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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Urkundspersonen; Urlaub; Urläuter; Urlichs; Urliste; Urmaß; Urmeristēm; Urmia; Urmiasee; Urmund; Urnen

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Urkundspersonen - Urnen.

klägerischen Anspruch widersprochen hat, aber den Urkundenbeweis für seine Einwendungen nicht antreten kann. Der Prozeß wird alsdann im ordentlichen Verfahren fortgesetzt. Auf Grund des ergehenden Urteils kann sofort die Zwangsvollstreckung nachgesucht werden. Eine Unterart des Urkundenprozesses ist der Wechselprozeß (s. d.). Vgl. Briegleb, Einleitung in die Theorie der summarischen Prozesse, S. 525 (Leipz. 1859); Siegeth, Der Urkunden- und Wechselprozeß der deutschen Zivilprozeßordnung (Pirna 1878); Stein, Der Urkunden- und Wechselprozeß (Leipz. 1887); Deutsche Zivilprozeßordnung, § 555 ff.

Urkundspersonen, die zur Beurkundung gewisser Thatsachen amtlich bestellten und insoweit mit öffentlichem Glauben (publica fides) ausgestatteten Personen, wie Standesbeamte und Notare; auch die in einem einzelnen Fall (z. B. bei einer Hinrichtung) zugezogenen Solennitätszeugen.

Urlaub (Beurlaubung), die zeitweilige und vorübergehende Entbindung von dienstlichen Geschäften. Das Urlaubswesen ist, soweit es die Beamten und Militärpersonen angeht, durch besondere Dienstvorschriften geordnet, so z. B. für die deutschen Reichsbeamten durch Verordnung vom 2. Nov. 1874. Zum Eintritt in den Reichstag bedürfen Beamte nach der deutschen Reichsverfassung (Art. 21) keines Urlaubs. Die entsprechende Bestimmung findet sich auch in den Verfassungsurkunden verschiedener Staaten mit Rücksicht auf den Eintritt in die Landtage derselben, so in Preußen, Bayern und Württemberg, während dazu in andern Ländern, z. B. in Sachsen, U. für die Beamten erforderlich ist. Eine Verkürzung des Gehalts tritt meistens nur bei längerm U. ein. Mitglieder einer Volksvertretung können auf kürzere Zeit von dem Präsidenten beurlaubt werden, so nach der Geschäftsordnung des deutschen Reichstags (§ 63) bis zur Dauer von acht Tagen. Für längere Zeit kann nur die betreffende Körperschaft selbst den U. bewilligen. Gemeine Soldaten und Unteroffiziere erhalten bei kürzerm U. ihre Löhnung fort, bei Beurlaubungen auf unbestimmte Zeit dagegen nur Verpflegung bis zur Ankunft in der Heimat oder Marschverpflegungsgelder. Dergleichen Beurlaubungen im großen (Beurlaubungssystem) kommen der Ersparnis wegen und mit Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse der Mannschaften in allen Staaten vor (s. Beurlaubtenstand). Überschreitungen des Urlaubs werden als Disziplinarvergehen und besonders streng bei Militärpersonen und Seeleuten geahndet. Endlich kommt auch bei Strafgefangenen eine sogen. Beurlaubung (nach dem Progressivsystem) vor (s. Gefängniswesen, S. 1000 f.).

Urläuter, s. Dégras.

Urlichs, Ludwig, Philolog und Archäolog, geb. 9. Nov. 1813 zu Osnabrück, studierte 1829-34 in Bonn, war dann Lehrer in der Schweiz und in Italien, ward 1840 Privatdozent und 1844 außerordentlicher Professor in Bonn, 1847 ordentlicher Professor in Greifswald, 1855 in Würzburg und wurde 1885 zum Geheimrat ernannt. Er begründete 1848 den Verein von Altertumsfreunden im Rheinland; 1849-50 war er konservativer Abgeordneter in Berlin und Erfurt. Sein philologisches Interesse war namentlich Plinius und Tacitus zugewendet; hierher gehören von seinen Schriften »Chrestomathia Pliniana« (Berl. 1857) und »Vindiciae Plinianae« (2 Hefte, Greifsw. 1853 und Erlang. 1866) sowie »De vita et honoribus Agricolae« (Würzb. 1868), »De vita et honoribus Taciti« (das. 1879), die Textausgabe von Tacitus' »Agricola« (das. 1875) u. a. Besonderes Verdienst hat er um die Topographie Roms und die antike Kunstgeschichte. Wir heben hierzu hervor: »Beschreibung Roms« (mit E. Platner, Stuttg. 1845; Auszug aus Platners »Beschreibung der Stadt Rom«); »Römische Topographie in Leipzig« (Stuttg. 1845 und Bonn 1845, gegen Becker); »Codex urbis Romae topographicus« (Würzb. 1874); sodann »Skopas' Leben und Werke« (Leipz. 1863); »Die Anfänge der griechischen Künstlergeschichte« (Würzb. 1871-72, 2 Hefte); »Beiträge zur Kunstgeschichte« (Leipz. 1885). Mit B. Stark und L. v. Jan leitete er auch 1864 bis 1866 die »Eos«. Außerdem veröffentlichte er: »Die Glyptothek Ludwigs I. von Bayern nach ihrer Geschichte und ihrem Bestand« (Münch. 1867); zahlreiche kleinere Abhandlungen und Vorträge, wie: »Joh. Martin v. Wagner« (Würzb. 1866), »Baugeschichte Würzburgs« (das. 1875), »Die Malerei in Rom« (das. 1877), »Griechische Statuen im republikanischen Rom« (das. 1880), »Pergamon« (Leipz. 1883), »Römischer Bilderhandel« (Würzb. 1885) u. a. Um die deutsche Litteraturgeschichte machte sich U. verdient durch Herausgabe von: »Charlotte v. Schiller und ihre Freunde« (aus Materialien ihrer Tochter, Emilie von Gleichen-Rußwurm, Stuttg. 1860-65, 3 Bde.); »Briefe Goethes an Johanna Fahlmer« (Leipz. 1875) und »Briefe an Schiller« (Stuttg. 1877).

Urliste, Verzeichnis derjenigen Personen, welche in einer Gemeinde wohnhaft und zur Bekleidung des Amtes eines Schöffen und eines Geschwornen geeignet sind. Nach dem deutschen Gerichtsverfassungsgesetz (§ 36 ff., 85) soll die U. für die Schöffenwahl auch zugleich als U. für die Auswahl der zum Schwurgericht (s. d.) zu berufenden Geschwornen dienen.

Urmaß, s. Maß und Eichen.

Urmeristēm (griech.), s. Meristem.

Urmia (Urmij), ansehnlicher und wohlhabender Ort in der pers. Provinz Aserbaidschân, etwa 20 km vom westlichen Ufer des Urmiasees (s. d.) in einer fruchtbaren und sehr gut angebauten Alluvialebene gelegen, mit verfallenen Befestigungen und 32,000 Einw., darunter 28,000 Schiiten, meist türkischer Abstammung, 1500 Sunniten, 1000 Juden, 450 armenische Katholiken und einige Hundert nestorianische Christen, die ihren eignen Bischof und eine nordamerikanische Mission haben. Auch Lazaristen und krankenpflegende Soeurs de St.-Vincent de Paul besitzen dort Niederlassungen.

Urmiasee (Schah-gjölü, »Königssee«), Salzsee in der pers. Provinz Aserbaidschân, westlich von Tebriz, ca. 1220 m ü. M., 130 km lang und 20-40 km breit. Er umschließt 6 größere Inseln sowie über 50 kleine Eilande und nimmt 14 größere Flüsse auf, worunter der Adschi Tschai von O. her und der Gader, Tatau und Dschagatu von S. her die bedeutendsten sind; doch hat er keinen sichtbaren Abfluß, so daß er sein Wasser nur durch Verdunstung abzugeben scheint. Er enthält so viele salzige Bestandteile, daß keine Fische (wohl aber kleinere Tiere) in ihm leben; die Tiefe ist gering, stellenweise nur 1-1½ m (größte bis jetzt gefundene Tiefe 14 m); ob er abnimmt, steht bei dem Mangel an neuern Beobachtungen nicht fest. Fast ringsum ziehen sich in weiterm Abstand Gebirge, und an verschiedenen Stellen laufen Gebirgsarme in den See selbst aus. Ptolemäos nennt ihn den Matianischen, Strabon Spauta, richtiger Kapauta (»blauer See«).

Urmund, s. Mund.

Urnen (lat., Totenurnen, Aschenkrüge), die bei vielen Völkern der Urzeit und des Altertums gebräuch-^[folgende Seite]