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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Antikensammlungen

Zahlreiche Monumente, darunter Stücke von hervorragendem Werte, sind in andern Palästen zerstreut (vgl. Matz und Duhn, Antike Bildwerke in Rom, 3 Bde., Lpz. 1881; Kataloge der größern Sammlungen in der "Beschreibung der Stadt Rom", von Platner, Bunsen, Gerhard und Röstel, 3 Bde. in 6 Abteil., Stuttg. 1830-42; Auszug daraus in einem Bande, 1845). Die während der letztern Jahre in Rom gemachten, zum Teil sehr bedeutenden Funde an Skulpturen, Wandgemälden und Werken der Kleinkunst (s. Ausgrabungen) sind in dem neuen Kapitolinischen Museum (im Konservatorenpalast), in den Diocletiansthermen, in der Villa Papa Giuglio sowie in den im Orto Botanico und sog. Auditorio di Mecenate errichteten Museen untergebracht. Neapel besitzt in dem museo nazionale (früher Real Museo Borbonico), welches vorzugsweise aus den Funden von Herculanum und Pompeji und den Farnesischen Schätzen gebildet ist, eine der bedeutendsten A. Europas. In Bezug auf Wandgemälde, Bronzen, auf Hausrat und Gegenstände aus dem Privataltertum steht es einzig da. (Vgl. Museo Borbonico, 16 Bde., Neap. 1824-67; Gerhard und Panoska, Neapels antike Bildwerke, Bd. 1, Stuttg. 1828; Heydemann, die Vasensammlungen des des Museo nazionale, Berl. 1872; Helbig, Wandgemälde der vom Vesuv verschütteten Städte Campagniens beschrieben, Lpz. 1868, woran sich Sogliano, Le Pitture murali campanae, Neap. 1880, anschließt.) Von den Städten in Unteritalien hat Tarent die größte Sammlung. In Sicilien ist der Mittelpunkt durch das bedeutende Museum in Palermo (s. d.) gegeben, welches u. a. die Metopenreliefs der Tempel von Selinus beherbergt. In Oberitalien (vgl. Dütschke, Antike Bildwerke in Oberitalien, 5 Bde., Lpz. 1874-82) steht Florenz (s. d.) mit seinen hauptsächlich aus Mediceischem Besitz gebildeten Sammlungen von Skulpturen (in der Galleria degli Uffizi) voran. (Vgl. Gori, Museum Florentinum, 12 Bde., Flor. 1731-66; Zannoni, Galleria imperiale di Firenze, 13 Bde., ebd. 1812-33.) In Venedig findet sich eine Sammlung antiker Marmorwerke in der Marcusbibliothek. Eine treffliche Übersicht für ganz Italien bietet Burckhardts "Cicerone" (6. Aufl. von Bode, Lpz. 1893).

In Griechenland bestehen erst seit den letzten Jahrzehnten A. Athen hat drei sehr bedeutende Sammlungen, von denen die eine auf dem südöstl. Ende der Akropolis (1878 eröffnet) für die von dieser stammenden Denkmäler, die zweite im Norden der Stadt für die in der Unterstadt und im übrigen Griechenland gefundenen Monumente bestimmt ist (vgl. von Sybel, Katalog der Skulpturen zu Athen, Marb. 1881). Das dritte Museum, von der Griechischen Archäologischen Gesellschaft gegründet, befindet sich im Polytechnikum. Es enthält bemalte Vasen, Terrakotten, Schmucksachen, Münzen, sowie die Funde der Ausgrabungen von Mykenä und eine kleine, aber ausgewählte Sammlung ägypt. Altertümer. (Einzelkataloge der Vasen von Collignon, "Catalogue des vases peintes du musée de la société archèologique d'Athènes", Par. 1878; der Terrakotten von Martha, "Catalogue des figurines en terre cuite du musée de la société archèologique d'Athènes", ebd. 1880.) Die Funde der olympischen Ausgrabungen werden in Olympia (s. d.) in einem neuen Museum aufbewahrt. Auch in den kleinern Städten Griechenlands haben sich Provinzialmuseen gebildet, unter denen die von Sparta, Theben und Thespiä (vgl. Milchhöfer und Dressel, Antiken aus Sparta, und Körte, Antiken aus Böotien, in den "Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts in Athen", Bd. 2, 1878, u. Bd. 3, 1879) die bedeutendsten sind. Die athenischen A. unterscheiden sich von denen Italiens dadurch, daß die in ihnen aufgestellten Kunstwerke in demjenigen Zustande belassen sind, in welchem sie gefunden wurden, und daß in jenen griech. Originale, zumeist allerdings nicht ersten Ranges, in diesen röm. Kopien, aber vielfach solche der berühmtesten griech. Kunstwerke, vorwiegen.

In Frankreich war zur Zeit des ersten Kaiserreichs die Antikensammlung im Louvre (s. d.) zu Paris die erste und schönste der Welt, und noch gegenwärtig gehört sie zu den reichsten. Daran schließt sich die Sammlung in der Nationalbibliothek. (Vgl. Clarac, Musée de sculpture, Bd. 1 u. 2, Par. 1826; Fröhner, Notice de la sculpture antique, Bd. 1, ebd. 1878.) Die bedeutendsten Provinzialmuseen Frankreichs sind die zu Arles, Grenoble, Lyon, Marseille, Nimes, Orange und Toulouse. - Vgl. Stark, Städteleben, Kunst und Altertum in Frankreich (Jena 1855).

In England enthält das Britische Museum (s. d.) in Bezug auf assyr. und griech. Kunst und durch den Besitz der Elgin Marbles (s. d.) auch in Bezug auf originalgriech. Kunst der besten Zeit unbestritten die erste Sammlung der Welt. (Vgl. Combe, Hawkins und Cockerell, Description of the collections of ancient marbles in the British Museum, 11 Bde., Lond. 1312-61.) Ansehnliche A. befinden sich auch zu Oxford, Cambridge und Liverpool. Von engl. Privatsammlungen, meist seit gegen Ende des 18. Jahrh. aus röm. Funden angelegt, sind bemerkenswert die in Ince-Blundell-Hall (bei Liverpool), Lansdowne-House (London), Petworth-House (Sussex), Wilton-House (bei Salisbury), Woburn-Abbey (Bedfordshire). - Vgl. Michaelis, Ancient marbles in Great Britain (Cambr. 1882).

Deutschland besitzt drei große A., die jede in ihrer Art von Bedeutung sind: zu Berlin, München und Dresden. Hier sind auch die kunstgewerblichen Sammlungen wichtig. Kleinere A. finden sich zu Cassel, Hannover, Braunschweig, Arolsen (pompejanische Bronzen), Gotha, Weimar, Frankfurt a. M., Breslau, Oldenburg, Schwerin, Darmstadt, Mannheim, Karlsruhe, Bonn, Köln u. s. w. In der Main- und Rheingegend hat fast jede bedeutendere Stadt ein aus den Lokalfunden gebildetes Antiquarium. Auch besitzen alle deutschen Universitäten jetzt mehr oder minder reiche archäol. Sammlungen.

Österreich hat in seinen Wiener Museen Anstalten ersten Ranges. In Rußland bergen die Sammlungen in der Eremitage zu Petersburg, zu Zarskoje-Selo und Pawlowsk reiche Schätze, besonders aus den altgriech. Städten der Krim. Bedeutend ist die Antikensammlung der Universität Dorpat. In Schweden bestehen A. zu Stockholm, in Dänemark zu Kopenhagen (auch für nordische Altertümer), in den Niederlanden im Haag und in Leiden. Die Schweiz besitzt kleinere Sammlungen in Basel, Zürich, Bern, Avenches, Lausanne und Genf. Auch in Ungarn und Siebenbürgen fehlt es nicht an A. Neuerdings sind A. zu Algier, Konstantinopel und eine besonders reichhaltige für die altägypt. Kunst in Bulak (jetzt in Giseh, s. d.) entstanden. - Vgl. in K. O. Müllers Handbuch der Archäologie der Kunst (3. Aufl. von F. G. Welcker, Bresl. 1848) den Abschnitt "Geographie der alten Kunstdenkmäler"; Stark, Handbuch der Archäologie der Kunst, Abteil. 1 (Lpz. 1880).