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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Bibliothekswissenschaft

thek, desto weiter wird die Gliederung des Schemas zu gehen haben, dessen kleinste Unterabteilungen chronologisch, hier und da auch wohl besser alphabetisch anzuordnen sind. Das einmal gewählte System ist mit Strenge durchzuführen, bei zweifelhaften Fällen ist durch Verweisungen nachzuhelfen. Endlich ist aus dem Zettelmaterial durch Umordnung ein alphabetischer Zettelkatalog und der leichtern Handhabung und Übersicht wegen außerdem noch ein ganz knapp gehaltener alphabetischer (Nominal-)Index in Bandform zu schaffen. Nützlich, aber nicht notwendig ist der vielfach empfohlene alphabetische Realkatalog, da die reiche Litteratur der Bibliographien als Ersatz für ihn eintreten kann. Von Specialkatalogen erscheinen notwendig nur der Handschriften-, Inkunabeln- und Cimelienkatalog sowie ein Katalog der sog. kleinen Schriften, d. h. der Dissertationen und Programme, die in die allgemeinen Kataloge aufgenommen diese allzusehr und dazu mit wissenschaftlich minderwertigem Material belasten würden.

Die Aufstellung der Bücher, die nunmehr zu erfolgen hat, geschieht weder in alphabetischer Anordnung noch in der Reihenfolge der Erwerbung, wie es früher empfohlen, sondern genau nach der Weise des wissenschaftlichen Katalogs, nur mit der durch Raumersparung gebotenen Einschränkung, daß die Formate nach den angegebenen drei Maßen zu trennen sind, außerdem bei jeder Unterabteilung für den künftigen Zuwachs ausreichende Lücken freigelassen werden. Als Regel gilt, daß in jedem Gestell mit dem untersten Fache begonnen und dann aufwärts stets von links nach rechts fortgeschritten wird. Zur Bestimmung des Raumbedarfes für die Aufstellung rechnet man allgemein für 100 Bände 1 qm Ansichtsfläche der Gestelle.

Bei der Signierung der Bücher, die gleichfalls genau dem Realkatalog zu entsprechen hat, wende man große lat. Buchstaben für das Wissenschaftsfach (z. B. Geschichte), kleine für die Hauptabteilung (z. B. preuß. Geschichte) an und zähle dann ohne Berücksichtigung der Formate von 1 an mit springenden Nummern, z. B. Lc 105, 120 u. s. w.

Für die Bewahrung des Bücherschatzes sorgen am besten jährliche Revisionen des Bestandes sowie öftere Reinigung der Bücherräume und der Gestelle, Ausstäuben der Bücher im Herbst, wodurch zugleich dem Einnisten der Insekten vorgebeugt wird, Fernhaltung von Holzeinbänden, den Zufluchtsstätten des Bohrwurms.

Bei der Vermehrung des Bücherschatzes kommt wie bei seiner Begründung der Zweck der Bibliothek, ob Special- oder Centralbibliothek, in vorwiegende Berücksichtigung, Sie geschieht durch Einzelkauf zweckmäßiger als durch Massenkauf, bei dem der Erwerb von Dubletten und lückenhaften Serien unvermeidlich ist; ferner durch Austausch oder Verkauf der Dubletten, bei Institutsbibliotheken durch Austausch der Publikationen des Instituts, durch Zuwendung von Geschenken, endlich durch pflichtmäßige Ablieferung von Werken seitens der Buchhändler, der sog. Pflichtexemplare (s. d.). Jede dieser Erwerbungen ist in abgekürzter Form unter Angabe des Lieferanten und des Preises in das dem geschäftlichen Verkehr mit den Buchhändlern dienende Jahreszugangsverzeichnis sogleich einzutragen, dann binden zu lassen, in die verschiedenen Kataloge nachzutragen, zu signieren, zu stempeln und so dem Bücherschatze an der gegebenen Stelle einzuverleiben.

Über die Art der Benutzung des Bücherschatzes besteht an allen größeren Anstalten ein festes, meist durch Druck bekannt gegebenes "Reglement" oder "Regulativ", das die Zeit, während der die Bibliothek geöffnet ist, die Berechtigung zur Benutzung und die Bedingungen, unter denen die Bücherverleihung, wohl auch die Besichtigung der Anstalt stattfinden kann, näher bestimmt. Unbeaufsichtigter Zutritt zu den Bücherräumen ist stets nur einer geringen Anzahl von ortsansässigen und dem Beamtenpersonal genau bekannten Gelehrten gestattet. In engen Grenzen halten muß sich die eigenhändige Benutzung der geschriebenen Kataloge seitens der Besucher der Bibliothek, von denen nur die wenigsten sie richtig zu gebrauchen im stände sind. Während es für die Benutzung der Bücher im Lesesaal, den man an größern Anstalten nicht nur tags über, sondern sogar bei Beleuchtung dem Publikum zu öffnen unternommen hat, keine nennenswerten Einschränkungen geben darf, sind bei der Bücherverleihung am Orte und noch mehr bei der Versendung nach auswärts, die nie die Interessen der ansässigen Benutzer schädigen darf, bestimmte Sicherheitsleistungen zu verlangen, wodurch dem einen Hauptgrundsatz der Verwaltung, dem der Erhaltung des Besitzstandes für die Zukunft, allein Genüge geschehen kann. Dem andern Grundsatz, die Bibliothek der Wissenschaft so nutzbar als möglich zu machen, wird man dadurch gerecht werden, daß man mit Ausnahme der für den stetigen Gebrauch der Besucher des Lesesaals bestimmten Handbibliothek kein Werk von der Verleihung ausschließt, sobald das wissenschaftliche Interesse sie erfordert. Die Frist der Entleihung ist gewöhnlich eine vierwöchige, die, falls das Werk nicht anderweitig verlangt wird, verlängert werden darf. Kein Werk darf ohne Leihschein ausgegeben werden. Die Leihscheine, in sich geordnet nach den Namen der Entleiher, werden sogleich in ein Journal übertragen und zwar alphabetisch nach den Stichworten der Büchertitel. Bei den zur Aufrechterhaltung der Ordnung erforderlichen Revisionen, die wenigstens halbjährlich stattzufinden haben, ist im allgemeinen Rückgabe sämtlicher entliehener Werte zu verlangen (der sog. "Sturz").

Litteratur. Schon im Mittelalter machten Gelehrte die Einrichtung von Bibliotheken zum Gegenstand von Schriften, so de Bury (Philobiblon, Köln 1473) im 15. Jahrh., später Naudé (Par. 1627; Neudruck 1876), Kayser (Bayreuth 1790); doch erst im 19. Jahrh. wurde die B. als solche zugleich mit ihrem Namen durch Schrettinger in dessen Versuch eines vollständigen Lehrbuchs der B. (2 Bde., Münch. 1808-29) geschaffen und in F. A. Eberts Schriften: Über öffentliche Bibliotheken (Freiberg 1811) und Die Bildung des Bibliothekars (2. Aufl., Lpz. 1820) weiter ausgebildet. Seitdem haben sich besonders Molbech (über B., deutsch von Ratjen, Lpz. 1833), Zoller (Die B., Stuttg. 1846), Schleiermacher (Bibliogr. System der gesamten Wissenschaftskunde, 2 Bde., Braunschw. 1852) und Petzholdt (Katechismus der Bibliothekenlehre, neu bearbeitet von Gräsel, Lpz. 1890) verdient gemacht, während die Schriften von Constantin (Bibliothéconomie, 2. Aufl., Par. 1841) und Seizinger (Theorie und Praris der B., Dresd. 1863) keinen Fortschritt bezeichnen. Des weitern seien erwähnt: Edwards, Memoirs of Libraries, including a handbook of library economy (2 Bde., Lond. 1859); Green, Library aids (Neuyork 1883); Cousin, De