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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Spanien (Weinbau. Viehzucht)

wird durchschnittlich auf 2½ Mill. hl berechnet. Hanf wird besonders in Aragonien, Asturien, Neucastilien und Catalonien, am besten aber in Granada und in der Huerta von Orihuela kultiviert. Das Espartogras (s. Esparto), das überall in Central-, Ost- und Südspanien wild wächst, bildet neben Hanf einen nicht unwichtigen Exportartikel. Versuche, die Faser der Pita (Agave americana L.), einer Pflanze, welche im wärmern S., z. B. Andalusien, zu lebenden Hecken und Einfassung der Eisenbahnen dient, technisch zu verwerten, haben bis jetzt kein praktisches Resultat geliefert. Der Baumwollbau in den warmen Mittelmeerprovinzen und auf den Balearen ist fast ganz verschwunden, und der der Seidenzucht dienende weiße Maulbeerbaum in neuerer Zeit zum großen Teil der Orangenkultur zum Opfer gefallen. Die vor 50 und mehr Jahren gemachten Versuche mit der Cochenillezucht wurden bald wieder aufgegeben. Dagegen gewann der Anbau des Zuckerrohrs bei Malaga, Velez Malaga, Motril und andern Orten der warmen Südostküste in den letzten zwei Jahrzehnten große Ausdehnung, hat aber seit acht Jahren, besonders im Winter 1890/91, durch außergewöhnliche Kälte einen empfindlichen Stoß erlitten. In der Vega von Granada baut und verarbeitet man Zuckerrüben. Unter den Farbepflanzen stehen Krapp und Safran obenan, die beide zur Ausfuhr kommen. Der gewonnene Zucker steht dem westindischen an Güte nicht nach und wird exportiert. Den Bau der Sodapflanze betreibt man in den Steppengegenden von Murcia, Südvalencia und in der Mancha fast gar nicht mehr. Unter den Arzneigewächsen sind das Süßholz Cataloniens, Aragoniens und Niederandalusiens, der röm. Kümmel der Mancha und die um Almeria gebauten Koloquinten die wichtigsten. Kernobst, namentlich Äpfel, wird besonders in Nordspanien in ungeheurer Menge geerntet und daselbst auch sehr viel Apfelwein (sidra) bereitet, der hier das gewöhnliche Getränk des Volks bildet; doch gedeihen Äpfel und Birnen auch in der Sierra Morena und Sierra Nevada zum Teil vortrefflich. Außerdem zieht man Aprikosen, Pfirsiche (die besten in Aragonien), Pflaumen und Kirschen, Walnüsse, Haselnüsse, Kastanien, Orangen, Citronen, Granaten, Feigen und Mandeln. Auch giebt es Eichen mit eßbaren Früchten. Die Banane und Chirimoya wird um Malaga, der Johannisbrotbaum nur in Valencia und Südcatalonien, die Dattelpalme nur um Elche in Alicante, die Haselnuß nur um Tarragona und in Asturien in großem Maßstabe kultiviert. Der ausgedehnteste Orangen- und Citronenbau findet sich in den Huertas von Valencia, Murcia und Malaga. Nur 8 Proz. oder etwa 4 Mill. ha des span. Areals sind mit Wald bedeckt, kaum zwei Drittel davon ist Hochwald. Der Bedarf an Bau- und Werkholz wird dadurch keineswegs gedeckt. Die Balearen, Coruña und Pontevedra sind ohne allen Wald, die meisten andern Provinzen waldarm, und nur wenige, vornehmlich Leon, Avila, Cuenca, Teruel und Huesca, besitzen ausgedehntere Wälder. Der Weinbau bildet eine Hauptquelle des Nationalreichtums und ist noch eins der gewinnreichen landwirtschaftlichen Gewerbe. Die Ausfuhr an frischen Trauben, z. B. von Almeria, von Rosinen (Denia und Malaga), vornehmlich aber von Wein ist namentlich seit den Reblausverwüstungen in Frankreich enorm gestiegen. Die Reblaus hat sich auch in S., besonders bei Malaga, gezeigt, aber für 1 ha, welche sie zerstörte, entstanden durch Anbau 2 ha und mehr neue Weinberge anderwärts. Die Ausfuhr der Spanischen Weine (s. d.), Rosinen, Trauben betrug in den letzten Jahren 54 Proz. des Gesamtwertes der Ausfuhr und ging größtenteils nach Frankreich. Die Gesamtproduktion an Wein schätzte man 1891 auf 24 Mill. hl; Trauben von 2 bis 2½ kg Gewicht sind in den Weinbergen Andalusiens keine Seltenheit. Der Preis für eine Arroba Trauben (11,5 kg) wechselt zwischen 2-5 Reales (40-100 Pf.). Die vier Provinzen Cataloniens lieferten 1877 mit 5 241 000 hl fast ein Fünftel der ganzen span. Weinernte. Die größte Ernte hatte die Provinz Barcelona, dann folgten Valencia, Saragossa, Tarragona, Ciudad-Real (Mancha), Navarra, Alicante, Lerida, Huesca, Castellon. Malaga kam mit 735 000 hl erst an 15. Stelle, Cadiz mit 670 000 hl an 18. Stelle. Am wenigsten Weinbau haben die Provinzen der galicischen und cantabrischen Küste sowie die hochgelegenen Soria, Segovia, endlich die Canarischen Inseln. Doch sind Ausfuhrmengen und Preise seit 1892 sehr zurückgegangen.

Die Viehzucht war von jeher ein bedeutender Erwerbszweig. Die Stiere werden, wie in andern Ländern das Hochwild, auf einsamen waldigen Triften und im Gebirge gehegt. Die größten Stiergehege (ganaderías) befinden sich in den Provinzen Sevilla und Cordoba. Man zählte 1895: 2 820 827 Ziegen, 1 910 368 Schweine, 2 071 326 Stück Rindvieh, 1 496 703 Esel und Maultiere und 383 113 Pferde. Das zahme Rindvieh ist nicht sehr groß, aber stark und gut gebaut. Das beste findet sich in den nördl. Provinzen, wo auch allein Milch-, Butter- und Käsewirtschaft betrieben wird und ein bedeutender Export von Käse und Butter, namentlich aber von Schlachtvieh, auch von Häuten und Ochsenhörnern stattfindet, besonders nach England. In Central-, Südost- und Südspanien beschränkt sich die Zucht vorzugsweise auf Beschaffung von Zugochsen. Die früher berühmte Pferdezucht kam durch die innern Kriege in Verfall. Das größte königl. Gestüt befindet sich in Cordoba. Auch haben die cordobanischen Pferde von jeher für die besten der andalus. Rasse gegolten. Steigend ist die Benutzung der Maultiere und Esel, auf deren Zucht der Spanier viel Sorgfalt verwendet. Die Tiere, die besten, die es giebt, gehen auch in bedeutender Menge ins Ausland. Die span. Schafzucht, einst so berühmt und eine Quelle ungeheurer Einkünfte, geriet ebenfalls in neuerer Zeit mehr und mehr in Verfall. Während 1830 die Zahl der Schafe noch 23 Mill., selbst 1850 noch 19 Mill. betrug, darunter 7 Mill. Wanderschaft oder Merinos (s. d.) und 12 Mill. Stallschafe, zählte man 1895 nur 16 469 303 Stück, darunter nur 1 Mill. Wanderschafe. Estremadura weist die meisten Schafe, Schweine, Ziegen, Esel und Maultiere auf, die Provinzen Tarragona und Barcelona die wenigsten. Indes kann S. den andern Wolle produzierenden Ländern gegenüber, von denen es mittlerweile überflügelt wurde, keine erfolgreiche Konkurrenz mehr machen. Die meiste Wolle geht nach Frankreich, England und Westindien. Ziegen besitzt S. mehr als irgend ein anderes Land in Europa, doch ist deren Zucht nur in den Gebirgsgegenden heimisch. Wichtiger ist die Schweinezucht, welche zwar überall, in großem Maßstabe jedoch in Estremadura betrieben wird. Auf der Messe von Jafra (4. bis 7. Okt.) werden zuweilen 60-70 000 Schweine angetrieben. Von Federvieh werden vor-^[folgende Seite]