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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Deutsch-Französischer Krieg von 1870 und 1871

zu können. Er überraschte 26. Nov. die bad. Vorposten und drängte sie zurück, wurde jedoch von deren Reserve mit starkem Verlust abgewiesen, worauf seine Mannschaften in wilder Flucht zurückgingen. General von Werder verfolgte ihn 27. Nov. mit zwei Brigaden, holte aber nur die Nachhut unter Menotti Garibaldi ein. Er nahm darauf seine frühern Stellungen wieder ein. General Cremer näherte sich Mitte Dezember mit 15000 Mann den bad. Stellungen, wurde aber am 18. bei Nuits von Werder angegriffen und geschlagen. Vom 14. Armeekorps hatte die Landwehrdivision Tresckow 3. Nov. Belfort (s. d.) eingeschlossen und die Belagerung der Festung begonnen, die den Winter hindurch bis zum 16. Febr. 1871 fortgesetzt wurde.

Auch die Festung Langres sollte belagert werden. Die Brigade Goltz, die dazu bestimmt war, überfiel im Vorrücken die Franzosen 15. Dez. in vier Kantonierungen und warf sie in den Platz hinein. Doch erhielt General von Werder bald darauf die Nachricht, daß bedeutende franz. Heereskräfte von Westen im Anmarsch seien; es war die Armee Bourbakis, die von der Loire herkam. Ob sie gegen das 14. Armeekorps und zum Entsatz von Belfort oder mehr in nördl. Richtung auf Nancy zur Unterbrechung der deutschen Verbindungslinien gehen würde, war zweifelhaft; General von Werder räumte seine weit vorgeschobene Stellung bei Dijon 27. Dez. und erreichte in Gewaltmärschen Vesoul, wo er seine Truppen versammelte und auch die Brigade Goltz von Langres wieder an sich zog. Als die Absicht Bourbakis klar wurde, auf Belfort zu marschieren, brach Werder schnell auf, um ihm den Weg zu verlegen. Dabei stieß er 9. Jan. 1871 bei Villersexel auf die Flanke der im Marsch befindlichen franz. Armee und griff sie an. Bourbaki wurde dadurch aufgehalten und entwickelte sich am folgenden Tage zur Schlacht; Werder aber setzte seine Truppen schleunigst wieder in Bewegung und eilte ihnen mit seinem Stabe voraus, um eine Stellung vor Belfort und Mömpelgard hinter der Lisaine zu suchen und zur Verteidigung einzurichten. Hier nahm er mit seinem nicht einmal ganz vollständigen Armeekorps die Schlacht gegen eine Macht von 150000 Mann an. Es kam darauf an, die Belagerung von Belfort und den Eingang zum Elsaß (die trouée de Belfort) zu decken. In der dreitägigen Schlacht an der Lisaine (s. d.), 15. bis 17. Jan., suchte Bourbaki mit seiner ganzen Armee in wiederholten stürmischen Angriffen das kleine heldenmütige Korps zu überwältigen, wurde jedoch abgeschlagen und mußte sich endlich, als er die Annäherung der deutschen Südarmee unter Manteuffel erfuhr, zum Rückzug entschließen, wodurch seine Truppen bald in völlige Auflösung gerieten. Den Oberbefehl der franz. Ostarmee übernahm nach Bourbakis Selbstmordversuch General Clinchant; doch wurde der Rückzug viel zu säumig ausgeführt, vielleicht weil die verfolgende Vorhut des 14. Armeekorps mit Absicht nicht heftig drängte. Manteuffel hatte inzwischen die Côte-d'Or überschritten und richtete jetzt seine Operationen gegen Flanke und Rückzugslinie des Feindes, also gegen den Doubs. Garibaldi, der bis Dijon vorgerückt war, stand hier noch, verhielt sich indes völlig unthätig. Die deutsche Südarmee fand die Übergänge des Doubs unbesetzt und verlegte bis zum 25. Jan. den franz. Korps die Rückzugslinie südlich von Besançon. Sie trat mit dem 14. Armeekorps, das sich rechts nach Rioz geschoben, in Verbindung, wodurch Manteuffel Gewißheit erlangte, daß die vier franz. Korps noch bei Besançon verweilten. Gegen Dijon war die Brigade Kettler vom 2. Armeekorps abgeschickt worden; diese griff dort kühn an, um Garibaldi festzuhalten, wobei ein Bataillon in einem ruhmvollen Gefecht gegen große Übermacht seine Fahne einbüßte, nachdem deren Träger und mehrere Offiziere, die sie nach diesem ergriffen, erschossen worden, sodaß sie auf dem Kampfplatz unter Leichen liegen blieb. Garibaldi räumte indes Dijon 1. Febr., als eine Division unter Hann von Weyhern heranrückte, und verließ dann den Kriegsschauplatz.

Die franz. Ostarmee war im Abmarsch von Besançon, sie zog sich östlich nach der Schweizer Grenze, um längs derselben zu entkommen. Als Manteuffel dies erfuhr, beschloß er, sie zur Schlacht oder zum Übertritt auf das neutrale Schweizer Gebiet zu nötigen. Mit dem 2. Armeekorps verlegte er dem Feinde südlich von Pontarlier die letzten Straßen im Gebirge; das 7. Korps nahm die gerade Straße auf Pontarlier, wo die Hauptmacht des Gegners zu erwarten war; von Norden drängte vom 14. Armeekorps die 4. Reservedivision (Schmeling) und das kürzlich hinzugekommene Detachement Debschitz, das vorher bei Belfort verwendet worden war. So drängte alles vereint gegen Pontarlier, wohin der Feind sich gezogen: nur die Schweizer Grenze stand ihm noch offen. Am 29. Jan. erreichte die 14. Division des 7. Armeekorps die Nachhut der franz. Armee und warf sie auf Pontarlier zurück, wobei 4000 Gefangene, 10 Geschütze und 2 Mitrailleusen genommen wurden; am 30. nahm vom 2. Korps die 7. Brigade Frasne und machte 2000 Gefangene.

Mittlerweile war 28. Jan. zu Versailles ein Waffenstillstand auf 3 Wochen geschlossen, von demselben aber ausdrücklich der Schauplatz in den östl. Departements ausgenommen worden. Die franz. Generale waren über letztern Umstand nicht unterrichtet und beanspruchten sofort Einstellung der Feindseligkeiten; Manteuffel gab diesem Verlangen keine Folge und nötigte dadurch Clinchant zum Übertritt nach der Schweiz. Schon einige Tage vorher hatten bezüglich dieser Eventualität Verhandlungen mit dem Befehlshaber der eidgenössischen Armee an der Grenze, General Herzog, stattgefunden. Der Übertritt erfolgte bei Pontarlier, wo zur Deckung des Abzugs eine starke Nachhut stehen blieb. Diese wurde von der 7. Brigade (Du Trossel) angegriffen; sie verließ zwar Pontarlier, leistete aber in heftigen Gefechten Widerstand, besonders am Paß La Cluse. Am 1. Febr. überschritt die franz. Armee, noch 84000 Mann mit 10000 Pferden stark, die Grenze der Schweiz, wo sie entwaffnet und bis zum Frieden interniert wurde. Die deutsche Südarmee rückte weiter südwestlich gegen Lons-le-Saunier vor, um die Versprengten des Feindes noch zu fangen oder zu vertreiben; die Division Schmeling vom 14. Korps und das Detachement Debschitz räumten in der Gegend von Pontarlier auf. Das 14. Armeekorps hatte in den Kämpfen bei Belfort und auf der Verfolgung etwa 3000 Gefangene gemacht, die Südarmee bei ihren Gefechten 15000 nebst 28 Geschützen. Jetzt wurden die Truppen in Kantonierungen verlegt. Die vierte franz. Feldarmee war somit für den Krieg verloren. Eine dritte, die Pariser, an Zahl die stärkste von allen, hatte sich schon 28. Jan. kriegsgefangen gegeben.