsamen Beitreibungen zu führen. Die Erhebung ist dem Publikum aus den Augen gerückt, gibt also weniger Veranlassung zur Unzufriedenheit. Nicht selten haben die A. Verbesserungen der Produktion veranlaßt, welche ersonnen wurden, der Steuer zum Teil zu entschlüpfen. Viele A. gestatten, die Belastung der Zahlungsfähigkeit mehr anzuschließen, Einkommen zu erfassen, welches sonst frei bliebe, sowohl das von Reichen als auch das der untern Klassen, welches sich bei dem heutigen Verkehr der direkten Besteuerung leicht entzieht, als auch endlich dasjenige von Ausländern. Die Steuerentrichtung ist für den Konsumenten eine sehr bequeme. Er zahlt, wenn er leistungsfähig ist, und in kleinen, nicht drückenden Raten. Bei den meisten A. hat der Konsument durch keine der Beschwerden zu leiden, welche mit der Erhebung direkter Steuern verknüpft sind, wie Einschätzung, Kontrolle, Verantwortlichkeit etc. Vorzüglich gelten viele dieser Argumente für die einfache und bequemere Erhebungsform des Zolles.

Gegen die A. spricht: Ihr Ertrag ist unbestimmt, schwankend, unfähig, dem Bedarf sich anzuschmiegen, in Notzeiten leicht zu gering, in guten zu hoch und dann ein Reiz für unwirtschaftliche Ausgaben. Die Ausführung der Besteuerung ist eine oft schwierige und verhältnismäßig teure, wenn sie ein zahlreiches Beamtenpersonal und langen Steuervorschuß erforderlich macht und nachteilige Störungen der Produktion hervorruft. Wird die Aufwandsteuer nicht direkt empfunden und als Steuer erkannt, so macht sie auch Ausgabenerhöhungen leicht, welche bei direkter Besteuerung größere Opposition finden würden. Ist die Zahlung für den Konsumenten bequem, so kann sie für den ersten Zahler um so lästiger sein. Leicht führt die Aufwandsteuer zu ungleichmäßiger Belastung, indem sie einseitige Steuerbefreiungen ermöglicht, oft kleinere Einkommen zu hoch belastet oder auch bei Verwendung verschiedener

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 70.