Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

159

Liebhaberpreis - Liebig

(2. Aufl., Lpz. 1891): eine Zeitschrift "Liebhaberkünste" erscheint seit 1892 in München.

Liebhaberpreis, s. Preis.

Liebhabertheater oder Dilettantenbühnen, Bühnen für schauspielerische Aufführungen in gesellschaftlichen Kreisen, die entweder nur gelegentlich stattfinden oder in regelmäßiger Wiederkehr seitens einer organisierten Vereinigung.

Liebhard, Joachim, Humanist, s. Camerarius.

Liebieg & Co., Johann, industrielles Etablissement in Reichenberg in Böhmen, begründet von Johann Liebieg (geb. 7. Juni 1802 in Braunau), der 1818 als Tuchmachergeselle nach Reichenberg kam, dann eine Schnittwarenhandlung betrieb und 1828 eine Spinnerei erwarb, die zum Ausgangspunkt vieler weiterer Unternehmungen wurde. Liebieg war Präsident der Reichenberger Handelskammer, wurde 186? in den erblichen Freiherrenstand erhoben und starb 10. Juli 1870 auf seinem Schloß Smiřitz. - Vgl. Johann Liebieg. Ein Arbeiterleben (Lpz. 1871). - Nachfolger wurden seine Söhne Johann (ausgetreten 1887), Heinrich, Theodor (gest. 1891 auf seiner Besitzung in Gandorf bei Coblenz) Freiherren von Liebieg, und sein Schwiegersohn Joseph Ritter von Mallmann (gest. 1885 in Wien). An die Stelle Theodors sind dessen Erben getreten.

Zur Spinnerei in Reichenberg kam bald eine Dampfweberei mit Appretur und mechan. Weberei, ein Preßgebäude, eine Druckerei, eine Westgarnspinnerei und -Kämmerei, eine Baumwollspinnerei; Zweigetablissements in Swarow, Haratitz, Eisenbrod, Wien, Guttenstein; Dachschieferbrüche in Račic, Kalksteinbrüche und Kalköfen in Smrc bei Eisenbrod, große Walddomänen in Galizien mit Brett- und Fourniersägewerken. Die Etablissements haben (1894) 10 Turbinen, 2 Wasserräder, 8 Dampfmaschinen (zusammen 2200 Pferdestärken), 102 000 Spindeln für Baumwoll-, 13 000 für Wollgarn, 2100 Webstühle, 3500 Arbeiter; staatliche Krankenkasse und Unfallversicherung, wobei die Firma zu Gunsten der Arbeiter alle Beiträge allein zahlt, Unterstützungskasse, zahlreiche Arbeiterhäuser, drei Volksschulen mit unentgeltlichem Unterricht, ein Asyl für Arbeiterkinder, Speiseanstalt, Mehl- und Brotmagazine.

Liebig, Justus, Freiherr von, Chemiker, geb. 12. Mai 1803 zu Darmstadt, besuchte das Gymnasium daselbst und kam 1818 in die Apotheke zu Heppenheim, wo er zehn Monate blieb. Hierauf studierte er 1819-22 in Bonn und Erlangen, dann bis 1824 in Paris, wo er durch seine der Französischen Akademie vorgelegte Arbeit über Knallsäure die Aufmerksamkeit Alexander von Humboldts auf sich zog und dadurch auch mit Gay-Lussac in nähere Berührung kam. Durch Humboldts Einfluß wurde er schon 1824 außerord. und 1820 ord. Professor der Chemie in Gießen. In dieser Stellung entwickelte L. nun länger als ein Vierteljahrhundert eine unvergleichliche Lehrthätigkeit, begründete, durch die Regierung unterstützt, das erste Musterlaboratorium in Deutschland und erhob die kleine Universität zu einem Mittelpunkte des chem. Studiums; eine außerordentliche Zahl der bedeutendsten Lehrer und Forscher auf dem Gebiete der Chemie waren hier seine Schüler. 1845 ward L. vom Großherzog Ludwig II. von Hessen in den erblichen Freiherrenstand erhoben. Im Herbst 1852 nahm er eine Professur an der Universität zu München mit dem Amte eines Konservators des dortigen chem. Laboratoriums an und wurde 1853 vom König Maximilian II. zum Vorstande des Kapitels des Maximiliansordens für Wissenschaft und Kunst und 1860 zum Präsidenten der Akademie der Wissenschaften und zum Generalkonservator der wissenschaftlichen Sammlungen des Staates ernannt. Er starb 18. April 1873 in München. Ihm wurde 1877 in Darmstadt ein Denkmal (Bronzebüste von Bersch) gesetzt. Die Deutsche Chemische Gesellschaft errichtete ihm im Verein mit seinen Freunden und Schülern auf dem Maximiliansplatz in München eine 1883 enthüllte Marmorstatue (von Wagmüller), und 1890 wurde in Gießen ein Standbild L.s von Schaper) enthüllt. L.s Leistungen sind in allen Gebieten der Chemie die bedeutendsten. In der technischen Chemie ist seine Arbeit über Cyankalium für die Blutlaugensalzfabrikation und die Galvanoplastik, die über Aldehyd für die Fabrikation des Essigs, sein Verfahren der Versilberung des Glases für die Spiegelfabrikation, über Kalksuperphosphat für die Landwirtschaft von Wichtigkeit geworden. Auf dem Gebiete der analytischen Chemie sind von besonderer Bedeutung seine Methode den Kobalt vom Nickel zu scheiden, sein Verfahren zur Bestimmung der Blausäure in den offizinellen Arzneimitteln, seine Methoden der Bestimmung des Sauerstoffs der Luft mittels Pyrogallussäure (welche Säure er zuerst in die Photographie einführte), wie des Kochsalzes und Harnstoffs im Harn des Menschen und der fleischfressenden Tiere. Das Hauptverdienst jedoch hat sich L. um die organische Chemie erworben. Er erfand einen eigenen Apparat für die Analyse organischer Verbindungen und verbesserte deren Methode; er untersuchte unter anderm fast alle wichtigern organischen Säuren, die Zersetzungsprodukte des Alkohols durch Chlor, die Oxydationsprodukte des Alkohols, das Schwefelcyan und die Mellonverbindungen und die Bestandteile der Flüssigkeiten des Fleisches. Hierher gehören auch seine "Untersuchungen über einige Ursachen der Säftebewegung im tierischen Organismus" (Braunschw. 1848). L. entdeckte in dem Melamin und Ammelin die ersten künstlich darstellbaren stickstoffhaltigen Basen, ferner in dem Harn der Pflanzenfresser, später in dem des Menschen die Hippursäure, in der Fleischflüssigkeit das Kreatinin und die Inosinsäure, in dem Hundeharn die Kynursäure und das Tyrosin als Zersetzungsprodukt des Caseïns; er unterschied ferner zuerst das Syntonin, den Hauptbestandteil der Muskelsubstanz, von dem Blutfibrin. Mit Wöhler gemeinschaftlich machte L. die Untersuchungen über die Cyansäure, Harnsäure, das Radikal der Benzoesäure und die Erzeugung des Bittermandelöls. Durch seine Arbeiten wurde L. zu wichtigen Fortschritten der theoretischen Ansichten über organische Radikale und die Natur der organischen Säuren, über die Prozesse der Gärung und freiwilligen Zersetzung sowie über die Metamorphosen in der organischen Natur überhaupt geführt. Seine Verdienste um die Landwirtschaft (s. Agrikulturchemie) erkannten die deutschen Landwirte durch ein Ehrengeschenk an, das L. zu einer Stiftung für die Förderung der Agrikulturwissenschaft bestimmte (Liebigstiftung). Große Verdienste erwarb er sich durch Darstellung und Einführung des Fleischextrakts (s. d.). Außer den die Mehrzahl seiner wissenschaftlichen Arbeiten enthaltenden "Annalen der Chemie und Pharmacie", die er 1832 mit Geiger begann und seit 1851 mit