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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Förmlicher Angriff
meist die flüchtige Korbsappe angewandt wird. Die
zweite Parallele wird 250-300 m vom Glacis an-
gelegt, ihre Flügel werden in der Regel zurückgebo-
qen und an die erste Parallele angelehnt. In dieser
Parallele werden Dcmontierbatterien (5) und
Wurfbattcrien (6) angelegt; inzwischen wird
das Feuer aus den Batterien der erstell Parallele
fortgesetzt, soweit sie durch die vordern Angriffs-
arbeiten nicht maskiert werden. Aus der zweiten
Parallele geht man mit der flüchtigen Korbs ap p e,
bei heftigem Feuer des Verteidigers mit der völligen
Korbsappe, d. b. schrittweise vor und legt auf balber
Entfernung bis zum gedeckten Wege eine sog. halbe
P arall ele an, die mit leichten Mörsern besetzt wird,
um den Feind aus dem gedeckten Wege zu vertreiben,
sodann wird am Fuße des Glacis die dritte Pa-
rallel e angelegt; in derselben aufgestellte M örser -
batterien (7) bewerfen das Innere der Werke.
Von der dritten Parallele aus suckt sich der An-
greifer in den Besitz des gedeckten Weges zu setzen,
entweder durch gewaltsame Erstürmung oder durch
schrittweises Vorgehen mit der doppelten oder
Nürfelsappe;
längs der Gla-
ciskante wird die
Glaciskrö-
nung, gewisser-
maßen eine vierte
Parallele, er-
baut und in der-
selben die
Breschbatte-
rien und die
Konterbatte-
rien angelegt.
Befinden sich
Blockhäuser in
den Wasfen-
plätzen des ge-
deckten Weges,
so müssen diesel-
ben einzeln er-
obert werden. In
dem Raume zwi-
schen der dritten
Parallele und
der Kontereskarpe wird inzwischen unterirdisch der
Minenkrieg geführt, indem der Angreifer zu-
nächst sein Vorgehen gegen den gedeckten Weg durch
Minen unterstützt, bisweilen sogar die Herstellung
der Bresche im Hauptwall auf diese Weise anstrebt,
während der Verteidiger durch K ontcrminen dem
unterirdischen Vorgehen des Angreifers entgegen-
tritt und dessen Angrisssarbeiten zu stören sucht.
Von der Glaciskrönung aus erfolgt der Bau
des Grabenniedergangs (Tescente), d. b. eines
gesicherten Weges von der Glaciskrönung aus nach
dem Fuße der Kontcreskarpe, hierauf der Bau des
G rab enüb er g an g s, d. h. eines gesicherten Weges
vom Fuße der Kontereskarpe aus über den Graden
bis zum Fuße der inzwischen entweder durch das
Feuer der Vreschbatterien oder durch Minen her-
gestellten Bresche, gegen die nun der Sturm unter-
nommen wird. Befindet sich hinter der Bresche ein
Abschnitt, so kann das Werk nicht ohne weiteres
duvch Sturm genommen werden, sondern der An-
greifer muß sich zuvor auf der Bresche festsetzen,
Geschütz hinausschaffen und gegen den Abschnitt
ebenso verfabreu wie vorher gegen das Werk felbst.
Mit der Eroberung des .Hauptwalles ist gewöhnlich
der Fall des Platzes entschieden, nur selten folgt
nock ein Kamvf im Innern des Platzes.
> Die Mittel derVerteidig u n g gegenüber diesem
l Angriffsverfahren, die den Oang der Angriffsarbei-
' ten aushalten, bestehen in Ausfällen, im Artillerie-
feuer, welches des beschränktern Aufstellungsraums
und der weniger günstigen Schußrichtungen halber
selten eine Überlegenheit über die Batterien des
Angreifers zu erringen vermag; in der Anwen-
dung des Gewcbrfeucrs gegen die nähern Angrisss-
arbeiten; im Mincnkrieg, der erst in der letzten Pe-
riode der Belagerung sich entwickeln kann, in welcher
^ auch das offensive Element der K onterapprochen
! zur Anwendung kommt. Das Übergewicht, welches
dem Angreifer in der ersten Periode der Belagerung
naturgemäß zufallt, tritt in der letzten Zeit weniger
' hervor, weil durch die vorschreitenden Angrifss-
! arbeiten das Feuer der rückwärtigen Batterien oft
! maskiert wird; zeitweise gewinnt dann sogar die
! Verteidigung ein gewisses Übergewicht über den
! Angriff, was aber wieder verloren geht, sobald der
Fig. i.
Angreifer sich auf dem gedeckten Wege festgesetzt
und hier seine Batterien errichtet hat.
Hält der Kommandant der belagerten Festung
alle Widerstandsmittel für erschöpft, glaubt er die
Verteidigung nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg
fortsetzen zu können und will er, nach Herstellung
einer gangbaren Bresche, es nicht auf die Erstür-
mung des Platzes ankommen lassen, die häufig zur
Niedermetzelung der Garnison und zur Plünderung
der Stadt führt, so zeigt er durch Aufziehen der
weißen Fahne und Chamadeschlagen (s. Chamade)
seine Bereitwilligkeit zur Kapitulation an.
Das Anftreten der gezogenen Gcfchütze wirkte
auf den gewissermaßen klassisch gewordenen Vau-
banschen F. A. zunächst nur in der Art ein, daß
den vergrößerten Schußweiten entsprechend auch die
verschiedenen Entfernungen sich änderten, während
die Grundzüge des Verfahrens im allgemeinen die-
selben blieben. In dieser Art sind in: allgemeinen die
zahlreichen Belagerungen franz. Festungen im Kriege
1870-71 durchgeführt worden. Die fortgesetzte
Vervollkommnung der Geschütze, verbunden mit der
Ennübrung neuer Treib- und Sprengmittel, brach-