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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Guillotière - Guillotine
gelegentlicl) vorkommen, genügt die Anwendung
einfacher Drehbänke, mit welchen man durch einen
sog. Versetzkopf mittels einer Stahlspitze Kreislinien
von verschiedener Größe und Anordnung auf die
ebene Oberstäche des Werkstücks einritzt; man erhält
somannigfaltigezierlicheZeichnungen(f.nachstehende
Fig. 1 u. 9). Bedeutend größere Variationen und
mehrverschlungene Linien läßt die Einschaltung eines
Ovalwerkes und am Nande gekerbter Patronen zu.
Zur Herstellung ganz feiner Arbeiten, beispiels-
weise der Druckplatten und Walzen für Wertpapiere
Fig. 2.
und Zeugdruck, bedarf man der eigentlichen Guillo -
chiermaschinen. Im Princip bestehen diese, wie
iede andere Werkzeugmaschine, aus einem Teil zur
Aufnahme des Werkstücks und einem solchen für das
Werkzeug, welches bei Guillochiermafchinen in einer
Stahlspitze, für feine Gravierungen wohl auch in
einem Diamant besteht. Die beabsichtigte Bearbei-
tung des Werkstücks erfolgt entweder durch alleinige
Bewegung desfelben gegen das Wertzeug oder des
Werkzeugs gegen das Werkstück, oder auch durch
die gleichzeitige Bewegung beider gegeneinander, je
nach der mehr oder minder komplizierten Art der
Zeichnung. In den Mechanismus zur Übertragung
der Antriebsbewegung auf das Werkzeug sind sog.
Patrouen eingeschaltet, meist stählerne oder
bronzene Scheiben, deren Ränder nach Figuren ge-
schweift sind, die den zu erzeugenden Figuren geo-
metrisch ähnlich sind. Diese Figuren werden durch
einen Stift, Anlauf oder Taster, der gegen den
Rand einer solchen Patrone schleift, durch ent-
sprechende Hebelndersetzungen und durch die Spitze
des Werkzeugs auf das Werkstück übertragen. Über
die zur Erzeugung von plastisch erscheinenden Bil-
dern von Reliefs, Münzen u.s.w. dienenden Relief-
Guillochiermafchinen s. Reliefkopiermaschinen.
Guillotiere, La (fpr. gijotiähr), Vorstadt von
Lyon (s. d.).
Guillotin sspr. gljötäng), Joseph Ignace, franz.
Mediziner, geb. 28. Mai 1738 in Samtes, war
anfangs Jesuit, studierte aber dann Medizin und
war Arzt in Paris. Er gehörte zu der Kommission,
die die Mesmerschen Kuren untersuchte und ihre
Gefährlichkeit bei der Krankenbehandlung nachwies.
Durch eine Schrift über die vorzunehmenden Re-
formen (1788) gewann er die Volksgunst und wurde
m die Nationalversammlung gewählt, wo er sich
unter anderm für eine bei allen Ständen gleiche
Vollziehung der Todesstrafe durch Enthauptung
mittels eines einfachen Mechanismus aussprach.
Gleich darauf wurde in einem uach einer Menuett-
melodie singbaren Spottgedicht der Royalisten (ab-
gedruckt im "^oui'Qiil äes ^cwä äeZ ^poti-oä", Nr.10)
dieser Mechanismus Guillotine genannt, welcher
Name dann später auf das von andern angegebene
und hergestellte Werkzeug (s. Guillotine) überging.
Nach Schluß der Nationalversammlung zog sich G.
ins Privatleben zurück und entging selbst nur der
Hinrichtung durch den Sturz Nobespierres. Er starb
26. März 1814. - Vgl. Korn, Iosepb Ignace G.
(Dissertation, Verl. 1891).
Guillotine (spr. gijo-), die während der Re-
volution in Frankreich vom Konvent eingeführte,
uach dem Arzte Joseph Ignace
Gnillotin (s. d.) benamse Köpf-
maschine. Sie besteht im we-
sentlicben aus zwei, oben durch
eiuen Querbalken verbundenen
Ständern, zwischen welchen in
Falzen ein scharfes, schräg ge-
stelltes Eisen durch seine eigene
Schwere mit Heftigkeit auf den
Nacken des darunterliegenden,
auf ein Brett gebundenen Ver-
urteilten herabfällt. DieSicher-
beit und Schnelligkeit, womit
diese Maschine den Kopf vom
Rumpfe trennt, giebt ihr den
Vorzug vor dem mit der Hand
geschwungenen Schwerte oder
Beile. Die Erfindung solcher Hinrichtungsmaschinen
wird den Persern zugeschrieben. Abnliche Vorrich-
tungen waren in Europa fast bei allen Völkern seit
dem Mittelalter im Gebrauch. In Italien war es seit
dem 13. Jahrh, ein Vorrecht der Adligen, durch
eine dergleichen Maschine, welche Mannaia hieß,
den Todesstreich zu erleiden. Konradin von Schwa-
ben wurde 1208 zu Neapel durch eine von den
Deutschen so genannte welsche Falle hingerich-
tet, desgleichen ward Beatrice Cenci in Rom durch
eine derartige Maschine enthauptet (1599). Auch
in Deutschland bediente man sich im Mittelalter
eines der G. ähnlichen Instruments, das man die
Diele, den Hobel oder Dolabra nannte; doch
wirkte dabei das Eisen nicht durch den Fall, son-
dern wurde durch den Nacken des Hinzurichtenden
gestoßen. Seit dem 17. bis ins 18. Jahrh, hinein
wendete man in England unter dem Namen der
Jungfrau eine ähnlich konstruierte Köpfmaschine
an. Daß man auch in Frankreich früher einen sol-
chen Apparat gebrauchte, beweist die Hinrichtung des
Herzogs von Montmorency, welcher der Beschrei-
bung nach 1632 zu Toulouse durch ein Fallbeil ge-
köpft wurde. Auch bedienten sich noch im 18. Jahrh,
die Niederländer einer Köpfmafchine bei Hinrich-
tung der Sklaven in ihren Kolonien.
Wie nun aber der Arzt Gnillotin nicht der Er-
finder der Maschine ist, so hat er auch nur einen
mittelbaren Anteil an der Wiedereinführung in
Frankreich. Guillotin hat nur als Mitglied der
Nationalversammlung am 10. Okt. 1789 vorge-
schlagen, die Todesstrafe ohne Unterfchied des
Standes und Verbrechens auf einerlei Weise zu
vollziehen und dabei irgendeine Maschine in An-
wendung zu bringen, die den Akt schneller und siche-
rer ausführe als die Hand eines Henkers. Als
hierauf das neue Strafgesetzbuch in der Versamm-
lung zur Verhandlung kam, wurde 21. Dez. auf
Guillotins Vortrag aus Gründen der Humanität
die Gleichförmigkeit der Todesstrafe ohne Unter-
schied des Standes und Verbrechens als Gesetz aus-