Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

963

Mohl (Jul. von) - Mohl (Robert von)

dem Gebiete der Anatomie wertvolle Untersuchungen anstellte; 1832 wurde er Professor der Physiologie in Bern, 1835 ord. Professor der Botanik in Tübingen, wo er 1. April 1872 starb. Für die botan. Wissenschaft hat M. Hervorragendes geleistet durch seine exakten anatom. Untersuchungen, die die Grundlage fast für die gesamte neuere Gewebelehre und Entwicklungsgeschichte bilden. Von seinen Schriften sind hervorzuheben: "De palmarum structura" (Münch. 1831), "Über den Bau des Cykadeenstamms" (ebd. 1832), "De structura caudicis filicum arborearum" (ebd. 1833), "Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Gewächse" (Bern 1834), "Mikrographie oder Anleitung zur Kenntnis und zum Gebrauch des Mikroskops" (Tüb. 1846), "Grundzüge der Anatomie und Physiologie der vegetabilischen Zelle" (Braunschw. 1851), "Vermischte Schriften botan. Inhalts" (Tüb. 1845).

Mohl, Jul. von, Orientalist, Bruder des vorigen, geb. 25. Okt. 1800 zu Stuttgart, studierte auf der Universität und im theol. Seminar zu Tübingen evang. Theologie (1818-23), wandte sich dann in Paris dem Studium der orient. Sprachen zu. 1826 wurde er außerord. Professor der orient. Litteratur zu Tübingen; er hat diese Professur indes nie angetreten. Er erhielt zugleich einen Urlaub, der ihm gestattete, 1820-27 und 1830-31 in London und Oxford zuzubringen. Anonym gab er mit Olshausen die "Fragments relatifs à la religion de Zoroastre" (Par. 1829) heraus. Darauf besorgte er die Herausgabe von "Confucii Chi-king sive liber carminum, ex latina P. Lacharme interpretatione" (Stuttg. 1830) und von "Y-king, antiquissimus Sinarum liber, ex interpretatione P. regis" (2 Bde., ebd. 1834-39). Von der franz. Regierung beauftragt, die Bearbeitung des "Schahname" ("Livre des rois") von Firdusi für die Collection orientale" zu übernehmen, hatte er inzwischen 1832 seine Entlassung als Professor in Tübingen genommen und war ganz nach Paris übergesiedelt. Die Ausgabe erschien in sieben Bänden (Par. 1838-78; Duodezausg.1876-78). 1844 wurde M. Mitglied der Academie des inscriptions et belles-lettres, 1845 wurde er zum Professor des Persischen am Collège de France, 1852 zum Inspektor des orient. Druckes in der kaiserl. Druckerei ernannt. In letzterm Jahre übernahm er das Sekretariat der Asiatischen Gesellschaft; 1867 wurde er deren Präsident. M. starb 4. Jan. 1870 zu Paris.

Mohl, Moritz, Parlamentarier und Nationalökonom, Bruder der vorigen, geb. 1802 zu Stuttgart, studierte in Tübingen Staats- und Kameralwissenschaften und besuchte die landwirtschaftliche Lehranstalt zu Hohenheim. Seit 1826 Referendar beim württemb. Finanzministerium, wurde er nach Gründung des süddeutschen Zollverbandes Assessor bei der württemb. Oberzollverwaltung und 1831 Assessor dei der Finanzkammer in Reutlingen. Nachdem er hierauf einen fünfjährigen Aufenthalt in Frankreich der Erforschung der staatswirtschaftlichen Zustände und des Unterrichtswesens dieses Landes gewidmet hatte, wurde er 1841 zum Obersteuerrat in Stuttgart ernannt. Der Märzbewegung von 1848 schloß sich M. mit Wärme an. Er wohnte dem Vorparlament bei und ward von dem Wahlbezirk Heidenheim-Aalen in die Nationalversammlung gewählt, wo er auf der Seite der gemäßigten Linken saß. Seine amtliche Stellung sowie seinen Geburtsadel gab er auf, um sich ganz der Sache des Volks und litterar. Thätigkeit zu widmen. Seitdem blieb M. Mitglied der Kammer und war der entschiedenste Führer der Großdeutschen. 1868 wurde er in das Zollparlament gewählt. Im Deutschen Reichstage, dessen Mitglied er 1871-73 war, stimmte er gegen jede Erweiterung der Reichskompetenz. Er starb 18. Febr. 1888 in Stuttgart. Unter M.s Schriften sind hervorzuheben: "Aus den gewerbswissenschaftlichen Ergebnissen einer Reise in Frankreich" (Stuttg. 1845), "Beitrag zur Erörterung des Deutschen Handelsgesetzbuchs" (ebd. 1857), "Über Bankmanöver, Bankfrage und Krisis" (ebd. 1858), "Über ein Bundesgericht" (ebd. 1860), "Die Pest der öffentlichen Leihhäuser" (ebd. 1866). Hieran schließen sich seine Berichte über den preuß.-franz. Handelsvertrag (Stuttg. 1863) und die Erweiterung des württemb. Eisenbahnnetzes (ebd. 1865), der "Mahnruf" (ebd. 1867) gegen den Zollvereinsvertrag und die Broschüren "Zur Münzfrage" (Tüb. 1871) und "Über den Entwurf eines Reichseisenbahngesetzes" (Stuttg. 1874).

Mohl, Robert von, Staatsrechtslehrer und Staatsmann, Bruder der vorigen, geb. 17. Aug. 1799 zu Stuttgart, studierte zu Tübingen, Göttingen und Heidelberg die Rechts- und Staatswissenschaften, ward 1824 außerord. Professor der Rechte und 1827 ord. Professor der Staatswissenschaften in Tübingen, womit er seit 1836 das Amt eines Oberbibliothekars verband. Wegen eines von ihm 1845 veröffentlichten liberalen Wahlprogramms geriet er in Konflikt mit der Regierung, trat aus dem Staatsdienst und wurde bald darauf in die württemb. Zweite Kammer gewählt. 1847 kam er als Professor der Rechte nach Heidelberg. Nachdem er 1848 dem Vorparlament beigewohnt hatte, ward er in die Nationalversammlung entsendet, wo er sich dem Klub des Württemberger Hofs anschloß, aus dem er später der Abzweigung nach rechts in den Augsburger Hof folgte. Im Aug. 1848 übernahm er im Reichsministerium das Portefeuille der Justiz. Die Niedersetzung einer Kommission zur Entwerfung eines Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches, die Verkündigung der Deutschen Wechselordnung, der Grundrechte und der Reichsverfassung waren die hauptsächlichsten Verdienste seiner amtlichen Thätigkeit. In seinen Grundsätzen mit Heinrich von Gagern übereinstimmend, trat er mit diesem und seinen übrigen Amtsgenossen 17. Mai 1849 zurück, worauf er sich wieder seinem Lehramte widmete. 1861-66 war er bad. Gesandter beim Bundestage; 1867 wurde er Präsident der bad. Ersten Kammer, deren langjähriges Mitglied er als Vertreter der Universität war, und zugleich Gesandter in München (bis 1871). 1871 erhielt er die Stelle eines Präsidenten der Oberrechnungskammer; 1874 wurde er von dem Wahlkreis Villingen-Donaueschingen in den Reichstag gewählt und war dort Mitglied der liberalen Reichspartei. Er starb 5. Nov. 1875 zu Berlin. Seine Hauptwerke sind außer dem "Staatsrecht des Königreichs Württemberg" (2. Aufl., 2 Bde, Tüb. 1840): "Die Verantwortlichkeit der Minister in Einherrschaften mit Volksvertretung" (ebd. 1837), "Die Polizeiwissenschaft nach den Grundsätzen des Rechtsstaats" (3 Bde., ebd. 1832-34; 3. Aufl., 3 Bde., 1866), "Geschichte und Litteratur der Staatswissenschaften" (3 Bde., Erlangen 1855-58), "Encyklopädie der Staatswissenschaften" (Tüb. 1859; 2. Aufl. 1872), "Staatsrecht, Völkerrecht und Politik" (3 Bde., ebd. 1860-69), "Das deutsche Reichsstaatsrecht" (ebd. 1873).