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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Haftstrafe - Hagebutten
Ein Haftpflichtschutz-Verband deutscher
Industrieller bildete sich 1892 in Düsseldorf, der be-
zweckt, durch fachwissenschaftliche Untersuchungen
dahin zu wirken, daß die nach dem Nnfallversiche-
rungsgesetz verbliebene, bez. durch die socialpolit.
Gesetzgebung neugeschaffene Haftpflicht derart be-
schränkt werde, daß sie nicht über die Grenzen der
Billigkeit hinausgeht, bez. in den Kreis der berufs-
genossenschaftlichen Unfallversicherung einbezogen
wird. Der Verband, dessen Sitz Köln ist, giebt
seinen Mitgliedern sachverständigen Rat in Haft-
pflichtstreitfällen und beabsichtigt auch die Einfüh-
rung einer Haftpflichtversicherung.
Vgl. ^chwauck, Die deutsche Haftpflichtfrage und
ihre Losung (Düsseld. 1881); Steiner, Zur Haft-
pfiichtfrage Wien 1881); Genzmer, Das Reichs-
haftpflichtgesetz (Berl. 1882); Flesch, Haftpflicht,
Unfallversicherung und Normalarbeitstag (Münch.
1883); Mühlenfels, Die Haftpflicht der Eisenbahnen
und die Unfallversicherung (Berl. 1884); Endemann,
Die Haftpflicht der Eisenbahnen, Bergwerke u. s. w.
(ebd. 1885); Eger, Das Neichshaftpflichtgesetz
(3. Aufl., Bresl. 1886).
Haftstrafe, Haft bezeichnet im Strafgesetzbuch
für das Deutsche Reich eine Freiheitsstrafe, und
zwar die leichteste. Sie ist hauptsächlich für Übertre-
tungen, d. i. Polizeivergehen, bestimmt und besteht
regelmäßig in einfacher Freiheitsentziehung von
einem Tage bis zu sechs Wochen (§. 18); nur Land-
streicher, Bettler, liederliche Dirnen und arbeitsscheue
Personen können während der Haft zu Arbeiten,
welche ihren Fähigkeiten und Verhältnisen angemes-
sen sind, angehalten werden (§. 362). Wenn jemand
wegen verschiedener Übertretungen mehrfach H. ver-
wirkt hat, so ist gegen ihn auf einen Gesamtbetrag,
der jedoch drei Monate nicht überschreiten darf, zu
erkennen (§. 77). Die Vollstreckung einer rechts-
kräftig erkannten H. verjährt in zwei Jahren (§. 70,
Nr. 6). Bezüglich solcher Personen, welche bei der
H. zu Arbeiten angehalten werden können, ist die
höhere Polizeibehörde (Landespolizeibehörde) be-
fugt, dieselben bis zu zwei Jahren zu gemeinnützi-
gen Arbeiten zu verwenden oder nach verbüßter H.
in ein Arbeitshaus unterzubringen. Diese Neben-
strafe (Nachhaft, Korrektionshaft) kann nur
verhängt werden, wenn bei der Verurteilung durch
den Richter zugleich erkannt worden ist, daß die
verurteilte Person der Landespolizeibehörde zu über-
weisen sei. Der Haft des Deutschen Strafgesetzes
entspricht der Arrest des Österreichischen.
Über Haft als Sicberungsmittel in bürgerlichen
Rechtssachen s. Arrest (im Civilprozeßverfah-
ren), als Maßregel der Exekution im Civilprozeß
s. Zwangsvollstreckung und Offenbarungseid, als
Mittel, ein Zeugnis zu erzwingen, s. Zeuge. Gegen
den Gcmcinschuldner kann Haft nach der Deutschen
Konkursordnung (§. 93) vom Konkursgericht ange-
ordnet werden, wenn derselbe die ihm vom Gesetz auf-
erlegten Verpflichtungen nicht erfüllt, oder wenn es
zur Sicherung der Konkursmasse als notwendig er-
scheint. Bezüglich der Ausführung und Dauer und
Aufbebung der Haft kommen die Vorschriften der
Civilprozetzordnung zur Anwendung. Nach der
Osterr. Konkursordnung (ZZ. 98, 99) kann die Haft
sowohl wegen Fluchtverdachts als auch dann ver-
hängt werden, wenn der Gemeinschuldner die Vor-
legung eines Vermögens und ^chuldenverzeichnisses
oder die Leistung des von ihm zu schwörenden
Osfenbarungscides verweigert oder den Aufträgen
des Konkursgerichts beharrlichen Widerstand ent-
gegensetzt.
Endlich können nach dem Deutschen Gerichts-
verfassungsgesetz §§. 178, 179 in Gerichtssitzungen
Parteien, Beschuldigte, Zeugen, Sachverständige
oder bei den Verhandlungen nicht beteiligte Per-
sonen auf Beschluß des Gerichts zur Haft (welche
24 Stunden nicht übersteigen darf) abgeführt wer-
den, wenn sie den zur Aufrechthaltung der Ordnung
erlassenen Befehlen nicht gehorchen; mit sofort zu
vollstreckender Haft bis drei Tagen oder Geldstrafe
bis 100 M. können sie bestrast werden, wenn sie sich
einer Ungebühr schuldig machen.
Haftzeher, Eidechsenfamilie, s. Geckonen.
Hag, soviel wie Hecke, s. Einfriedigung.
^s"L., hinter der wissenschaftlichen Benennung
niederer Tiere, besonders Insekten, Abkürzung für
Hermann August Hagen, einen deutschen in
Nordamerika lebenden Entomologen, geb. 1817.
Hagädah, richtiger Haggada (hebr., wörtlich:
"das Sagen"), in der rabbinischen Sprache der Teil
der jüd. Überlieferung, der den biblischen Inhalt
nach ethischen, erbaulichen, geschichtlichen Motiven
behandelt. In beiden Talmuden wechselt die H. oft
mit der strengen Diskussion der gesetzlichen Be-
stimmungen (Halacha, s. d.). Die "Bücher der
Haggada", die von ältern Autoren zuweilen an-
geführt werden, sind nicht mehr vorhanden. Die
oft erschienene "Haggada vonPeßach" enthält
das Ritual der an den beiden ersten Abenden des
Passahfestes stattfindenden Familienandachten.
Hagar, eine von dem nomadischen Stamm der
Hagriter abgeleitete Figur. Die israel. Sage be-
zeichnet sie als Kebse Abrahams, Mutter Ismaels
(s. d.), des Sohnes Abrahams. Abraham verstößt
sie auf Antrieb feines Weibes Sara nach der jahwi-
stischen Erzählung vor Ismaels und Isaaks Ge-
burt, nach der elohistischen nach beider Geburt,
bei Isaaks Entwöhnung. Diese Sagen spiegeln die
Beziehungen der Nomaden der zwischen Palästina
und Ägypten liegenden Wüste zum Heiligtum zu
Hebron wieder (s. Abraham). Im Neuen Testament
(Gal. 4, 21 fg.) deutet Paulus den Namen der H.
allegorisch aus und versteht darunter den "Stein"
(Berg) der mosaischen Gesetzgebung. Viele Fabeln
über H. finden sich bei den Mohammedanern, die sie
als Stammmutter der ismaelitischen Araber ver-
ehren und nach ihrem angeblichen Grabe zu Mekka
wallfahrten. Die Sage von H. hat wiederholt
Maler (Adr. van der Wersf, P. Veronese, Lesueur,
Elsheimer, Aug. Richter) und Bildhauer (Wittig,
Theed) zu Darstellungen angeregt.
Hagebuche, s. Hornbaum.
Hagebutten oder Hanbutten, die Früchte ver-
schiedener Arten der Rose (s. d.), besonders von Nosa
vi11o83. ^. (1^088, ponntLi-H Äs^M.) und in neuester
Zeit von der sehr großfruchtigen Ü.089. i-u^033. IM.
aus Japan. Das Wort Hagebutte kommt von Hagen,
dornigerHeckenstrauch,wie auch imWorteHagedorn,
und Butte bezeichnet die Form der Frucht; diese ist
aus der Kelchröhre hervorgegangen, also eine Schein-
frucht; die samenartigen Steinchen im Innern der
H. stellen mithin die Früchte dar; das etwas magere
rotgefärbte Fleisch enthält Schleimzucker, Gummi,
Gerbstoff, Apfel-und Citronensäure; dasselbedient
zur Bereitung von Suppen, Kompotts und Konser-
ven. Zu diesem Zweck werden die Früchte der Länge
nach auseinandergeschnitten und das Innere sorg-
fältig von Steinen und den feinen Borsten gereinigt.