Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

880

Wüstegiersdorf - Wüstenfeld

südl. Hochafrikas (der Wüste Kalahari), nnt wenigen Unterbrechungen ein ungeheurer Wüstengürtel von dem Atlantischen bis zum Pacifischen Ocean in einem gegen 15 000 km langen, südwärts ausgebuchteten Bogen (s. Karte: Pflanzengeographie 1). Dieser Gürtel beginnt mit der Sahara (s. d.). Gegen Osten finden sich drei Einsenkungen des Bodens, die in dieser Richtung an Größe und Wasserfülle zunehmen: die Depression der Oasenreihe im Westen von Ägypten und Nubien, das Nilthal und das Bassin des Roten Meers, drei Querfurchen, die, diesen Wüstenstrich unterbrechend, drei von der Natur vorgezeichnete Kommunikationswege zwischen dem Süden und dem Norden bilden. Jenseit des Isthmus von Sues und des Roten Meers beginnt die Wüste des Peträischen Arabiens (el Tib) mit der felsigen und klippigen Halbinsel des Sinai, daran schließt sich der Wüstenring, der im Innern der großen Halbinsel Arabien das fruchtbare Nedschd umgiebt, und weiter nordwärts von diesem, in dem zwischen dem Hochland von Palästina, Syrien und dem Euphrat gelegenen Tieflande, die Syrische W. jenseit des Schat el-Arab, jenseit des Persischen Meerbusens und der westiranischen Bergterrassen, setzen den Wüstengürtel die W. des iranischen Plateaus fort, die als ungeheure Sand- und Salzsteppen (Bejaban) ganz Persien von der Nähe des Kaspischen bis zum Indischen Meere hin durchschneiden: die salz- und kalireichen W. von Irak-Adschemii, von Kirman, Seïstan oder Sedschestan und von Mekran in Belutschistan (die gedrosische W. der Alten). Diese iranischen W. trennt der Indus von der indischen W. Tharr, auch W. von Radschistan genannt, die 900 km lang, 600 km breit ist, oft 7-34 m hohe Flugsandhügel, aber auch viele angebaute Oasen enthält und darum minder beschwerlich zu durchreisen ist. Aber auch im Norden von Persien breiten sich neben Steppen und einzelnen Kulturstrichen weite Wüstengebiete aus, die Sandwüsten von Turan, vom Kaspischen Meere ostwärts bis zum Pamirplateau, und jenseit des letztern erstreckt sich im centralen Hochasien ostwärts durch die ganze Mongolei die ungeheure, teils sandige, teils steinige Plateauwüste Han-Hai, im östl. Teile Gobi oder Schamo genannt, die den äußersten Ostflügel des großen Wüstengürtels der Alten Welt bildet, dessen Gesamtareal an 13 750 000 qkm betragen mag. - Das Innere des Kontinents von Australien hat neben Steppen wasserlose W. von unbekannter Ausdehnung. - Auch in Amerika fehlt es keineswegs an wirklichen W. Die Strandwüste von Atacama zieht sich längs des Stillen Oceans durch das ganze nordchilen. Küstengebiet vom 27.° südl. Br. und setzt sich nordwärts bis Arica in Peru fort, als ein merkwürdiger, nur schmaler, aber 960 km langer Wüstenstrich zwischen dem Ocean und den höchsten Erhebungen der Cordilleren gelegen. Die größten W. der Neuen Welt aber enthält Nordamerika in dem Bassin des Großen Salzsees in Utah, in der Mohave- und Gilawüste, in den Llano-Estacado zwischen Neumexiko und Texas und im Bolson in Mexiko. Die Halbinsel Kalifornien ist das nördl. Gegenstück zu Atacama.

Die Tier- und Pflanzenwelt der W. ist naturgemäß sehr spärlich, wenn auch die letztere keineswegs ganz zu fehlen pflegt, so daß die Karawanen Futter für die Kamele unterwegs, wenn auch spärlich genug, finden können. Von Pflanzen sind nur solche vorhanden, die großer Boden- und Lufttrockenheit sowie großen Temperaturschwankungen angepaßt sind, meist saftreiche oder blattlose, dornige Pflanzen. Die Kakteen und Agaven sind unter anderm für die amerikanischen, die Mimosen für die altweltlichen W. bezeichnend. In den Oasen bietet die Hauptnahrungsquelle die Dattelpalme. Von der spärlichen Vegetation nähren sich schnellfüßige Gazellen und Antilopen, sonst finden sich nur wenige kleinere Raubtiere, Nager, Vögel, Eidechsen, Heuschrecken, Käfer und Spinnen, alle von charakteristischer gelblicher Wüstenfarbe.

Das Durchziehen aller solcher W. ist nur in Karawanen zu ermöglichen und stets ein großes Wagnis, teils wegen der verheerenden Staub- und Sandsäulen, teils wegen der alles auszehrenden Winde selbst (s. Samum) und der außerordentlich erhitzten Atmosphäre, die bei Europäern nicht selten Schlagflüsse herbeiführt, teils wegen des Mangels an Schatten am Tage und der bei wolkenlosem Himmel starken Ausstrahlung und der durch sie verursachten empfindlichen Kälte der Nächte; groß ist auch die Gefahr der Abirrung von dem Karawanenwege, die durch Verschüttung seiner Spuren oder durch das Trugbild der Luftspiegelung oder Fata Morgana veranlaßt werden kann; sehr erschwerend endlich die meist große Entfernung und Seltenheit der Quellen und Oasen. Die Völker, welche die W. umwohnen oder ihre Oasen in Besitz genommen haben, sind zumeist Handelsleute oder Räuber. Die See fördert den Übergang zur Kultur, die W. wirkt hemmend, indem sie eine der schärfsten Völkergrenzen bildet. Wo sie indes durch Einengungen oder Oasenketten den Verkehr gestattet, entstehen um so wichtigere Völker- und Verkehrsstraßen. - Meisterhafte Schilderungen der Steppen und W. finden sich in Humboldts "Ansichten der Natur" (neue Ausg., Stuttg. 1874); vgl. auch Desor, Der Mensch und die W.(Bas. 1876); Walther, Die Denudation in der W. (in den "Abhandlungen der Sächs. Gesellschaft der Wissenschaften", 1891.).

Wüstegiersdorf, richtiger Niederwüstegiersdorf, Dorf im Kreis Waldenburg des preuß. Reg.-Bez. Breslau, im obern Weistritzthal, an der Linie Dittersbach-Glatz der Preuß. Staatsbahnen, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Schweidnitz), hat (1895) 3555 E., darunter etwa 800 Katholiken, Postamt zweiter Klasse, Telegraph, kath. und evang. Kirche, Waisenhaus, Kranken- und Siechenhaus; Wollspinnerei und -Weberei, Leinwandfabrikation und Leinwandhandel.

Wüstenfeld, Heinr. Ferd., Orientalist, geb. 31. Juli 1808 zu Hannoverisch-Münden, studierte in Göttingen und Berlin orient. Sprachen, habilitierte sich 1832 in Göttingen und erhielt 1838 eine Anstellung an der Universitätsbibliothek. 1812 erfolgte seine Ernennung zum außerord., 1856 zum ord. Professor; 1889 nahm er seine Entlassung als Bibliothekar, 1890 legte er auch seine Professur nieder. W. stellte sich vor allem die Herausgabe wichtiger arab. Quellenwerke, wie des Ibn Challikân (s. d.), des Ibn Hischâm (s. d.) u. a., zur Aufgabe. Von W.s eigenen Schriften sind hervorzuheben: "Die Akademien der Araber und ihre Lehrer" (Gott. 1837), "Geschichte der arab. Ärzte und Naturforscher" (ebd. 1840), "Genealogische Tabellen der arab. Stämme und Familien" (ebd. 1852; Register 1853), die "Vergleichungstabellen der mohammed. und christl. Zeitrechnung" (Lpz. 1854). Hierzu kommen noch 22 Arbeiten in den "Abhandlungen der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen", deren Direktor in der