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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Karthaune - Kartieren
wahrend seine Mitglieder nebst den beiden an der
Spitze der Exekutivgewalt stehenden Suffeten
vom Volke gewählt wurden. Ihre Amtsdauer ist
ungewiß. Außerdem ward vielleicht um die Zeit
der röm. Decemvirn das Richterkollegium der Hun-
dertvier-, kürzer Hundcrtmä'nner eingesetzt, durch
welches die Verfassung immer mehr den Charakter
einer Oligarchie annahm. Die Einnahmen des
Staates flössen aus den Tributen der unterworfenen
Völker, aus den Zöllen und besonders in der spä-
tern Zeit aus den span. Bergwerken. Die Haupt-
stärke K.s lag in der Seemacht; die Landmacht be-
stand aus Mietstruppen, namentlich Spaniern und
Galliern, sowie aus libyschen Unterthanen; karthag.
Bürger bildeten nur eine kleine Schar. K. war der
bedeutendste Handclsstaat des Altertums; alle seine
Unternehmungen bezweckten wesentlich Ausbreitung
und Förderung seines Handels. Aber im Unter-
schiede von der gewöhnlichen Weise der Phönizier
gründete K. nicht bloß zerstreute Handelsfaktoreien,
sondern erbaute feste Städte und eroberte das an-
liegende Land, und indem es zugleich die ganze
Macht der Phönizier im westl. Meere unter einer
Leitung konzentrierte, trat es zur Behauptung sei-
nes Handelsgebietes im westl. Mittelmeere zuerst
den Griechen und hernach den Römern als große
Militärmacht entgegen. Außer dem großartigen
Seehandel, der die Karthager auch über die Straße
von Gibraltar hinaus an die afrik. und europ.
Küsten des Atlantischen Oceans führte, trieben sie
auch durch Karawanen starken Landhandel. Die kar-
thag. Religion scheint von der der Phönizier sich
nicht wesentlich unterschieden zu haben.
Eine zusammenhängendere Geschichte K.s be-
ginnt erst mit dem Anfang des 5. Jahrh. v. Chr.,
wo die Karthager oder Punier ihre gesamte Macht
aufboten, die Griechen aus Sicilien zu verdrängen.
Den äußern Anlaß zum Kriege gab der von Theron
von Akragas (Agrigent) vertriebene Tyrann von
Himera, der im Verein mit seinem Schwiegersohne
Anarilas von Rhegium die Karthager zu Hilfe rief.
Das große Heer aber, das sie hierauf unter Hamilkar,
dem Sohne des Magon, sendeten, wurde 480 durch
Gelon, den Herrn von Syrakus und Gela, der
Theron zu Hilfe geeilt war, bei Himera vernichtet.
Erst 409 begannen sie, durch die Egestäer gegen die
l^elinuntier angerufen, unter Hannibal, Hamilkars
Enkel, den Krieg wieder und machten dann unter
Himilkon Eroberungen namentlich an der ^üdküste,
schlössen aber, durch eine in ihrem Heere aus ge-
brochene Pest bedrängt, 404 mit Dionysius dem
Altern, dem Tyrannen von Syrakus, einen Frieden,
in dem sie ihre Eroberungen als ihnen tributpflich-
tiges Gebiet behielten. Mehrmal noch haben sich
die Karthager mit Dionysius gemessen, ohne daß
cs zu eincm'dauerndcn Sieg einer Partei kam. Wäh-
rend der unsichern Herrschaft des jüngern Dionysius
breitete K. seine Herrschaft wieder aus; aber der
Sieg Timoleons am Flusse Krimisos um 343 befreite
die unterworfenen griech. Städte wieder und der
Friede von 339 fetzte den Fluß Halykos als Grenze.
Einen neuen großen Krieg begann 312 Agathokles
(s. d.). Nach dessen Tode (289) wurden die Karthager
wieder mächtig in Eicilien, bis Pyrrhus, der König
von Epirus, sie 277 auf Lilybäum beschränkte, jedoch
ohne dauernden Erfolg, da er schon gegen Ende
des I. 276 Sicilien wieder verließ.
Die Unterwerfung des südl. Italien durch die
Römer brachte diese in feindliche Berührung mit den
Artikel, die man unter K verm
Karthagern. In den blutigen Kriegen (s.Punische
Kriege und Hannibal) wurde die Kraft K.s gebrochen.
Der dritte endete mit der Eroberung und gänzlichen
Zerstörung der Stadt. Der kleine ihnen damals
noch gebliebene Rest ihres Gebietes ward zur röm.
Provinz Afrika gemacht. Der Platz der Stadt
war von Scipio mit einem Fluche belegt worden.
Der auf Antrag von Gajus Gracchus 122 v. Chr.
gefaßte Beschluß, eine röm. Kolonie unter dem Na-
men Iunonia daselbst anzulegeil, ward das Jahr
darauf wieder aufgehoben; aber Cäsar gründete 44
eine Kolonie, welche Augustus 29 v. Chr. vergrößerte,
und bald erhob sich K. (abgesehen von Alexandria)
aufs neue zur ersten Stadt Afrikas. 439 n. Chr.
ward es vom Vandalenkönige Genserich genommen,
533 von Belisar, der dem Vandalenreiche ein Ende
machte und die Stadt mit dem Oströmifchen Reiche
vereinigte. Endlich wurde dieses neue K. 697 durch
die Araber zerstört. Beträchtliche Trümmer der röm.
Stadt sowie der Befestigungen und der Cisternen
des alten K. sind noch jetzt bei dem Dorfe Sidi-Bu-
Sai'd vorhanden. Seit Errichtung des franz. Pro-
tektorats in Tunesien ist K. Sitz eines Erzbischofs,
der zugleich Primas von Afrika ist (s. Lavigerie);
ein Palast, ein Kloster u. s. w. erheben sich auf dem
Boden des alten K.
Litteratur. Movers, Die Phönizier, Bd. 2,
Tl. 2 (Berl. 1850); Davis, K. und seine Überreste
(aus dem Englischen, Lpz. 1863); BeM, Nach-
grabungen in K. (aus dem Französischen, ebd. 1863);
Graux, 1^68 lortiticatioiiZ ä6 l^artii^s (Par.1876);
Meltzer, Geschichte der Karthager, Bd. 1 (Berl.1879);
R. B. Smith, OartiiaZo anä tdo 03,i-t1ia^iniaii3
(2. Aufl., Lond. 1879); Tissot, ^soFi-Hpliis compai-SL
ä61a Z)r0vino6 romlüiiß ä'^ki-iHiis (2 Bde., Par.1884
-88); Vernaz, ?0ui1i63 5 (^i-t1iaF6 (1884-85, in
der "IlovuL HrcIi6o1oAiqu6", Bd. 9 u. 10, 1887).
Karthaune, s. Kartaune.
Karthaus. 1) Kreis im preuß. Neg.-Bez. Danzig,
hat 1396,53 <i1cm, (1890) 59 694 (29 237 männl.,
30457 weibl.) E., 136 Landgemeinden und 56 Guts-
bezirke und umfaßt das Plateau von K., den
höchsten Teil des norddeutschen Landrückens, mit
der sog. Karthäuser Schweiz. - 2) K. oder
Carthaus, Dorf und Hauptort des Kreises K.,
34 1cm westlich von Danzig, in schöner Lage an
zwei ^een und an der Nebenlinie Danzig-K.
(51,9 Km) der Preuß. Staatsbahnen, Sitz des Land-
ratsamtes, eines Amtsgerichts (Landgericht Danzig)
und einer Oberförsterei, hat (1890) 2351 meist
kath. E., Post zweiter Klasse, Telegraph, eine schöne
kath. Kirche mit kunstvollen Schnitzereien und Über-
reste einer Kapelle auf dem nahen Spitzberge.
Karthaufer, s. Kartäuser.
Kartliäusernelke, s. Nelke.
Karthli, Karthweli, s. Georgier.
Kartieren, in eine Karte eintragen, im Post-
verkehr die Bezeichnung für die Art und Weife, in
der eine Postanstalt der andern die nachzuweisen-
den bez. quittungsmäßigen Sendungen (Einschreib-
sendungen, Postgeldsendungen, Wertkästchen, Pakete
mit und ohne Wertangabe) mittels einer Karte (auch
mit Abgangs-und Eingangszettel) überweist. Diese
.starte enthält in der Regel die Angabe des Gegen-
standes, Wertbetrags, Gewichts. Dekartieren
oder entkarten nennt man die Vergleichung des
Befundes der eingetragenen Postsendungen. Patete
und Einschreibbriefe werden im Neichspostgebiet
nicht mehr einzeln kartiert, sondern nur der (Htück-
itzt, sind unter C anfznsuchen.