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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Rom und Römisches Reich (unter den Kaisern)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Rom und Römisches Reich (unter den Kaisern)'

fänge des german. Limes (s. Pfahlgraben) gehen auf ihn zurück; in Britannien focht siegreich Tacitus' Schwiegervater Agricola.

Domitian wurde schließlich durch eine Palastverschwörung beseitigt. An seiner Stelle erhob der Senat den würdigen, aber alten M. Coccejus Nerva (96–98). Mit Nerva beginnt diejenige Periode der Kaiserzeit, welche Gibbon die «glücklichste Zeit des Menschengeschlechts» nennt. Eine Reihe von fünf tüchtigen Fürsten, die fast ein Jahrhundert lang die Alte Welt beherrschten, eine Periode dauernden innern und äußern Friedens von reichster litterar. und künstlerischer Produktion, nur selten unterbrochen durch glücklich geführte Kriege an den Grenzen. Freilich gilt dies goldene Zeitalter nur in dem ersten Teil der Periode in gleicher Weise für den Staat wie für den Einzelmenschen. Auf Nerva folgte schon 98 der von ihm adoptierte Trajan, mit Augustus und Vespasian der beste Kaiser des Principats. Mit ihm trat zugleich neben dem dynastischen ein neues Princip in die Thronfolgeordnung der Kaiser ein: die Adoption des jeweilig Tüchtigsten durch den alten Herrscher. Unter ihm erreichte das Reich seinen größten Umfang. (Hierzu eine Karte: Das Römische Reich in seiner größten Ausdehnung unter Trajan.) Octavian hatte Ägypten zum Reiche gefügt, Claudius Mauretanien, und damit war das Mittelmeersystem völlig geschlossen worden; aber das eigentümliche Werk der Kaiserzeit war die Eroberung von Binnenländern. Dem von Cäsar unterworfenen Gallien hatte Augustus die Provinzialverfassung gegeben und die Alpenländer zugefügt, gegen Deutschland Tiberius schließlich die Rheingrenze festgestellt. Das von Claudius gewonnene Britannien schloß das nördl. System. Mit den unter Augustus eroberten Provinzen Rhätien, Vindelicien, Noricum, Pannonien und Mösien war das Reich nach Norden und Nordosten bedeutend erweitert, im Nordosten bis zur Donau. Trajan war es nun, der die Donau und nach dem Vorgang der Flavier den Rhein überschritt und mit der Provinz Dacien einen Teil des heutigen Ostungarn, Siebenbürgen, die Moldau und Walachei gewann. Im Osten machte er Armenien zur Provinz, überschritt den Euphrat, demütigte die Parther und gewann Mesopotamien. Alle diese Vorstöße waren im letzten Grunde von der Absicht der Verteidigung des Reichs diktiert; man erkannte die Gefahr einer dauernden Defensive. Die Ruhe und Blüte im Innern des Reichs zeigen die in ihren Resten noch erhaltenen großartigen Bauten der Trajanischen Zeit.

Mit Trajan ist aber die Mittagshöhe des Kaisertums erreicht, nach ihm beginnt als zweiter Abschnitt der Kaiserzeit die Periode des Stillstandes und bald des mehr und mehr beschleunigten Niederganges, bis durch Diocletian das Reich in neuer Form wiederersteht (117–294). Trajans Nachfolger Hadrian, 117–138, gab schon einen Teil der Eroberungen seines Vorgängers wieder auf und machte den Euphrat zur Grenze. Seine in vieler Beziehung für das Reich segensreiche Vielseitigkeit und Begabung wurde durch eine nervöse Hast stark beeinträchtigt. Unter ihm und seinem Nachfolger, dem milden Antoninus Pius, 138–161, bildete sich der Verwaltungsmechanismus und die Technik des röm. Privatrechts vollends bis ins Detail aus. Mit dem ehrlichen, aber unbedeutenden, auf Antoninus folgenden Marc Aurel, 161–180, der bis ↔ 172 den Lucius Verus zum Mitaugustus hatte, endigte die glückliche und friedliche Zeit. Seuchen, die das Reich verheerten, die Kriege gegen die Parther im Osten, die Markomannen und Quaden im Nordosten waren die Vorboten der innern und äußern Nöte, die nun immer mehr das Reich heimsuchten.

Marc Aurels Sohn und Nachfolger Commodus, 180–192, lenkte wieder in die Wege Domitians ein, fiel auch wie dieser durch eine Verschwörung. Nachdem der ihm folgende treffliche Pertinax schon im März 193 durch die neben dem Senat und den Palastbeamten immer öfter die Thronfolge beeinflussenden Prätorianer ermordet war, erkaufte Didius Julianus von diesen Truppen die Herrschaft durch schweres Geld. Allein nach kaum drei Monaten wurde dieser beim Anrücken des von den Legionen in Pannonien zum Kaiser ernannten Septimius Severus, der nachher auch die Gegenkaiser Pescennius Niger 194 und Claudius Albinus 197 überwand, getötet. Mit Septimius Severus (193–211) kam wieder ein kräftiger Kaiser auf den Thron. Er löste die Prätorianer auf, um freilich an ihre Stelle eine neue, bedeutend vermehrte, aus den tüchtigsten Elementen der Legionen ausgewählte, aber bald ebenso gefährliche Garde zu schaffen. Indessen ist seine Herrschaft eine der besten und verdienstvollsten des 3. Jahrh., mit ihr beginnt die Zeit der klassischen Juristen, eines Ulpian, Paulus, Papinian und Modestinus. Von seinen Söhnen wurde Geta 212 durch seinen Bruder, den energischen, aber planlosen und grausamen Caracalla (211–217), getötet, dessen Regierung nur durch den äußern Abschluß der schon unter Augustus beginnenden Nivellierung aller Teile des Reichs merkwürdig ist; er verlieh das Bürgerrecht an alle freien Einwohner (212; Constitutio Antoniniana). Caracalla fiel 217 durch Macrinus und dieser wieder 218 durch den Orientalen Heliogabalus. Heliogabalus selbst aber mußte 222 seinem Vetter Alexander Severus (222–235) weichen. Die Regierung Alexanders bildet wie die des Septimius einen Lichtpunkt in dieser Zeit des Verfalls, sie ist auch bemerkenswert durch die grundsätzlich von ihm geübte Toleranz gegen die Christen. In den äußern Verhältnissen trat unter ihm das wichtigste Ereignis ein, daß an der Ostgrenze das Reich der Parther 226 n.Chr. durch die neupers. Dynastie der Sassaniden gestürzt wurde, die sogleich eine feindselige Haltung gegen Rom einnahmen. (S. Persien, Bd. 12, S. 1036a.)

Nach Alexanders Ermordung 235 auf einem Feldzug bei Mainz brach eine unheilvolle Zeit für den röm. Staat an, die Zeit der sog. Soldatenkaiser, in der bald vom Senat, bald von den verschiedenen Heeren aufgestellte Herrscher, meist Generale, die von der Pike auf gedient hatten, Bauernsöhne aus Thrazien und Illyrien, rasch aufeinander folgten. Das Innere des Reichs verheerten die Thronkämpfe der Gegenkaiser, und die Grenzprovinzen erfuhren durch die immer wieder sich erneuenden Einfälle der Barbaren fortdauernd Verwüstung und Elend. Die röm. Centralgewalt verlor an Ansehen nach innen und außen. Die sociale Not wuchs, die Münze verschlechterte sich. Das Christentum fand reichlich Zeit und Gelegenheit, sich auszubreiten und zu organisieren und wurde dadurch eine Macht, mit der der Staat rechnen mußte. Gegen Alexanders Nachfolger Maximinus, 235–238, traten in Afrika 238 Gordianus I. und II. auf, die dem numidischen Statthalter unterlagen. Pupienus und

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 957.