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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Gelbbeeren - Gelbes Fieber.

die größte Leuchtkraft und sind für das Leben der Pflanzen von höchster Bedeutung. Nur im gelben Licht wird die Kohlensäure in chlorophyllhaltigen Organen zersetzt. G. war bei den Römern sehr beliebt und gilt erst seit dem Mittelalter für die Farbe des Neides, auch für die der Anmaßung und Hoffart. In China ist G. die dem Kaiser und den Prinzen vorbehaltene heilige Farbe der Lamaiten, in Ägypten Trauerfarbe. In Deutschland ward sie im Mittelalter den fahrenden Frauen und Juden als Abzeichen auferlegt (gelber Ring an Kleidern, gelbe Hüte, Mützen [Schäublein]). In England ist G. bei Wahlaufzügen etc. Farbe der Whigs, dagegen Blau die der Tories. Die wichtigsten gelben Farbstoffe sind: Gelbholz, Fisettholz, Quercitron, Gelbbeeren, Kurkuma, Orlean, Wau, Safran, Gutti, Chromgelb, Kasseler G., Ocker, Auripigment, Kadmiumgelb, gelbes Ultramarin, Neapelgelb und die gelben Teerfarben, namentlich Pikrinsäure und Martiusgelb. Vgl. Ewald, Die Farbenbewegung. Kulturgeschichtliche Untersuchungen. I. Gelb (Berl. 1876).

Gelbbeeren (Beergelb, Avignonbeeren oder -Körner), die unreifen getrockneten Beeren verschiedener Rhamnus-Arten, von der Größe einer Erbse mit drei oder vier Einschnürungen, welche ebenso vielen Samen entsprechen, sind auf der Oberfläche runzelig, gelb, gelbgrün, bräunlichgrün, schmecken süßlich (die deutschen unangenehm bitter) und riechen schwach widerlich. Die besten sind die persischen von Rhamnus infectoria, dann folgen die levantischen und türkischen von R. saxatilis und R. infectoria, die französischen oder Avignonbeeren von R. infectoria, die spanischen, italienischen, ungarischen von R. saxatilis, R. infectoria und R. cathartica und die deutschen von der zuletzt genannten Art. Die G. enthalten Rhamnin, welches in geruch- und geschmacklosen, gelben Nadeln kristallisiert, in Wasser und kochendem Alkohol leicht löslich ist, in der Lösung, besonders wenn sie alkalisch ist, schnell braun wird und durch ein in den Beeren enthaltenes Ferment sowie durch Säuren in Zucker und Rhamnetin (Chrysorhamnin) gespalten wird. Letzteres findet sich zum Teil schon in den Beeren, bildet kleine, goldgelbe Kristalle, ist fast geschmacklos, in kochendem Wasser sehr wenig, in Alkohol und Äther sehr leicht löslich. Man benutzt die G. in der Zeugdruckerei und Färberei; sie geben mit den verschiedenen Beizen sehr intensive und lebhafte Farben, welche aber nicht so echt sind wie die der Quercitronrinde. Auch zum Färben von Papier, Leder, Konditoreiwaren werden sie angewandt. Aus wohlfeilen Sorten bereitet man Schüttgelb. Chinesische G. (Waifa, Natalkörner), die getrockneten Blütenknospen von Sophora japonica, enthalten denselben Farbstoff wie Quercitronrinde und werden in China stark, bei uns nur noch selten zum Gelbfärben (Seide für Mandarinengewänder) benutzt.

Gelbbleierz (Wulfenit), Mineral aus der Ordnung der Molybdate, findet sich in tetragonalen, tafelartigen oder kurz säulenförmigen, aufgewachsenen oder zu Drusen vereinigten Kristallen, auch derb, ist farblos, wachsgelb bis morgenrot, gelblichgrau, durchsichtig bis kantendurchscheinend, von Fett- bis Diamantglanz, Härte 3, spez. Gew. 6,3-6,9, besteht aus molybdänsaurem Bleioxyd PbMoO4^[PbMoO_{4}] mit 38,6 Molybdänsäure. Es findet sich auf den Bleilagerstätten der Alpen, am schönsten kristallisiert zu Bleiberg und am Petzen in Kärnten, an der Zugspitz in Oberbayern, bei Berggießhübel in Sachsen, Přibram, Rezbanya in Ungarn, in der Kirgisensteppe, in Mexiko bei Zacatecas, in Massachusetts bei Phönixville in Nevada, Utah, selten zu Badenweiler im Schwarzwald. Es bildet das Hauptmaterial zur Darstellung von Molybdänverbindungen.

Gelbbrennen, Messing- und Rotgußgegenstände durch Behandeln mit Säure von der ihnen anhaftenden Oxydhaut befreien.

Gelbbuch (Livre jaune), in Frankreich (seit 1852) die Sammlung von offiziellen Aktenstücken, welche der Minister der auswärtigen Angelegenheiten der Volksvertretung zu unterbreiten pflegt; entspricht dem englischen Blaubuch (s. Blaubücher).

Gelbeisenstein (Gelbeisenerz, gelber Glaskopf, gelber Eisenocker, Xanthosiderit), Mineral aus der Ordnung der Sulfate, findet sich in ähnlichen Formen wie Brauneisenstein, ist goldig gelbbraun bis braunrot, besteht aus Eisenhydroxyd, kommt mit Brauneisenstein vor, bildet auch in jüngern Formationen selbständige Ablagerungen und wird auf Eisen verhüttet.

Gelberde (Melinit), Mineral, ein durch Eisenhydroxyd gefärbter Thon, derb, bisweilen dickschieferig, matt ockergelb, undurchsichtig, zerreiblich, findet sich zu Wehrau in der Lausitz, Amberg, Blankenburg, Richelsdorf u. a. O., wird gemahlen und geschlämmt und kommt als Anstrichfarbe, als G., gelber Thon, gelbe Hausfarbe, Berggelb, Stritzelgelb etc. in den Handel. Besonders bekannt und geschätzt ist die G. von Amberg in Bayern, die auch zum Gelbfärben des Waschleders benutzt wird. Gebrannt gibt diese G. roten Ocker.

Gelber Fleck der Netzhaut, s. Auge, S. 75.

Gelber Fluß, s. v. w. Huangho.

Gelber Ingwer, s. Curcuma.

Gelber Körper (Corpus luteum), s. Eierstock.

Gelbe Rübe, s. Mohrrübe.

Gelberz, s. Schrifterz.

Gelber Zwerg, Kartenspiel, s. Kometenspiel 2).

Gelbes Fieber (Amarillfieber, Febris flava, Typhus icterodes), endemische Krankheit heißer Länder, besonders der tiefer gelegenen Gegenden und der Meeresküsten namentlich der westlichen Hemisphäre, also Westindiens und des amerikanischen Festlandes. Die ersten Nachrichten über das Vorkommen des gelben Fiebers datieren aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. In Westindien, an einigen südlichen Küstenstrichen der Vereinigten Staaten von New Orleans bis Charleston und in den Ländern um den Mexikanischen Meerbusen geht es nie aus und verbreitet sich oft als Epidemie; in den nördlichern Teilen Nordamerikas tritt es nur selten auf, wird aber hier von Zeit zu Zeit ebenfalls epidemisch (z. B. in Boston, Philadelphia, New York). Ob es dorthin eingeschleppt wird oder nicht, ist noch streitig. Auch südlich vom Äquator kommt es selten vor. Brasilien war 40 Jahre lang vom gelben Fieber befreit geblieben, bis es 1849-52 wieder von heftigen Epidemien heimgesucht wurde. Im allgemeinen sind aber auf der ganzen westlichen Hemisphäre die Ostküsten weit mehr der Sitz des gelben Fiebers als die Ufer des Stillen Meers. Die Krankheit kommt aber auch an einzelnen Stellen der afrikanischen Westküste vor, besonders in Sierra Leone, und zwar endemisch-epidemisch, so daß diese Länder sogar von einzelnen als der Ursitz der Krankheit betrachtet wurden. Auch Weiterverbreitungen von da aus wurden beobachtet. In Europa herrschte das gelbe Fieber niemals endemisch, dagegen sind in einigen Küstenstädten (Cadiz, Barcelona, Gibraltar) zu Anfang des 19. Jahrh. größere Epidemien vom gelben Fieber vorgekommen, seit 1828 nur noch kleinere Epidemien, so 1839 in Brest, 1851 in Oporto etc. Einzelne sporadische