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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Bauernhof; Bauernkrieg

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Bauernhof - Bauernkrieg

lich der noch bedeutend entwickelten Diele ein; doch ist hier die Hille schon durch die ganze Gebäudelänge durchgeführt. Grundsätzlich anderer Anordnung erscheint das nordische B., dessen ursprünglichste Form (Fig. 10) die in Blockbau ausgeführte rechtwinklige Halle c mit dem Herde d und der für die strenge Kälte nötigen Vorhalle a ist. In weiterer Ausbildung (Fig. 11) wird die Halle in den Flur a und die Vorratskammer b zerteilt, über diesen Bauteil aber ein Obergeschoß "Ramloftstube" errichtet. Die Stube c enthält den Ofen, die Bank und den Tisch sowie das Bett gleich der deutschen Bauernstube. Eine Fortentwicklung dieser Hausform ist das hinterpommersche B. (Fig. 8 u. 9), in dessen Stube g der Backofen h, der Herd i, der Sommerkamin k, der Nachofen m, der von der Säule 1 gestützte Rauchmantel die verschiedenen Formen für den ursprünglichen Herd darstellen. Das Spülfaß q, das Spind r, die Bank und der Tisch p und die Betten n und o charakterisieren die Stube zugleich als Arbeits- und Wohnraum. Die nordische Vorhalle c ist zum Flur geworden, von dem die Leiter d in das Obergeschoß führt. Unter ihr steht das Gesindebett e; f ist der Stein zum Getreideschroten. Vor dem Flur ist eine neue Vorhalle b gegen die Straße a gebaut. Die Kammer s und der Stall t vollenden die Gesamtanlage des Blockbaues.

In neuerer Zeit verschwinden die alten Formen des B., die noch zahlreiche Abarten aufweisen, mehr und mehr, wodurch viel von der eigenartigen Schönheit unserer Dörfer und von der Stammesart verloren geht. Da aber die Formen aus Lebensgewohnheit und Bedürfnis entstanden sind, so hält sich der moderne Bau von B. noch vielfach in den alten Bahnen, wenngleich manche wichtige und reizvolle Eigentümlichkeiten schon sehr selten zu werden beginnen. - Vgl. Gilly, Handbuch der Landbaukunst (3 Tle., Berl., Braunschw. u. Halle 1797-1811); Viollet-LeDuc, Histoire de l'habitation humaine (Par. 1875); Engel, Handbuch des landwirtschaftlichen Bauwesens (7. Aufl., Berl. 1885); Meitzen, Der Boden und die landwirtschaftlichen Verhältnisse des preuß. Staates (4 Bde. mit Atlas, ebd. 1873); Hoffmann, Über landwirtschaftliche Tiefbauten (ebd. 1867); Henning, Das deutsche Haus in seiner histor. Entwicklung (Straßb. 1882); Meitzen, Das deutsche Haus in seinen volkstümlichen Formen (Berl. 1883); Gladbach, Der schweiz. Holzstil (Darmst. 1884 -86); Meringer, Studien zur german. Volkskunde. Das B. und dessen Einrichtungen (Wien 1892); Neumeister und Häberle, B. und kleine gewerbliche Anlagen (Stuttg. 1893 fg.).

Bauernhof, s. Landwirtschaftliche Bauten und Bauernhaus.

Bauernkrieg, im Gegensatz zu kleinern frühern Erhebungen verwandter Art besonders Benennung der großen Revolution vom J. 1525, die sich fast über das ganze obere und mittlere Deutschland erstreckte, nicht bloß die Bauernschaft, sondern auch die bürgerliche Bevölkerung und zum Teil den Adel ergriff und einige Monate hindurch das ganze Reich in chaotische Verwirrung stürzte. Schon vor und während der hussitischen Bewegung waren zumal im südl. Deutschland kleinere agrarische Erhebungen vorgekommen; 1476 trat im Stifte Würzburg ein Hirte, der Pfeifer von Niklashausen, unter ungeheuerm Zulauf mit dem kommunistischen Evangelium und der Predigt gegen den Druck des geistlichen Standes auf; er ward festgenommen und als Ketzer verbrannt. 1492 erhoben sich die Bauern des Abts von Kempten und die niederländ. Käsebröder (so genannt, weil sie als Zeichen ihrer Armut Käse und Brot in ihrer Fahne führten); im Elsaß ward 1493 eine Verschwörung entdeckt; 1502 brach am Oberrhein der Aufstand des Bundschuhs (s. d.) aus; ferner entstand 1514 in Württemberg gegen Herzog Ulrich (s. d.) der Bund des Armen Konrad. Auch in den Alpenländern, namentlich in Kärnten, hatte sich der Bundschuh eingenistet und zu einer Reihe von blutigen Aufständen (1478, 1503, 1513, 1515) geführt, sociale Ursachen waren in erster Reihe für die Erhebung bestimmend; sie richtete sich gegen "Pfaffen und Adel" und die kirchlich-feudale Ordnung. Der Druck der bäuerlichen Frondienste und Abgaben war jedenfalls lokal sehr verschieden, wurde aber, zumal die Herren vielfach bemüht waren, auch die rechtliche Stellung der Bauern zu verschlechtern, fast allgemein als ein Unrecht empfunden und war der stärkste Hebel zu der Empörung. Der hierdurch erzeugte Haß war seit langem durch eine aufregende, großenteils astrologische und prophetische Volkslitteratur geschürt worden, als die Reformation mit ihrer vernichtenden Kritik der Hierarchie und ihrer Predigt von der evang. Freiheit den Sturm entfesselte.

Nachdem schon im Juni 1524 die Bauern der Landgrafschaft Stühlingen (bei Schaffhausen) sich erhoben hatten, verbreitete sich während des Winters die Empörung durch ganz Oberschwaben, wo auch (unter Mitwirkung der Memminger Reformatoren) ihr berühmtes, bald allgemein angenommenes Programm, die Zwölf Artikel, entstanden ist (März 1525). Freiheit der Jagd, des Fischfangs, der Holzung, Aufhebung der Leibeigenschaft und des kleinen Zehnten, Wahlrecht evang. Prediger waren die Hauptforderungen. Während aber auf dem ursprünglichen Schauplatz der Revolution die Streitkräfte des Schwäbischen Bundes unter Georg Truchseß nahe daran waren, der Bewegung ein Ziel zu setzen, wuchsen überall, vom Elsaß bis nach Steiermark, vom Bodensee bis nach Hessen und Kursachsen die "evangelischen Haufen" der Bauern aus dem Boden; an das Klosterstürmen reihte sich bald genug die Zerstörung der Adelsschlösser. Vielfach schloß sich die städtische Demokratie der Bewegung an; so zu Rothenburg ob der Tauber, Würzburg, Mühlhausen in Thüringen, wo Thomas Münzer (s. d.) seinen kommunistischen Gottesstaat einrichtete. Manche vom Adel traten gezwungen, manche, trotz des Blutgerichts in Weinsberg, wo Graf Helfenstein mit seinen Rittern durch die Spieße gejagt wurde, freiwillig in die Reihen der Empörer; unter den Führern erscheint Götz von Berlichingen (s. d.) und der ritterliche Demokrat Florian Geyer (s. d.). Es fehlte nicht an mehr oder weniger socialistischen Reformprojekten, wie sie namentlich in dem merkwürdigen aus Franken stammenden Entwurf einer sehr centralistischen Reichsverfassung und in der Landesordnung des Tirolers Gaißmayer erhalten sind. Aber fast ebenso rasch wie die Ausbreitung erfolgte die gründliche Niederwerfung der Revolution, sobald die geistlichen und weltlichen Herren, deren manche bereits förmliche Verträge mit den Bauernheeren eingegangen waren, sich von ihrem Schrecken zu erholen anfingen. Luthers mächtige Stimme, die ursprünglich beiden Teilen ihr Unrecht vorgehalten hatte, erhob sich in erbarmungsloser Schärfe gegen den siegreich vordringenden Aufruhr. Am 12. Mai siegte der Truchseß bei Böblingen, 15. Mai Landgraf Philipp,