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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gemüse

burg), Rent- und Forstamtes, von großen runden Türmen umgeben, hat (1890) 2012 E., darunter 119 Evangelische und 90 Israeliten, Post zweiter Klasse, Telegraph, Brücke über die Saale (1470), got. Pfarrkirche, 1488 vom Fürstbischof von Scherenberg erbaut, Rathaus im Renaissancestil (1593), Krankenhaus, Idiotenanstalt, Schloßruine Scherenburg, Reste der 1243 abgebrochenen Burg Slorburg (12. Jahrh.); Schiffahrt, Schiffbau, Fischerei, Gerberei, Lohe- und Holzhandel, Obst- und Weinbau. 1071 kam G. an die Grafen von Rieneck, 1213 an das Hochstift Würzburg. - 2) G. an der Wohra, Stadt im Kreis Frankenberg des preuß. Reg.-Bez. Cassel, 15 km im SO. von Frankenberg, an der mittels der Ohm zur Lahn fließenden Wohra, in 257 m Höhe, hat (1890) 1289 meist evang. E., darunter 77 Israeliten, Postagentur, Telegraph und bedeutende Viehzucht.

Gemüse, Gewächse, die entweder ganz oder in ihren Wurzeln (Rüben), Stengeln (Kohlrabi, Spargel) oder Blättern (Kohl), Früchten und Samen (Bohnen, Erbsen) zur menschlichen Nahrung Verwendung finden. (Hierzu Tafeln: Gemüse I-IV.) Die G. lassen sich nach ihren Eigenschaften und ihrer Nutzungsweise in mehrere Hauptgruppen teilen.

Diese sind:

1) Kohlgewächse, meist der Gattung Brassica (s. d.) angehörig, in ihren oberirdischen Teilen, den Blättern, Stengeln oder Blütenständen, durch vermehrte Zellenbildung substanzreicher, zarter und milder geworden (Blattkohl, Kopfkohl, Wirsing, Rosenkohl, Blumenkohl, Broccoli, Kohlrabi u. a.). (S. Taf. I, Fig. 1-14; vgl. dazu Artikel Brassica.)

2) Spinatgemüse, deren meist substanzreiche Blätter und sonstigen grünen Teile gekocht und in musartigem Zustande auf den Tisch kommen (Spinat, Sauerampfer, Gartenmelde, Mangold). (S. Taf. I, Fig. 15, 16; Taf. II, Fig. 1; vgl. dazu die Artikel: Spinat und Beta.)

3) Salatgewächse, mit weichen, mehr oder weniger substanzreichen, meistens angenehm bitterlich, scharf oder gewürzhaft schmeckenden Blättern, welche gewöhnlich roh und nur etwas angesäuert und gewürzt, auch wohl mit einem Zusätze von Fett zu Fleischspeisen genossen werden (Gartensalat nebst Endivie, Feldsalat, Gartenkresse, Brunnenkresse, Rapünzchen u. a.). (S. Taf. II, Fig. 2-8; vgl. dazu die Artikel: Gartensalat, Feldsalat, Valerianella.)

4) Lauchgewächse, ausschließlich der Gattung Allium (s. d.) angehörig, in ihrem unterirdischen Teile (Zwiebel) oder auch in Stengeln und Blättern einen scharfen, eigentümlich riechenden, die Verdauung reizenden zähen Saft enthaltend, teils roh als Gewürz, teils gekocht als G. verwendbar (Porree, Schalotte, Schnittlauch, Speisezwiebel, Winterzwiebel, Knoblauch u. a.). (S. Taf. II, Fig. 9-13; vgl. dazu die Artikel: Zwiebel und Porree.)

5) Wurzel- und Knollengewächse, mit fleischig verdickten, mehr oder weniger saftigen Wurzeln, in denen die nahrhaften oder zum Genusse einladenden Substanzen abgelagert sind, z. B. Kohlrübe, Kerbelrübe, Mohrrübe, Pastinake, Haferwurzel, Zuckerwurzel, Schwarzwurzel, Sellerie, Wurzelpetersilie. Einige werden wegen ihrer pikanten, Appetit erregenden Schärfe selbst roh verspeist, wie Meerrettich, Rettich, Radieschen u. a. (S. Taf. II, Fig. 14-18; Taf. III, Fig. 1-14; vgl. dazu die Artikel: Kohlrübe, Brassica, Mohrrübe, Pastinake, Haferwurzel, Scorzonera, Sium, Sellerie, Rote Rübe, Rettich, Petersilie.)

6) Hülsengewächse, Hülsenfrüchte, wegen des bedeutenden Gehalts an Stickstoff im Samen Nährpflanzen ersten Ranges. Der Stickstoff ist im reifen Samen reichlich, im unreifen Samen nur erst in geringen Mengen angesammelt und im Legumin, einer eiweißhaltigen Substanz derselben, abgelagert; zum Teil sind die jungen Samen wie auch die zarten Hülsen als Grüngemüse geschätzt. In dieser Beziehung kommen hauptsächlich in Betracht: Gartenerbse, Bohne, Puffbohne. Reife Samen werden genossen von Erbsen, Bohnen und Linsen. (S. Taf. III, Fig. 15; Taf. IV, Fig. 1-3; vgl. dazu die Artikel: Gartenerbse, Gartenbohne.)

7) Kürbisgewächse, mit reichlich entwickeltem, saftigem, erfrischendem, oft angenehm duftendem Fruchtfleische. Die Früchte werden entweder roh als Delikatesse (Melone) oder als Salat zubereitet oder eingemacht verspeist (Gurke), seltener durch Kochen für den Tisch vorbereitet (Kürbisbrei). Hierher zählen Gurke, Kürbis, Melone, Wassermelone. (S. Taf. IV, Fig. 4-9; vgl. dazu die Artikel: Gurke, Kürbis, Melone.)

8) Spargelartige Gewächse. Mehrere Jahre ausdauernde Pflanzen, von denen die jungen Triebe, die Blattrippen oder Teile der Frucht in der Küche zubereitet werden. Hierher gehören Spargel, Rhabarber, Kardy, Artischocke. (S. Taf. IV, Fig. 10, 12, 13; vgl. dazu die Artikel: Spargel, Kardy, Cynara.)

9) Gewürz- und Küchenkräuter, ausgezeichnet durch den gewürzigen Geruch und Geschmack der Blätter, Früchte oder Samen und zum Zwecke des Würzens der Speisen in der Küche verwendet (Petersilie, Kerbel, Sellerrie^[korrekt: Sellerie], Estragon, Majoran, Thymian, Tomate, Dill, Bohnenkraut u. a.). (S. Taf. IV, Fig. 11 u. 14; vgl. dazu die Artikel: Sellerie und Liebesapfel.)

Die als G. kultivierten Gewächse gehören verschiedenen Pflanzenfamilien an. Einen großen Beitrag liefert die Familie der Kruciferen (Kohlarten, Rettich, Radieschen), ferner die Papilionaceen (Bohne, Erbse), die Umbelliferen (Möhre, Petersilie, Sellerie), die Liliaceen (Laucharten), die Cucurbitaceen (Gurke, Melone, Kürbis). Viele Gewürzkräuter gehören den Labiaten an. Andere Familien liefern nur einzelne Vertreter, z. B. die Chenopodiaceen die Spinate, die Solanaceen die Kartoffel, Liebesapfel; die Valerianaceen das Rapünzchen; die Polygonaceen den Rhabarber und Ampfer u. a. (Vgl. auch Gemüsebau.)

Komprimierte G. sind durch Austrocknung konservierbar und durch starkes Zusammenpressen leicht transportfähig gemachte G. Die Darstellung derselben ist von Masson erfunden, aber später von Morel-Fatio und Dolfuß und Verdeil verbessert worden. Die G. werden durch Putzen und Reinigen und durch Ausschneiden der harten Teile auf gewöhnliche Weise wie zum Küchengebrauch vorgerichtet, darauf in einem Behälter von der Form eines großen liegenden Dampfkessels, auf mit Leinen bespannten Rahmen ausgebreitet und so einem Dampfdruck von 3 bis 4 Atmosphären ausgesetzt. Nach dem Dämpfen werden die Rahmen in Trockenkammern übertragen, woselbst eine Temperatur von etwa 40° C. erhalten und unter Zuführung von warmer trockner Lust für beständige Ableitung des in großen Mengen gebildeten Wasserdampfes gesorgt wird. Die trockne Masse wird dann zwischen Blechen in der hydraulischen Presse einem starken Druck ausgesetzt und dabei zu Tafeln von etwa