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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gebrauchsmuster
Recht, das Muster oder Modell nachzubilden, wenn
er dasselbe angewendet und ein Exemplar oder
eine Abbildung bei der mit der Führung des Re-
gisters beauftragten Behörde niedergelegt hat. Das
Gesetz wurde in der Praxis dahin verstanden, daß !
es sich nur aus solche Muster beziehe, welche ein
ästhetisches Bedürfnis zu befriedigen bestimmt seien.
Statt dieser Auslegung durch eine authentische Inter-
pretation entgegenzutreten, welche geeignet gewesen z
wäre, die einheitliche Gestaltung des gesamten,
Musterschutzes zu sichern, hat es die Reichsgesetz-
gebung vorgezogen, für die G. das besondere Ge-
setz vom 1. Juni 189 l zu erlassen. Danach werden
Modelle von Arbeitsgerätschaften oder von Ge-
brauchsgegenständen oder von Teilen derselben, in-
soweit sie dem Arbeits- oder Gebrauchszweck durch
eine neue Gestaltung, Anordnung oder Vorrichtung
dienen sollen, mit der Maßgabe geschützt, daß der- !
jenige, welcher unter Beifügung einer Nach- oder ^
Abbildung des Modells dasselbe bei dem Patent- !
amt unler Einzahlung von 15 M. anmeldet und
dort die Eintragung in die Rolle für G. erlangt,
dadurch das ausschließliche Recht erwirbt, gewerbs-
mäßig das Muster nachzubilden, die durch Nachbil-
dung hervorgebrachten Gerätschaften und Gegen-
stände in Verkehr zu bringen, feilzuhalten oder zu
gebrauchen. Das Gesetz ist vorzugsweise dazu be-
stimmt, neuen nützlichen Darstellungen der mechan.
Industrie, für welche der Erfinder die größern Kosten
eines Erfinderpatents nicht aufwenden will oder
welche dem Erfordernis einer patentierbaren Erfin-
dung nicht entsprechen, einen Schutz zu gewähren, !
die Mühe des Darstellers zu belohnen und dadurch !
zu neuen Darstellungen anzureizen. Der Muster-
schutz wird gegen eine Gebühr von 60 M. auf An-
suchen für drei weitere Jahre verlängert. Es findet
weder, wie bei dem Erfinderpatent, eine Vorprüfung
auf die Neuheit noch vor dem Eintrag eine öffentliche
Bekanntmachung behufs Erhebung von Einsprüchen
statt. Das durch eine spätere Anmeldung begrün- ^
dete Recht darf indessen, soweit dasselbe in das -
Recht des auf Grund früherer Anmeldung einge-
tragenen Inhabers eines G. oder eines erteilten
Patents eingreift, ohne Erlaubnis dieses Verech- !
tigten nicht ausgeübt werden, und wenn der wesent- !
liche Inhalt der Eintragung den Beschreibungen, !
Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder Ein- !
richtungen eines andern ohne dessen Einwilligung
entnommen ist, so tritt dem Verletzten gegenüber
der Schutz des Gesetzes nicht ein. Auch kann dann
der andere Löschung fordern. Gegen den Eingetra-
genen kann jedermann den Anspruch auf Löschung
erheben, wenn die Erfordernisse sür den Eintrag
nicht vorlagen, insbesondere das Modell bereits zur
Zeit der Anmeldung in öffentlichen Druckschriften be
schrieben oder im Inlande offenkundig benutzt war.
Löschung erfolgt auch auf Grund eines Verzichts des
Eingetragenen. Eintragungen und Löschungen sind
durch den Reichsanzeiger bekannt zu machen.
Wer wissentlich oder aus grober Fahrlässigkeit
den Bestimmungen des Gesetzes zuwider ein G. in
Benutzung nimmt, ist dem Verletzten zur Entschädig
gung verpflichtet. Der so wissentlich Handelnde ist
überdies auf Antrag des Verletzten mit Geldstrafe
bis 5000 M. oder mit Gefängnis bis zu einem Jahr
zu bestrafen. Neben der Strafe kann auf Verlangen
des Beschädigten auf eine zu erlegende Buße bis
zum Vetrage'von 10000 M. erkannt werden. Eine
erkannte Buße schließt die Entschädigungsforderung
Brockhaus' Konversationslexikon. 14. Aufl.. VII.
aus. G. können auch von Ausländern, welche im
Deutschen Reiche einen Wohnsitz oder eine Nieder-
lassung haben, zum Eintrag angemeldet werden-
von andern Ausländern oder von Deutschen, welche
im Deutschen Reiche einen Wohnsitz oder eine Nie-
derlassung nicht haben, nur dann, wenn in den?
Staate, in welchem sich ihr Wohnsitz oder ihre Nie-
derlassung befindet, nach einer im "Reichsgesetzblatt"
enthaltenen Bekanntmachung deutsche G.einenSchutz
genießen. Eine solche Bekanntmachung ist zwar
bis zum Schluß des I. 1892 im "Reichsgesetzblatt"
nicht erschienen, doch hat das Deutsche Reich mit
einer Anzahl von Staaten Verträge abgeschlossen,
welche die Gegenseitigkeit verbürgen: mit Belgien
12. Dez. 1883 (die deutschen Reichsangehörigen
sollen in Belgien und die belg. Angehörigen in
Deutschland in Bezug auf die gewerblichen Muster
und Modelle denselben Schutz wie die Einheimischen
genießen). Ebenso mit Serbien 3. Juli 1886. Im
wesentlichen übereinstimmend findet sich folgender
Satz in den Verträgen mit nachgenannten Staaten:
In betreff der Bezeichnung oder Etikcttierung der
Waren oder deren Verpackung, der Muster und der
Fabrik- oder Handelszeichen follen die Unterthanen
eines jeden der vertragschließenden Teile in dem
andern denselben Schutz wie die Inländer genießen.
Ferner: Vertrag des DeutschenZollvereins mitFrank-
reich vom 2. Aug. 1862, erneuert 12. Okt. 1871: mit
Großbritannien 30. Mai 1865 (ausgedehnt auf das
Deutsche Reich nach der Deklaration vom 14. April
1875); Vertrag Deutschlands mit Portugal vom
2. März 1872; mit den Vereinigten Staaten von
Amerika vom 11. Dez. 1871; mit Spanien vom
12. Juli 1883 (mit Ausdehnung auf Modelle und
Patente und mit dem Zufatz: Der Schutz der Muster
und Modelle wird unabhängig davon gewährt, ob
die Herstellung der betreffenden Gegenstände im
Inlande stattfindet oder nicht). Soweit in den vor-
genannten Staaten G. überhaupt geschützt wer-
den, wird danach die Gegenseitigkeit wohl als ver-
bürgt angesehen werden dürfen. Das würde also
der Fall sein mit Nordamerika und mit England.
Die Schweiz schützt nach dem Bundesgesetz vom
21. Dez. 1888 gewerbliche Muster und Modelle
(auf 2, 5, 10 oder 15 Jahre). Doch erstreckt sich
der Gegenseitigkeitsvertrag mit der Schweiz nicht
auf diesen schütz. Die franz. Gefetze vom 19. Juli
1793, 18. März 1806 und 29. Aug. 1825 (^oäs
p6nal Art. 425 - 429) werden dahin verstanden,
daß sie sich nur auf Geschmacksmuster beziehen.
Mit Österreich-Ungarn und mit Italien, in welchen
beiden Ländern zur Zeit die G. nicht geschützt wer-
den, hat das Deutsche Reich Verträge 6. Dez.
1891 und 18. Jan. 1892 abgeschlossen/ Dieselben
enthalten die Bestimmung, daß die Angehörigen
des einen der vertragschließenden Teile in den Ge-
bieten des andern in Bezug auf den Schutz von
Erfindungen, von Mustern (einschließlich der G.)
und Modellen dieselben Rechte w:e die eigenen An-
gehörigen genießen. Den Angehörigen im Sinne
dieser Vereinbarungen sind gleichgestellt andere Per-
sonen, welche in den Gebieten des einen der vertrag-
schließenden Teile ihren Wohnsitz oder ihre Haupt-
niederlassung haben. Wird ein Muster oder Modell
oder eine Erfindung in dem einen Staate behufs
Erlangung des "^chutzes angemeldet und binnen
einer Frist von 3 Monaten die Anmeldung auch
in dem andern Staate bewirkt, so soll diese spätere
Anmeldung allen Anmeldungen vorgehen, welche
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