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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Eisenerzeugung
vurch die Fuchsbrücke i getrennt. Ein Tonnenge-
wölbe p überspannt den ganzen Ranm; r ist ein
Treppenrost, der unten durch einen kurzen Plan-
rost <i abgeschlossen ist. Die Operation des Pud-
delns erfordert große Geschicklichkeit und Sorgsalt
von seiten des Arbeiters. Nachdem derselbe das
Feinmetall oder Puddelroheisen mittels einer Schau-
fel in den Ofen eingebracht hat, türmt er die Stücke
pfeilerförmig an den Seiten des Herdes bis fast an
die Wölbung des Ofens aufeinander, wobei die
Mitte des Herdes frei bleibt. Die einzelnen Pfeiler
oder Stapel müssen soviel als möglick voneinander i
getrennt sein, damit das Eisen auf allen Seiten
von der Luft und den Flammen bestrichen werden ^
tann. Das Arbeitsloch wird hierauf mittels seiner
Fallthür verschlossen, Steinkohle auf den Rost ge-
geben und das Schürloch mit derselben zugelegt,
dagegen die zum Öffnen und Verschließen auf dcr
obern Mündung des Schornsteins angebrachte
Klappe geöffnet, fodaß der Ofen in volle Glut
kommt. Nach etwa 20 Minuten wird das Eisen
bellglühend und beginnt an den hervorragenden
Ecken und Kanten zu schmelzen und auf den Herd ,
heradzutropfen. In diesem Augenblick öffnet der !
Arbeiter die kleine, in der Fallthür eigens zu ^
diesem Zweck ausgesparte Ossnung und sucht mit !
einer hakenförmigen Stange (Kratze) die Eisenstilcke
so zu wenden, daß das Eisen nicht zu rasch ein-
schmilzt, worauf das eigentliche Puddeln seinen An-
fang nimmt. Der Arbeiter fucht nämlich das ge-
schmolzene Eisen mit zugesetzter Schlacke und der
beim Einschmelzen gebildeten Zu mengen und ar-
beitet dasselbe beständig durch, um immer neue
Eisenteile mit der Luft in Berührung zu bringen.
Es erfolgt hierbei ein Aufschwellen des Eisens
durch Entwicklung von Kohlenoxydgas, das seiner-
seits, sobald es das Eisen durchbricht, in Gestalt !
von Flämmchen abbrennt. !
Das Eisen wird so lange durchgearbeitet, bis es
teigartig wird, worauf das Feuer wieder verstärkt
und die Klappe auf dem Schornstein geöffnet wird.
Bei steigender Temperatur nimmt das Eisen wieder
eine zähe Beschaffenheit an und bäckt oder schweißt
sich zu kleinen Klumpen zusammen, die zu größern
Klumpen zu vereinigen sind. Zu dem Ende wird
ein hierbei gleichsam als Kern dienendes Klümpchen
auf der weichen Masse hin und her gerollt, sodaß
es sich durch Anhäufung von Eisen mehr und mehr
vergrößert, bis ein Ballen von 30 bis 50 1(F ent-
standen ist. Dieser wird behufs weiterer Erweichung
mittels einer vorher heiß gemachten Stange nach
der heißesten Stelle des Herdes (in die Nähe der
Feuerbrücke) gebracht und hier mit Gewalt zu-
sammengedrückt, damit sich die Schlacke möglichst
herausquetscht (Luppendrücken). Wenn nach
ungefähr 20 Minuten alles Eisen in Ballen geformt
ist, wird auch das Arbeitsloch geschlossen, damit die
Hitze ihren höchsten Grad erreicht und die einzelnen
Teile des Eisens sich noch inniger und vollständiger
verbinden. Die Ballen werden alsdann einzeln mit-
tels einer großen Zange aus dem Ofen gezogen und
so schnell als möglich unter den Hammer oder die
Presse, zuweilen auch unmittelbar zwischen die Wal-
zen gebracht.
Der ganze Prozeß des Puddelns dauert 1^ dis
2^2 Stunden. Der Sand- oder Schlackenherd mutz
schon 12 Stunden vor Anfang der Arbeit am Mon-
tag Morgen angewärmt, am Sonnabend aber nach
dem letzten Puddeln durch ein lebhaftes Feuer ganz
eingeschmolzen und als flüssige Schlacke durch den
Abzug gelassen werden. Den vorbeschriebenen Pud-
delprozeß nennt man das Puddeln auf Schmiede-
eisen oder Puddeln auf Sehne, von welchem Ver-
fahren sich das Puddeln auf Korn und das Stahl-
puddeln einigermaßen, doch nicht wesentlich unter-
scheidet. Um die überaus anstrengende Handhabung
der Krücke (Hand puddeln) zu umgehen, hat man
Rübrapparate (Maschinenpuddeln) hergestellt,
die indes die Handarbeit nur unter gewissen Bedin-
gungen und auch dann nicht vollkommen ersetzen.
Zweckentsprechender sind die rotierenden Puddel-
öfen (Drehpuddeln), deren Erfinder der Schwede
Oestlund ist, die jedoch erst weitere Verbreitung fan-
den, als 1871 der Amerikaner Danks seinen rotie-
renden Ofen baute, der mit dem bei der Nennarbeit
beschriebenen Sismensschen Rotator große Ähnlich-
keit hat. Ein scheibenförmiger, horizontal rotierender
Herd (Tellerofen) rührt von von Ehrenwerth her.
Dem Puddelprozeß gegenüber verhalten sich, wie
schon angedeutet, die verschiedenen Noheisensorten
verschieden. Der Prozeß verläuft um so rascher, je
teigartiger das Eisen einschmilzt (manganarmes
Weißeisen), und um so langsamer, je dünner es ein-
schmilzt (graues Roheisen, Spiegeleisen). Der Sauer-
stoff der zugeführten Luft oxydiert zuerst das Mangan
und Silicium, dann den Kohlenstoff. Ist dieser, wie
beim Graueisen, als Graphit vorhanden, so wird er
nach dem Verbrennen des Siliciums zunächst in
den leichter oxydierbaren gebundenen Kohlenstoff
übergeführt, wobei Wärme verbraucht wird, wes-
halb Graueisen das Frischen verlangsamt. Steigt
der Siliciumgebalt des grauen Roheisens über
3 Proz., so wird dasselbe am besten einem Vor-
bereitungsprozeß, dem Feinen, unterworfen, wo-
durch Beimengungen, wie Schwefel, Phosphor,
Mangan und Silicium teilweise abgeschieden werden
und auch der graphitische Kohlenstoff in gelösten
übergeht. Das Graueisen wird also durch Feinen
sowohl geläutert, als in Weißeisen übergeführt. Das
^ Feinen geschieht in Herden oder Flammöfen. Einen
! Herd (Feineisenfeuer) stellen Taf.I, Fig. 7 u. 8
, im Vertikalfchnitt und Grundriß dar. Beim Ve-
^ setzen kommt auf die Herdsoble eine Schicht Koks
^ und darauf das Roheisen in Gänzen. Die Gebläse-
^ luft, die durch die Rohrleitung 1" zugeführt wird,
i tritt durch sechs nach abwärts gerichtete, mit Wasfer
^ gekühlte Düsen in den Herd; ^ sind Wassertröge
zur Kühlung der eisernen Herdwandungen, L solche
zur Kühlung der Arbeitswerkzeuge. - Ein dem
Feinen ähnlicher den gleichen Zweck verfolgender
Prozeß ist das Braten, das darin besteht, daß man
das m dünne Scheiben gegossene Roheisen inVrat -
Herden oder Vratöfen etwa 12 Stunden lang
unter Luftzutritt mähig glüht.
Der Vessemerprozeß, von Henry Vessemer
1856 erfunden, beruht auf der Entkohlung des flüssi-
gen Roheisens mittels durch dasselbe hindurchge-
preßter Luft. Es wird hierzu geschmolzenes über-
gares Roheisen in ein birnförmiges Gefäß (Besse-
merbirne, Konverter) gebracht und atmosphärische
^ Luft unter hohem Druck durch dasselbe getrieben,
wodurch eine kräftige Einwirkung der letztern auf
das Eisenbad und mithin ein schnelles Frischen statt-
! findet. Eine Eigentümlichkeit des Vessemerns be-
' steht darin, daß infolge der großen Menge (3000
^ -10000 k^) gleichzeitig der Oxydation ausgefetzten
Materials die durch Verbrennung von Silicium,
Eifen und Mangan entwickelte Wärme so wirksam