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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gemüsedistel - Genappesgarn

in hoher Blüte steht. Hochberühmt ist die Pariser Gemüsegärtnerei. Schon 1376 kennt man in Paris eine mit vielen Rechten ausgestattete Gärtnerinnung, die erst 1776 aufgelöst wurde. Aus amtlichen Ermittelungen, welche 1860 angestellt wurden, geht hervor, daß in Paris damals 396 ha Landes der Gemüsekultur gewidmet waren.

Neuerdings hat der Pariser G. nach Umfang wie nach Mannigfaltigkeit der Produktion noch erheblich zugenommen. Noch umfangreicher ist der G. um London herum. Dort werden ungefähr 1800 ha Landes mit Obst und Gemüse bepflanzt, mit denen ungefähr 35000 Menschen beschäftigt sind, um der Stadt einen Teil ihres Bedarfs an Obst und grüner Ware zu liefern. Außerdem kaufen Händler diese Produkte im Innern des Landes auf und mit Ausschluß der zu Schiffe herbeigeführten Waren solcher Art sollen die Eisenbahnen jährlich 70000 t Obst und Gemüse nach London bringen.

Als der eigentliche Begründer des deutschen G. kann Karl d. Gr. gelten, welcher auf seinen Mustergütern die verschiedenen Gemüsearten anbauen ließ und Verordnungen gab zum allgemeinen Anbau derselben. Zu besonderer Blüte gelangte bei uns der G. erst spät, und zwar ebenfalls hauptsächlich in der Nähe volkreicher Städte (z. B. Berlin, Hamburg, Köln, Sachsenhausen bei Frankfurt a. M.), während aber auch einzelne durch Klima und Boden besonders begünstigte Distrikte mit den dort produzierten Gemüsen einen einträglichen Handel treiben. Seit längerer Zeit sind in dieser Hinsicht berühmt: Bamberg, Ulm, Erfurt, Braunschweig, Magdeburg, Lübbenau, Liegnitz, Quedlinburg, Aschersleben, Zerbst u. a. Besonders auf Rieselfeldern wird der G. neuerdings in großem Umfang betrieben (Paris, Berlin, Danzig). Neuerdings sind dem G. neue Absatzquellen eröffnet worden durch Konservierung der Gemüse (s. Dörrgemüse und Gemüse, S. 760 b). Solche Konservenfabriken befinden sich in Hildesheim, Cöthen, Münsterberg i. Schl. und andern Orten.

Vgl. Rümpler, Illustrierte Gemüse- und Obstgärtnerei (Berl. 1879); B. von Uslar, Der G. (Bd. 14 der "Thaer-Bibliothek", ebd. 1880); Bouché, Der G. (3. Aufl., Lpz. 1890); Böttner, Praktische Gemüsegärtnerei (Frankf. a. O. 1888); Gressent, Einträglicher G. (2. Aufl., Berl. 1890); Barth, Der G. (Osterwiek 1890); Barfuß, Der wirtschaftliche G. (Güstrow 1892); Lebl, Gemüse- und Obstgärtnerei (2 Bde., Berl. 1892).

Gemüsedistel, s. Cirsium.

Gemüseeulen (Mamestra), Gattung der Eulen (s. d.) mit 35 deutschen Arten, deren fleischige, walzige, glatte Raupen dem Gemüse öfter schädlich werden; so die der Kohleule (Mamestra brassicae L.) oder der Herzwurm dem Kohl und Salat, die der Erbseneule (Mamestra pisi L.) den Hülsenfrüchten, die der Salat- (Mamestra oleracea L.) oder eigentlichen Gemüseeule allerlei Gartengewächsen.

Gemüsegarten, s. Garten.

Gemüsekonserven, Gemüsepräserven, s. Dörrgemüse und Gemüse (S. 760 b).

Gemüsetreiberei, s. Treiben der Pflanzen.

Gemüsewanze (Strachea oleracea L.), Kohlwanze, eine sehr häufige Art der Landwanzen (s. Wanzen) von 6 bis 7 mm Länge, glänzend dunkelgrün oder blau mit weißen oder gelben oder roten Abzeichen an der Brust, dem Schildchen und den Lederteilen der Vorderflügel. Sie findet sich oft massenhaft auf Kohlarten vor, von deren Säften sie saugend sich ernährt, ist aber mehr lästig als gerade schädlich.

Gemüt nennt man die Seele als Princip der Gefühle und Neigungen, gleichbedeutend mit Herz, dem Kopfe entgegengesetzt. Gemütlosigkeit ist Mangel an regem Mitgefühl, an Wohlwollen, Dankbarkeit u. s. w. Die Gemütsart bezieht sich sowohl auf die Grade als auf die Arten der bei einem Menschen vorherrschenden Gefühle. Das G. ist schwach, wenn der Mensch äußern Einwirkungen und den dadurch hervorgerufenen Gefühlen keine innere Gegenkraft entgegenstellen kann, stark, wo dies der Fall ist. Mit der Stärke des G. hängt die Thatkraft zusammen. Gemütlichkeit legt man einem Menschen bei, der durch seine eigene Gemütsäußerung das G. eines andern Menschen in einen angenehmen Zustand versetzt. Gemütsbewegungen nennt man alle stärkern, oft rasch und plötzlich eintretenden Abänderungen der vorhandenen Gemütslage (s. Affekt), im Gegensatz zur Gemütsruhe, die nicht einen gänzlichen Mangel aller geistigen Regsamkeit, sondern ein solches Verhältnis der den Seelenzustand zusammensetzenden Bewegungen bezeichnet, wo die Bedingungen der Besinnung und Überlegung nicht aufgehoben sind. Gemütsbewegungen wirken oft lange nach und können dem Leben schädlich werden. - Vgl. Jungmann, Das G. und das Gefühlsvermögen der neuern Psychologie (Innsbr. 1869). (S. Gefühl, psychologisch.)

Gemütsbewegung, s. Gemüt und Affekt.

Gemütskrankheiten (Gemütsstörungen) nennt man bisweilen euphemistisch die Geisteskrankheiten (s. d.) überhaupt, dann besonders die, bei denen der Kranke sich in einer krankhaften Gemütsstimmung befindet, während eine Störung der Intelligenz weniger hervortritt. Schon heftige Leidenschaften (s. d.), welche die Ruhe des Herzens stören und dadurch eine innere Verwirrung hervorbringen, nähern sich den G., z. B. heftige Liebe, Eifersucht u. s. w. Vorzugsweise gehört zu ihnen die Melancholie u. s. w.

Genala (spr. dsche-), Francesco, ital. Arbeitsminister, geb. 6. Jan. 1843 in Soresina (Provinz Cremona), studierte bis 1862 an der Universität Siena die Rechte, trat 1866 unter Garibaldis Alpenjäger und bereiste dann ganz Europa, namentlich Deutschland und England. Von seinem Heimatsbezirk in die Kammer gesendet, that er sich auf seiten der Linken hervor. Von Florenz erhielt er das Ehrenbürgerrecht für seine Mitarbeit bei Ordnung der städtischen Finanzen, worauf er daselbst Vorlesungen über Verfassungsrecht hielt. 1883 übernahm er unter Depretis das Amt eines Arbeitsministers, um 1885 die Eisenbahnkonventionen vorzulegen, welche erst nach einem erbitterten Kampfe durchgingen. Ferner nahm er Verbesserungen auf dem Gebiet der Telegraphen und der Post sowie der Häfen und Landbonifikationen in Angriff, mußte aber, überarbeitet, 1887 zurücktreten; 1892 wurde er unter Giolitti wieder Arbeitsminister, starb aber 8. Nov. 1893 in Rom.

Gênant (frz., spr. schänáng oder schänánt), s. Gêne.

Genappe (spr. schĕnápp), s. Waterloo.

Genappesgarn (spr. schĕnapp-), auch Ispahangarn, ein mindestens zweifädiges scharf gedrehtes Gezwirn aus Alpakahaaren, Mohair (Haar der Angoraziege) oder den ungekräuselten langen Haaren des Landschafs, zur Erzielung einer glatten Oberfläche gesengt.