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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Friesen (an Geschützrohren) - Friesen (Volksstamm)
Bläschen bei ihrem Verschwinden keine Spur zurück; zuweilen vertrocknen sie und es erfolgt eine geringe Abschuppung. Die ältern Ärzte hielten den F. für eine Reinigung des Blutes und sein Zurücktreten oder Zurücktreiben für höchst gefährlich. Sie steckten daher den Patienten in dichte Betten und suchten das Gift durch Schwitzmittel herauszutreiben. Die neuern Ärzte haben sich von dem Irrigen dieser Ansicht hinlänglich überzeugt, halten den F. im Gegenteil für einen ganz unschädlichen Hautausschlag und suchen sein Entstehen bei Kranken und das Übermaß des Schweißes lieber ganz zu verhüten durch kühle Zimmerlust, fleißiges Lüsten, leichte Bedeckung des Kranken, öfteres Wäschewechseln, häufiges Abwaschen des ganzen Körpers u. dgl. Daneben giebt man innerlich kühlende Mittel, Limonade, Mineralsäuren u. dgl.
Friesen, ringartige Verstärkungen auf der Außenseite von Geschützrohren, die ursprünglich namentlich bei den aus eisernen Stäben zusammengeschweißten Kanonen lediglich der Haltbarkeit, später bei den Bronzerohren, als sich künstlerischer Geschmack auch auf die Ausstattung des Artilleriematerials erstreckte, fast nur der Verzierung dienten. Die F. werden bei den neuern Stahlkanonen nur in seltenen Fällen zur Verstärkung der Mündung, als Mundfriese, angewandt.
Friesen (lat. Frisii, im Mittelalter Frisones, Frisiones, Fresones, in ihrer eigenen Sprache vormals Frêsa, Frêsen), ein german. Volksstamm in dem Marschlande längs der deutschen Nordseeküste. Die Römer kannten sie nur in der Landschaft zwischen Zuidersee und Emsmündung. Östlich von ihnen wohnten bis zur untern Elbe die Chauken. Diese sowie die in Holstein, Schleswig, Jütland und auf den dän. Inseln damals ansässigen Vorfahren der Angelsachsen (die Nerthus-Völker des Tacitus) sind die nächsten Stammverwandten der F. Alle insgesamt bildeten bis zur Auswanderung der Angelsachsen nach Britannien, also bis zur Mitte des ersten Jahrtausends nach Christus, ein eigenes Volk, die Anglo-Friesen, die sich in den ersten Jahrhunderten vor und nach Christi Geburt Ingwaiwen (lat. Ingvaevones) nannten. Durch Drusus wurden die F. den Römern zinsbar gemacht. 28 n. Chr. befreiten sie sich wieder und wußten ihre Freiheit die folgenden Jahrhunderte zu behaupten. Während der Völkerwanderung breiteten sie sich sowohl nach Westen als nach Osten zu beträchtlich aus, jedoch nur in dem schmalen Küstensaum des Marschlandes. Sie besaßen seit der Mitte des ersten Jahrtausends nach Christus die Küste von der Scheldemündung (bez. von Amsterdam) an bis zur Wesermündung und zerfielen in einen westlichen (westlich vom Zuidersee), mittlern (bis zur Laubach) und östl. Stamm (bis zur Weser). Unter Westfriesland verstand man bis ins 14. Jahrh. nur das erste Drittel des Landes. Sprachlich trennt das Flüßchen Laubach oder Lau(w)ers (altfries. Lâveke) westlich von Groningen die F. in Westfriesen (westerlauersche F.) und Ostfriesen, wenn man auch heute nur das Land östlich der Ems Ostfriesland nennt.
Im 7. Jahrh. beginnen die Kämpfe der F. mit den Franken; später folgten die Raubzüge der Normannen. Das westl. Friesland bis zum Zuidersee unterwarf Pippin von Heristal 689 durch seinen Sieg über Radbod (altfries. Rêdbâd), das mittlere Friesland bis zur Laubach Karl Martell 734, das östl. Friesland bis zur Wesermündung Karl d. Gr. 775-785. Für die Ausbreitung des Christentums wirkte 50 Jahre hindurch der Angelsachse Willibrord und 785 der heil. Liudger. Die kirchliche Verwaltung der beiden ersten Teile unterstand dem Bischof von Utrecht, die der östlichen überwies Karl d. Gr. den neu errichteten sächs. Bistümern Münster und Bremen. Für alle drei Teile Frieslands erließ Karl d. Gr. um 785 die Lex Frisionum (s. Friesisches Recht) unter Zugrundelegung eines ältern Gesetzbuchs. Dieses nunmehr schriftlich niedergelegte Volksrecht bestimmte zugleich die Verfassung Frieslands. Statt der frühern Könige regierten seit der frank. Unterwerfung Grafen das in die Stände der Adligen, Freien, Halbfreien und eigenen Leute zerfallende Volk. Jedoch wußten die F. dauernd eine ziemlich unabhängige Stellung zu behaupten. Durch den Vertrag von Verdun 843 kam Friesland zum Lotharingischen Reiche; durch den Vertrag von Mersen 870 wurde es zwischen Frankreich und Deutschland geteilt, bis es 888 ganz an Deutschland siel, von dem es seitdem politisch abhängig blieb. Die Rheinmündung, die keine rein fries. Bevölkerung hatte, wurde schnell verfränkischt. Aus diesem Teile des alten Friesland erwuchs die frank. Grafschaft Holland. Im 13. Jahrh. begann das polit. Friesland erst nördlich von Amsterdam. Damals fanden zahlreiche Kämpfe einzelner fries. Landdistrikte untereinander und mit ihren Landesherren statt. Die F. errangen eine ziemlich selbständige Stellung. Sie erscheinen als Gemeindeverbände, an deren Spitze 12 oder 16 consules (altfries. rêdjeva) oder Richter getreten sind, die statt der alten Gauversammlungen Recht sprechen. Die Upstalsbomer Bundestage sind nicht, wie man früher geglaubt hat, uralte Volksversammlungen der freien F. gewesen, sondern haben nur Mitte des 12. und Beginn des 13. Jahrh. sowie 1323-27 bestanden und sind Vereinstage aus fries. Landdistrikten zwischen Zuidersee und Weser gewesen. Im 15. Jahrh. war das Land zwischen Zuidersee und Laub ach von dem Grasen von Holland, das Land zwischen Laubach und Ems von der Stadt Groningen abhängig, das Land zwischen Ems und Weser von dem Grafen von Oldenburg, doch in ziemlich selbständiger Stellung. Bis in den Anfang des 16. Jahrh. bewahrten die F. ihre Selbständigkeit. Seitdem gehört das Land westlich der Ems zu den Niederlanden, östlich derselben zu Deutschland. Während der letzten beiden Jahrhunderte haben die F. zum weitaus größten Teile ihre alte Sprache und Nationalität aufgegeben und sind ein deutscher (bez. niederländischer) Volksstamm geworden. (S. Friesische Sprache und Litteratur sowie Deutsches Volk, 3.) Vgl. auch Nordfriesen, Friesland und Ostfriesland.
Vgl. U. Emmius, Rerum Frisicarum historia (Leid. 1616); Winsemius, Historische geschiedenissen van Vriesland (Franeker 1622); Chr. Schotanus, Beschryvinge end Chronyck va de Heerlickheydt van Frieslandt Ausehen ’t Flie end de Lauwers (ebd. 1655); ders., De geschiedenissen kerckelyck ende wereldlyck van Friesland oost ende west [bis 1583] (ebd. 1685); Groot Placaat en Charter-boek van Friesland (hg. von G. F. Baron thoe Schwarzenberg von Karl d. Gr. bis Ausgang des 17. Jahrh. 1, 5 Bde., Leeuw. 1768-93); T. D. Wiarda, Ostfries. Geschichte (Bd. 1-9, Aurich 1791; Bd. 10, Brem. 1817); I. Scheltema, Geschied- en letterkundig mengelwerk (6 Bde., Amsterd. u. Utrecht 1817-36); Monumenta Groningana (hg. von