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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Leipzig (Stadt)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Leipzig (Stadt)'

Anmerkung: Fortsetzung von [Post und Telegraph.]

sprechamt erster Klasse, 2 Bahnpostämter, 8 Postämter zweiter Klasse, 9 Stadtpostanstalten und 3 Postämter dritter Klasse. Die Zahl der eingegangenen (aufgegebenen) Briefe, Postkarten, Drucksachen und Warenproben betrug (1895) 47 600 496 (76 646 026), Pakete ohne Wertangabe 2 312 838 (5 144 702), Briefe und Pakete mit Wertangabe 287 300 (291 806), Nachnahmesendungen und Aufträge 228 260 (917 963) mit 2 603 352 (12 144 231) M. angegebenem Wert, der Postanweisungen 3 418 772 (l 280 615) im Werte von 177,661 (80,208) Mill. M. Die Zahl der aufgegebenen Telegramme betrug 535 372 Stück, darunter 128 271 ausländische, der angekommenen 576 018 Stück, der eingegangenen Zeitungsnummern 3 852 714, der abgesandten 15 959 224. An Porto und Telegraphengebühren wurden eingenommen 8 607 230 M. Die Stadtbriefbeförderung «Lipsia» beförderte 1895/96: 2 213 827 Briefe, 1 708 281 Drucksachen, 819 966 Karten, 121 631 Kartenbriefe, 6279 Einschreibebriefe und 8754 Geldanweisungen (Wert 193 978 M).

Die Fernsprecheinrichtung in L. (seit 1. April 1882) hatte (Ende 1895) 2973 Leitungen (4119 km Länge), darunter 1260 unterirdische in 45 Kabeln, 3470 Teilnehmer mit 4149 Sprechstellen. Außerdem bestehen direkte Verbindungen mit Berlin, Hamburg u. s. w. und mit den Industriecentren des Erzgebirges und Vogtlandes. Die Verbindung der Stadt mit der Elbe durch einen Kanal ist geplant; für die Anlage eines Wasserwegs sind vier Projekte ausgearbeitet worden: die Fortsetzung des von Dr. Heine - Plagwitz begonnenen Elster-Saale-Kanals nach Creypau a. S., ein neuer Kanal direkt nach Halle und Aken, oder nach Wallwitzhafen, oder endlich nach Eilenburg-Torgau. Zur Zeit hat nur das erste Projekt Aussicht auf Verwirklichung.

Vergnügungsorte und Umgebung. Die Flußniederung zwischen der innern Stadt und den westl. Vororten umfaßt schöne Wiesen, Wälder und Promenaden. Südwestlich von der Stadt liegt der Johannapark, daran anstoßend südlich der Grassipark, das Scheibenholz und die Rennbahn; nordwestlich das Rosenthal mit dem Konzertgarten von Bonorand, dem Zoologischen Garten und dem Rosenthalberg mit Aussichtsturm (1896) und weiter westlich der Schützenhof; in Leipzig-Lindenau der Charlottenhof mit Teich und der Sportplatz (Rennbahn für Radfahrer). Die Anlage von Elsterbassins nach Art der Hamburger Alsterbassins und eines Palmengartens (Aktiengesellschaft 1890 gegründet), ähnlich dem zu Frankfurt a. M., beide zwischen der Altstadt und Leipzig-Lindenau, sind geplant.

Geschichte. Neben einem slaw. Fischerdorf, das wohl am Zusammenflusse der Pleiße und Parthe lag, und dessen Name (1015 und 1017 Lipzi, später Lipz, im 13. Jahrh. Lipzk, Lypzek, Lipzik, 1450 Leypczik, vom slaw. lipa, Linde) dasselbe bedeutet wie der von Lindenau, entstand auf dem erhöhten Gelände um die heutige Nikolaikirche eine befestigte deutsche Ansiedelung, die wohl schon unter der urbs Libzi Thietmars von Merseburg (1015) zu verstehen ist. 1017 schenkte Kaiser Heinrich II. die Kirche zu St. Nikolai dem Bistum Merseburg, das infolgedessen mit den Markgrafen von Meißen in Streit geriet. Stadtrecht erhielt L. zwischen 1136 und 1170 durch Markgraf Otto den Reichen von Meißen. Allmählich arbeitete sich die Stadt zu voller Selbständigkeit durch. Markgraf Dietrich der Bedrängte mußte nach mehrjähriger Fehde, zu der die Bürgerschaft ↔ durch die Gründung des mit großen Vorrechten und Besitzungen ausgestatteten Augustiner Chorherrenstifts zu St. Thomas 1213 gereizt wurde, 1216 die Privilegien Ottos des Reichen erneuern und versprechen, keine Befestigungen anzulegen, worauf er L. vom Kaiser Friedrich II. zurückempfing. Schon 1217 überfiel er jedoch die Stadt, ließ ihre Mauern brechen und drei feste Schlösser anlegen. Indes gelang es den Bürgern schon während der Minderjährigkeit Heinrichs des Erlauchten, 1224 das Schloß am Paulinerkloster abzubrechen, und vielleicht kam ihnen der Streit über die Oberlehnsherrlichkeit zu gute, den endlich König Rudolf I. 1278 zu Gunsten des Bischofs von Merseburg entschied. Allmählich erwarb die Stadt die Gerichtsbarkeit, und seit 1508 erlangte der Leipziger Schöffenstuhl als Oberhof weitreichende Bedeutung. Ebenso gelang es der Stadt, die landesherrlichen Regalien an sich zu bringen, 1273 das Münzrecht, 1359 den Durchgangszoll, 1363 den Marktzoll. Handel und Verkehr entwickelten sich rasch, da L. an der Kreuzung uralter Handelswege, der thüring.-poln. «Hohen Straße» und der nordsüdlich verlaufenden «Reichsstraße» lag. Die Hauptquelle der Handelsmacht waren die Messen und das damit im Zusammenhang stehende Stapelrecht (s.S.63, Abschnitt Messen u. s. w.). Noch größere Bedeutung erlangte die Stadt, als Friedrich der Streitbare die Universität ins Leben rief. Bei der Leipziger Teilung 1485 fiel die Stadt an die Albertinische Linie.

Luthers Lehre fand auch nach der Disputation vom Juni und Juli 1519 nur langsam Verbreitung. Als es dennoch geschah, schritt Herzog Georg der Bärtige mit scharfen Maßregeln ein. Erst unter Heinrich dem Frommen wurde 1539 die Reformation eingeführt, der die Universität erst später sich anschloß. (Vgl. Seyfert, Die Reformation in L., Lpz. 1883.) Im Schmalkaldischen Kriege wurde L. im Jan. 1547 durch den Kurfürsten Johann Friedrich belagert und die Vorstädte eingeäschert. Kurfürst Moritz begünstigte die Stadt, die er zur Kreishauptstadt machte, und die Universität sehr, ließ die Festung verstärken und den Bau der neuen Pleißenburg beginnen. Kurfürst August verwandelte den Schöffenstuhl in eine landesherrliche Behörde und that viel, um die Handelsbedeutung der Stadt zu heben. Doch der Dreißigjährige Krieg, wo sie wiederholt (1631, 1632, 1633, 1637 und 1642) belagert und genommen (s. Breitenfeld ) und von den Kaiserlichen wie von den Schweden mit gleicher Härte behandelt wurde, vernichtete ihren Wohlstand gänzlich, und nur langsam vermochte sie sich wieder zu heben. Seit der Mitte des 17. Jahrh. fing der Buchhandel an, sich von Frankfurt a. M. mehr und mehr nach L. zu wenden. 1690 fand daselbst die Münzkonferenz statt, die an der Stelle des zinnischen den Leipziger Münzfuß (s. Münzfuß ) annahm. In der ersten Hälfte des 18. Jahrh. war die Stadt, besonders durch die Thätigkeit Gottscheds , für einige Jahrzehnte ein Hauptsitz der deutschen Litteratur und galt für eine Schule feiner Lebensart. Im Siebenjährigen Kriege wurde L. von Friedrich d. Gr. mit schweren Kontributionen (15 Mill. Thlr.) belegt; noch nachhaltigere Wirkungen für die Stadt veranlaßten die Münzwirren infolge des von Ephraim, Itzig & Comp., den Pächtern der Leipziger Münze, geschlagenen schlechten Geldes (s. Ephraimiten ). Eine raschere Entwicklung folgte der Schleifung der Festungswerke (1784).

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 66.

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 66.