Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Wetter'
Anmerkung: Fortsetzung von [Vorherbestimmung des Wetters, Wetterberichte etc.]
gestellten Übersichten der Witterung durch eine Reihe der am meisten verbreiteten Zeitungen
zur Kenntnis des Publikums gebracht.
Um das hier über die Anfertigung und Einrichtung der Wetterkarten Gesagte näher zur Anschauung
zu bringen, geben wir S. 570 zwei Kärtchen, welche nach den betreffenden
Wetterkarten der deutschen Seewarte vom 9. und 10. Dez. 1887
angefertigt sind und welche überdies die Fortbewegung des das Sturmzentrum bildenden barometrischen
Minimums und die Drehung des Windes um dasselbe deutlich zeigen, wonach, dem Buys-Ballotschen Gesetz
(s. Wind) entsprechend, das barometrische Minimum (auf den Kärtchen mit »TIEF«
bezeichnet) im O. von sich eine südliche (warme und meist regenreiche),
im Westen eine nördliche (kalte und meist trockne) Luftströmung,
im N. östliche und im S. westliche Winde hat. Auf den beiden Kärtchen sind die folgenden Orte als
Beobachtungsstationen verzeichnet:
I. Für den 9. Dez. 1887:
Irland: Mullaghmore, Rochespoint. Schottland: Stornoway, Aberdeen. England: Hurst Castle,
Scarborough. Norwegen: Skudesnäs, Oxö. Dänemark: Skagen, Kopenhagen. Finnland: Uleaborg. Holland
und Belgien: Brüssel, Utrecht. Deutschland: Borkum, Hamburg, Keitum, Swinemünde, Neufahrwasser,
Memel, Kassel, Berlin. Rußland: Riga, Petersburg. Frankreich: St. Mathieu, Cherbourg, Paris,
Clermont, Biarritz, Nizza. Österreich: Wien, Krakau. Italien: Cagliari, Brindisi.
II. Für den 10. Dez. 1887:
Schottland: Sumburgh Head. England: Helgoland. Norwegen: Skudesnäs. Dänemark: Skagen, Bornholm.
Schweden: Stockholm, Wisby, Hernösand. Finnland: Hangö, Helsingfors, Tammerfors, Uleaborg. Holland
und Belgien: Vlissingen, Utrecht, Deutschland: Keitum, Wustrow, Königsberg, Memel, Hannover, Breslau,
Kaiserslautern, Friedrichshafen. Rußland: Riga, Petersburg, Kiew. Frankreich: St. Mathieu, Biarritz.
Österreich: Prag.
Als Beispiele für die in den Wetterberichten der deutschen Seewarte enthaltenen
»Allgemeinen Übersichten der Witterung« des betreffenden Tags 8 Uhr morgens und die darauf begründeten
»Aussichten für die Witterung des folgenden Tags« können nachstehende Angaben der deutschen Seewarte dienen,
welche zugleich die in den beiden Kärtchen enthaltenen Angaben über Verteilung des Luftdrucks und Veränderung
der Winde für die Tage vom 9. und 10. Dez. 1887 näher erläutern:
Allgemeine Übersicht der Witterung 8. Dez., 8 (7) Uhr morgens: Ein neues Minimum ist westlich von Irland
erschienen, wo das Barometer stark gefallen ist. Barometrische Maxima lagern über der Alpengegend und dem
Innern Rußlands. Bei meist schwacher südlicher bis westlicher Luftströmung ist das W. über Zentraleuropa
veränderlich und fast überall kälter. In Deutschland ist allenthalben Regen oder Schnee gefallen. Auf dem
Streifen München-Regenwaldermünde herrscht leichter Frost.
Aussichten für die Witterung des 9. Dez. in Nordwestdeutschland: trübes W. mit auffrischenden südwestlichen
Winden, steigender Temperatur und Niederschlägen. Ostdeutschland: wie Nordwestdeutschland. Süddeutschland:
trübes, etwas wärmeres W. mit mäßigen bis frischen westlichen Winden und Niederschlägen.
Allgemeine Übersicht der Witterung 9. Dez., 8 (7) Uhr morgens: Ein tiefes Minimum von etwa 730 mm liegt über
der östlichen Nordsee, über Deutschland starke, stellenweise stürmische südliche bis westliche Luftbewegung
bedingend. Über Zentraleuropa ist das W. warm, trübe und regnerisch. Über Westdeutschland ist erhebliche
Erwärmung eingetreten, die sich rasch weiter ostwärts ausbreiten dürfte. In Deutschland ist fast überall
Niederschlag gefallen, am meisten, 19 mm, in Wiesbaden. (Stimmt mit der Prognose vom 8. Dez. überein.) Um 9½
Uhr die Ostseeküste gewarnt.
Aussichten für die Witterung des 10. Dez. in Nordwestdeutschland: etwas kälteres W. mit veränderlicher Bewölkung
und frischen bis starken westlichen Winden ohne erhebliche Niederschläge. Ostdeutschland: meist wärmeres und
trübes W. mit vielfach stürmischen westlichen Winden und Niederschlägen. Süddeutschland: warmes und trübes W.
mit frischen westlichen Winden und Niederschlägen.
↔
Allgemeine Übersicht der Witterung 10. Dez., 8 (7) Uhr morgens: Das barometrische Minimum, welches gestern
über der östlichen Nordsee lag, ist ostwärts nach der mittlern Ostsee fortgeschritten und verursacht an der
deutschen Küste stürmische westliche u. nordwestliche Winde, während über Großbritannien wieder ruhige, ziemlich
heitere Witterung eingetreten ist. Über Zentraleuropa ist das W. vorwiegend trübe, im Westen kälter, im O.
wärmer. In Altkirch und München sind 22, in Friedrichshafen 27 mm Regen gefallen. (Stimmt mit der Prognose vom
9. Dez. überein.)
Zur Aufstellung von Wetterprognosen ist es, wie schon oben gesagt ist, nicht nur
erforderlich, den augenblicklichen Witterungszustand zu studieren, wie er über einem größern Gebiet vorhanden ist,
sondern auch zu bestimmen, in welcher Richtung eine Bewegung der barometrischen Minima wahrscheinlich ist. Um dieses
zu erreichen, sind die barometrischen Minima, sowohl diejenigen, welche über den Atlantischen Ozean, als auch diejenigen,
welche über die denselben begrenzenden Kontinente hinziehen, in Bezug auf Häufigkeit, Richtung und Geschwindigkeit
ihres Fortschreitens ihre Stärke etc. einer eingehenden Untersuchung unterworfen. Zunächst können die barometrischen
Minima des Atlantischen Ozeans nach fünf Klassen unterschieden werden, von denen in jeder die einzelnen Minima nicht
nur in denselben Gegenden sich bilden, sondern auch meistens dieselben Zugstraßen verfolgen. Für Europa hat sich ergeben,
daß die Minima besonders oft in der unmittelbaren Umgebung der britischen Inseln, über der Nordsee, an der norwegischen
Küste, über dem südlichen Ostseegebiet und in der Umgebung von Italien liegen. Die meisten Minima fallen auf Südschweden,
die wenigsten auf einen breiten Streifen, der sich von der westfranzösischen Küste nach O. über Deutschland und Österreich
nach dem Innern Rußlands hin erstreckt. Sehr verschieden ist die Häufigkeit des Auftretens der Minima für die einzelnen
Gebiete in den verschiedenen Jahreszeiten. In Schottland, im ganzen Nordseegebiet und in Südskandinavien sind die Minima
im Frühjahr am seltensten, dagegen südlich vom 50. Breitengrad am häufigsten, während es sich im Sommer gerade umgekehrt
verhält. Die Zentren derjenigen Minima, welche von besonderer Bedeutung sind, weil sie stürmische Winde verursachen,
liegen am häufigsten über Nordeuropa, besonders oft über Südschweden, und die Häufigkeit ihres Auftretens ist auch
wieder nach den verschiedenen Jahreszeiten verschieden. Im Sommer nimmt die Häufigkeit in ganz Europa ab, während ein
Maximum der Häufigkeit im Winter im hohen Norden von Europa, auf den britischen Inseln und in Norddeutschland, im Frühjahr
in der Umgebung von Italien und im Herbst zwischen den Färöern und Norwegen, in Finnland, Südschweden und den russischen
Ostseeprovinzen auftritt. Aus der verschiedenen Verteilung der barometrischen Minima der Zeit und dem Ort nach folgt für
uns in Deutschland, daß oft Wochen vergehen können, ohne daß sich ein barometrisches Minimum zeigt oder doch in zu großer
Entfernung auftritt, als daß es für die Witterung bei uns von Einfluß sein könnte, und daß ebenso auch Zeiten eintreten
können, in welchen kaum ein Tag vergeht, an welchem nicht ein oder mehrere barometrische Minima die Witterung von Mitteleuropa
beeinflussen. Im ersten Fall ist die Witterung, besonders wenn hoher Barometerstand über einem größern Gebiet lagert,
beständig, der Himmel meist klar und die Luftbewegung schwach, während im zweiten Fall unbeständiges, oft regnerisches,
von heftigen bis stürmischen Winden begleitetes W. einzutreten pflegt.
Für die Richtung, welche die barometrischen Mi-
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 571.