Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Harrach'
die böhm. Linien des Geschlechts, das bereits in Urkunden des Stifts Hohenfurth aus dem
13. Jahrh. mehrfach erwähnt wird, allmählich ausstarben, nahm es in den deutschen Erdlanden
einen großen Aufschwung, besonders als es sich mit der Erwerbung der Herrschaft Rohrau
1527 in Niederösterreich festsetzte. – Der Freiherr
Karl von H. (1570–1628), der in österr. Interesse
mehrere wichtige diplomat. Missionen ausgeführt hatte und Geheimrat Kaiser Ferdinands
II. war, wurde von diesem 1627 in den erblichen
Reichsgrafenstand erhoben. Von seinen Töchtern vermählte sich Elisabeth mit Albrecht von
Wallenstein, Maximiliana mit Graf Adam Terzky. Sein ältester Sohn,
Ernst Albrecht von H. (1598–1667), war Kardinal und
Erzbischof zu Prag, seit 1665 auch Fürstbischof zu Trient, und machte sich in der Geschichte
der böhm. Unruhen bekannt. Von seinen Brüdern stiftete Karl Leonbard die 1886 erloschene
Linie Rohrau (Fideikommiß seit 1628), Otto Friedrich die Linie zu Brück an der Leitha.
Des letztern Sohn, Ferdinand Bonaventura von H.
(geb. 14. Juli 1637, gest. 15. Juni 1706), der Vertraute Kaiser Leopolds, wurde 1697
als außerordentlicher Gesandter an den span. Hof geschickt, wo er sich bemühte, die Nachfolge
der österr. Linie des Hauses Habsburg durchzusetzen.
(S. Spanischer Erbfolgekrieg.) Er hinterließ
«Mémoires et négociations secrètes» (2 Bde., Haag 1720).
(Vgl. Gaedeke, Die Politik Österreichs in der span. Erbfolgefrage, 2 Bde., mit H.s Depeschen,
Lpz. 1877.) – Sein vierter Sohn,
Aloys Ludwig Thomas Raymund von H., geb. 7. März 1669,
trat 1698 als Gesandter an des Vaters Stelle in Madrid, richtete jedoch noch weniger als
dieser aus. Er wurde 1728 Vicekönig von Neapel, für dessen Wohl er eifrig wirkte,
1734 Konferenzminister und starb 7. Nov. 1742. Hervorragende Begabung und treuer Diensteifer
für Maria Theresia zeichneten des letztern Sohn
Ferdinand Bonaventura (1708–78) aus, der sich besonders
als Generalstatthalter der Lombardei (1747–50) um diese verdient machte. – Der jüngste Sohn
des Grafen Ferd. Bonaventura, Johann Joseph Graf H.
(geb. 1678, gest. 1764), focht unter dem Prinzen Eugen von Savoyen in Italien, Ungarn und
Serbien, kommandierte als kaiserl. Generalfeldzeugmeister mit großem Heldenmute das zweite
Treffen in der Schlacht bei Peterwardein (1716) und bei der Belagerung von Belgrad (1717),
wurde bald darauf Feldmarschall und nach dem Tode des Prinzen Eugen von Savoyen Präsident
des Hofkriegsrates. – Graf Friedrich August von H.,
Sohn des Grafen Aloys Ludwig, geb. 1696, war kaiserl. Botschafter bei dem Friedenskongreß
zu Breda in Holland 1740 und vermittelte den Frieden zu Dresden mit König Friedrich
II. von Preußen. Obschon Vertrauensmann der Kaiserin
Maria Theresia, stand er als einflußreiches Mitglied des österr. Adels in Opposition gegen
ihre aristokratischen und centralistischen Absichten in Bezug auf die Organisierung und
Verwaltung des Reichs. Er starb 1749 als letzter böhm. oberster Hofkanzler. – Graf
Karl Borromäus von H., ein Urenkel des Grafen
Aloys L. Th. Raymund von H., geb. 11. Mai 1761, studierte in Wien die Rechte und nebenbei
Heilkunde, erregte durch seinen lebhaften Geist die Aufmerksamkeit Josephs
II. und wurde znm Regierungsrat in Prag ernannt.
Nach Josephs Tode legte er dies Amt nieder, trat in den Johanniterorden und ging
↔ auf Reisen, um sich in der Arzneiwissenschaft auszubilden. Nachdem er 1803
die mediz. Doktorwürde erlangt, übte er 25 Jahre lang in Wien unentgeltlich die Heilkunde aus.
1806 trat er in den Deutschen Orden über und leitete seit 1814 das Elisabethinerinnenspital
in Wien, dem er auch sein ganzes Vermögen hinterließ. Er starb 19. Okt. 1829 zu Wien. –
Sein älterer Bruder, Graf Johann Nepomuk Ernst von H.,
geb. 17. Mai 1756, gest. 11. April 1829, seit 1779 Regierungsrat, seit 1785 Wirkl.
Reichshofrat unter Kaiser Joseph II., machte sich als
Freund von Kunst und Wissenschaft sowie als Förderer der Linnen- und Eisenindustrie
auf seinen Gütern verdient. Die Tochter seines jüngsten Bruders, des Grafen
Ferdinand von H., und seiner ersten Gemahlin Christine, geborenen Freiin Raysky,
Gräfin Auguste von H., geb. 10. Aug. 1800, lernte in
Teplitz der König von Preußen, Friedrich Wilhelm III.,
kennen, der sich zu Charlottenburg 9. Nov. 1824 morganatisch mit ihr vermählte und ihr an
demselben Tage den Titel einer Fürstin von Liegnitz und
Gräfin von Hohenzollern verlieh. Sie starb 5. Juni 1873 zu Homburg. Ein Neffe derselben, Graf
Ferdinand von H.
(s. d.), geb. 27. Febr. 1832, hat sich als Maler rühmlichst bekannt gemacht. – Der älteste
Sohn des 1884 gestorbenen Grafen Franz von H., Graf
Johann Nepomuk von H., geb. 2. Nov. 1828, jetziges Haupt
der jüngern (Brucker) Linie sowie seit dem 1886 erfolgten Erlöschen der ältern Linie
Erbe von Rohrau und Chef des Gesamthauses, erbliches Mitglied des österr. Herrenhauses,
Magnat in Ungarn und k. k. Geheimrat, ist ein eifriger Anhänger der Czechen, legte aber
wegen der Fortschritte des Jungczechentums 1893 sein böhm. Landtagsmandat nieder.
Harrach, Ferd., Graf von, Maler, geb. 27. Febr. 1832 zu Rosnochau
in Schlesien, studierte seit 1852 in Berlin die Rechte und bezog dann die Kunstschule
in Weimar, wo er sich unter Leitung von Kalckreuth, Ramberg und Pauwels ausbildete. Schon
hatte sich der Künstler durch zahlreiche Werke, wie Gemsjagd (Deutscher Kaiser),
Martinswand (Großherzog von Weimar), Schottische Fischerfamilie (Kaiserin Friedrich),
hervorgethan und eben den Überfall Luthers auf der Rückkehr von Worms (Museum in Breslau)
vollendet, als der Krieg von 1870/71, den H. wie jenen von 1866 mitmachte, seiner Kunst
für mehrere Jahre eine andere Richtung gab. Denn nun folgten nach abermaligem Aufenthalt
in Italien (1872-73) die drei Bilder: Aus den Weinbergen von Wörth, Vorgeschobener Posten
am Mont-Valérien und General Reille überbringt am Abend der Schlacht von Sedan dem Könige
von Preußen den Brief des Kaisers Napoleon, welchen bald ein viertes: Moltke mit seinen
Adjutanten in seinem Observatorium vor Paris, folgte. Darauf kehrte der Künstler wieder
zu romantischen und religiösen Stoffen zurück, von welchen 1877 Des Seekönigs Tod,
1878 Die Verkündigung an die Hirten und Das Opfer Abrahams, 1879 Die Verleugnung Petri
(Museum in Breslau) und 1881 Die Versuchung Christi sein Atelier verließen. In allen ist
die landschaftliche Scene mit großen Beleuchtungseffekten wesentlich. In vielen andern ist
die Landschaft sogar überwiegend, wie im Abend am Thunersee (1881), in dem Übergang
über eine Lawine (1884) und in Abgestürzt (1886; Berliner Nationalgalerie). Seither ist er
vorzugsweise als Maler von Bildnissen thätig. H. ist seit 1873 Mitglied der Berliner Akademie.