Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Auskunftswesen

66

Auskunftswesen (internationaler Verkehr, Konzessionspflicht).

ner Weise entschädigt. Wenn nun aber auch im internen Verkehr die geschäftsfreundliche Auskunft übersteigt, so tritt dieser gegenüber der hohe Wert der Auskunftsbüreaus vorzüglich da in den Vordergrund, wo es dem Kreditgeber, was recht häufig vorkommt, an einem eingeweihten und willfährigen Geschäftsfreund fehlt. Dies ist insbesondere auch der Fall, wenn sich die geschäftlichen Beziehungen auf weitere Entfernungen hin und zwar über die Landesgrenze hinaus erstrecken.

Auskunftserteilung im internationalen Verkehr. Gerade auf diesem Gebiet haben sich große Umwälzungen in den letzten drei Jahren vollzogen. Bisher lag die ausländische Krediterkundigung in den Händen der zur Vertretung der Interessen des deutschen Handels im Ausland bestellten Reichskonsuln. Die Erfahrung hat gelehrt, daß es heikel ist, staatliche Behörden, die noch obendrein durch andre wichtigere Berufsgeschäfte völlig in Anspruch genommen sind, mit der Erteilung von Kreditauskünften zu betrauen. Übrigens ist es nach dem Konsulatsgesetz vom 8. Nov. 1867 einigermaßen zweifelhaft, ob die Konsuln überhaupt verpflichtet sind, auf Kreditanfragen Privater zu antworten. Das hinderte aber nicht, daß die Kaufleute mit Vorliebe sich an diese Behörden um Kreditauskünfte wandten und ungehalten waren, wenn ein Konsul für seine Mühe und seine Auslagen Entschädigung verlangte. Das Bestreben der deutschen Reichsregierung ist jetzt mehr dahin gerichtet, die Konsulate im Ausland mit Krediterkundigungen Privater zu verschonen. - Ein im J. 1884 von Schimmelpfeng gemachter Versuch, die geschäftlichen Erfahrungen der Konsuln ausschließlich für die bestorganisierten Auskunftsbüreaus zu verwerten, scheiterte an dem Widerspruch der deutschen Handelskammern. Nunmehr haben sich unsre Auskunftsbüreaus ohne staatliche Hilfe auf das schwierige Gebiet der internationalen Auskunftserteilung gewagt und aus eigner Kraft für die kurze Zeit glänzende Erfolge erzielt. Gegen Ende des Jahrs 1887 legte Schimmelpfeng eine Filiale nach Wien, welche für ganz Österreich und für die Balkanstaaten bestimmt ist. Im J. 1889 hat die Wiener Filiale 76,078 schriftliche Auskünfte erteilt, von welchen der überwiegende Teil an österreich-ungarische Abonnenten zu geben war. Es folgte Anfang 1888 die Gründung der Büreaus zu London und Paris; jedoch geben letztere erst seit 1. März 1889 Kreditauskünfte über ganz Frankreich und England, allerdings nur in französischer, bez. englischer Sprache. Auch das Auskunftsbüreau von Lesser u. Liman besitzt eine Filiale in Wien. Die gedeihliche Fortentwicklung des internationalen Auskunftswesens auf dem europäischen Kontinent bleibt den kommenden Jahren vorbehalten. Schon jetzt erfreut sich die Ausfuhr Deutschlands, welche gerade in den letzten Jahren gewaltig gestiegen ist, einer früher kaum vorhergesehenen Bedeutung; mit einer weitern Zunahme derselben wird das Bedürfnis nach zuverlässigen Kreditauskünften über ausländische Firmen noch mehr in den Vordergrund treten, und die Auskunftsbüreaus werden, um mit dem stetig wachsenden Verkehr Schritt zu halten, auch in andre bedeutendere Handelszentren des Auslandes Filialen legen müssen. So hat das Schimmelpfengsche Institut schon jetzt eine Filiale in Budapest für Auskünfte über Platzfirmen errichtet, welche sich später zu einem Zentralbüreau für Ungarn ausbilden soll.

Aber auch über den Kontinent hinaus hat das Institut von Schimmelpfeng eine zuverlässige und verhältnismäßig prompte Krediterkundigung ermöglicht. In dieser Hinsicht ist die Verbindung Schimmelpfengs mit dem großen nordamerikanischen Auskunftsbüreau von The Bradstreet Company in New York von besonderer Bedeutung. Die Verbindung der beiden Institute bezweckt gegenseitige Vertretung und zwar in der Art, daß alle Auskünfte über Firmen des Kontinents von Schimmelpfeng gegeben, dagegen alle über Firmen der Vereinigten Staaten, Kanadas und Australiens einlaufenden Anfragen von The Bradstreet Company beantwortet werden. Nicht selten aber ist die Beurteilung über die angefragte amerikanische oder australische Firma eine gemeinsame. Dies ist bei solchen Firmen der Fall, welche schon häufiger in Europa gekauft haben, so daß Schimmelpfeng (außer der von The Bradstreet Company erteilten Auskunft) die Erfahrungen der europäischen Lieferanten verwerten kann.

Für die schleunige Erledigung der Anfragen über außereuropäische Firmen ist in bester Weise gesorgt. The Bradstreet Company unterhält nämlich Büreaus in Berlin, London und Paris, welche mit Spezialberichten über die Geschäftslage und Kreditfähigkeit aller derjenigen Firmen der Vereinigten Staaten, Kanadas und Australiens versehen werden, von denen nur irgend anzunehmen ist, daß sie in Europa kaufen. Bei dem Berliner Büreau gingen nach dem Schimmelpfengschen Jahresbericht für 1888 im Laufe dieses Jahres mehr als 10,000 Spezialberichte ein, während auf etwa 5500 amerikanische Firmen angefragt wurde. Um die Berichte zu vervollständigen und sie zugleich auf der Höhe der Zeit zu erhalten, wird von Vierteljahr zu Vierteljahr in jedesmal neu erscheinenden Auskunftsbüchern eine Übersicht aller nordamerikanischen Geschäftsleute nebst Angaben über deren Kapital und Kreditfähigkeit geliefert. Wichtige Veränderungen endlich, welche etwa in der Zwischenzeit eintreten, werden mittels Kabels gemeldet. Es kann also in den meisten Fällen den anfragenden europäischen Firmen sofort gedient werden.

Weniger entwickelt ist noch die Krediterkundigung über asiatische und afrikanische Firmen. Anfragen über Firmen dieser Erdteile werden von Berlin aus beantwortet. In vielen Fällen ist dem Schimmelpfengschen Büreau die Erledigung der Anfrage wegen mangelnder Verbindungen unmöglich.

Konzessionspflicht. Wegen der großen Bedeutung der Auskunftsbüreaus im Verkehrsleben wurde von verschiedenen Seiten der Vorschlag gemacht, diesen Berufszweig unter die konzessionspflichtigen Gewerbe aufzunehmen. Der Gedanke ist in Österreich im J. 1885 verwirklicht worden. Nur konzessionierte Firmen dürfen dort Auskunftsbüreaus begründen. Die Verleihung der Konzession geschieht nach Prüfung der gesetzlichen Bedingungen durch die zuständige politische Landesbehörde.

Bewerber haben die allgemeinen zur Erlangung eines jeden konzessionierten Gewerbes vorgezeichneten Bedingungen zu erfüllen und haben sich außerdem über eine zum Betrieb des Gewerbes genügende allgemeine und kaufmännische Bildung vor der Gewerbsbehörde auszuweisen. Man hat sogar in Österreich periodische Revisionen der einzelnen Büreaus von Amts wegen angeordnet und auch streng durchgeführt. Trotz aller dieser peinlichen Vorsichtsmaßregeln ist das österreichische A. nur von geringer Bedeutung und kann sich speziell mit dem deutschen nicht messen. Die Konzessionspflicht ist, wie vorauszusehen war, von zweifelhaftem Werte. Zunächst ist es für die staatlichen Behörden sehr schwierig, die