Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

930

Zehdenick - Zehngerichtenbund

evang. E., Post, Telegraph, ein Kriegerdenkmal )Aussichtsturm), Sparkasse, Darlehnskasse; Ziegelei, Dampfsägewerk und Viehmärkte.

Zehdenick, Stadt im Kreis Templin des preuß. Reg.-Bez. Potsdam, an der Havel, an der Nebenlinie Löwenberg-Templin der Preuß. Staatsbahnen, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Prenzlau), hat ohne die Vordörfer Dammhast und Camp (1895) 3451 E., darunter 48 Katholiken und 30 Israeliten, Postamt zweiter Klasse, Telegraph, Stift für adlige Damen in dem ehemaligen Cistercienser-Nonnenkloster; Schiffahrt, bedeutenden Holzhandel. Seit 1249 war Z. ein sehr besuchter Wallfahrtsort.

Zehen, Fußzehen (Digiti pedum), die den Fingern (s. d.) der Hand entsprechenden Endglieder der Füße. Beim Menschen sind deren fünf, von denen jede von drei, nur die an der innern Seite des Fußes gelegene große Zehe (hallux) von zwei Knochen gebildet wird, die indessen bedeutend kürzer als die der Finger sind; unter sich und mit den Mittelfußknochen sind sie durch bewegliche Gelenke verbunden. (S. die Tafel: Das Skelett des Menschen, Fig. 1, 55: Fig. 2, 47.) Die die Z. bewegenden Muskeln (s. Tafel: Die Muskeln des Menschen, Fig. 2, 49) setzen sich teils an den übrigen Knochen des Fußes, teils an den Unterschenkelknochen an, und die Haut der Z. ist dicker und weniger nervenreich als die der Finger, am äußersten Gliede aber ebenfalls mit einem Nagel (s.d.) bedeckt. Beim Stehen, Gehen, Laufen und Springen leisten die Z. wesentliche Dienste, indem sie beim Stehen die Fläche, auf der der Körper ruht, breiter und dadurch das Stehen sicherer machen, beim Gehen aber zur Erhebung des Fußes und somit des ganzen Körpers beitragen. Beharrliche Übung kann den Z. eine Geschicklichkeit geben, die jener der Finger nahe kommt, während sie vielfach durch unzweckmäßige Fußbekleidung verkümmern oder regelwidrige Stellungen annehmen. Mechan. Verletzungen der Z. verursachen öfter als die anderer Teile schwere Erkrankungen, weshalb bei der Entfernung der sich oft an ihnen bildenden Hühneraugen (s. d.) mit Vorsicht zu verfahren ist. Außerdem sind die Z. dem Erfrieren sehr ausgesetzt, sowie auch der Brand der Greise bei ihnen beginnt und die Gicht (s. d.) oft in der großen Zehe zuerst auftritt.

Während bei den Affen, die allein Nägel auf den Fingern und Z. besitzen, die Füße in Geschicklichkeit den Händen gleichkommen, findet bei den meisten vierfüßigen Tieren das Gegenteil statt und haben die Vorderfüße keine Finger, sondern auch Z. Diese sind in verschiedener Anzahl vorhanden: bei den Einhufern, den Pferden, findet sich eine von einem einzigen aus Hornsubstanz bestehenden Huf, der die Nägel ersetzt, umgebene, bei den meisten Wiederkäuern zwei und bei den Vielhufern drei, vier oder fünf von Hufen oder Klauen umgebene Z. Bei den Fleischfressern und Nagern liegen sie frei und haben statt der Nägel Krallen, die bei den katzenartigen Raubtieren beim Gehen eingezogen sind, beim Ergreifen eines Gegenstandes aber durch einen Muskelapparat vorgestreckt werden. Viele Säugetiere gehen nur auf den Z. (s. Zehengänger); ihre Anwendung ist überhaupt nach Maßgabe ihrer Lebensart eine sehr verschiedene. Bei den fischartigen Säugetieren sind sie in den Flossen verwachsen. Die Vögel besitzen meist vier Z., von denen drei nach vorn, eine nach hinten gerichtet ist, und die meist in Krallen ausgehen; nur einige Spechte, Schwimm- und Sumpfvögel besitzen drei, der afrik. Strauß zwei. Die Amphibien und Reptilien haben nicht durchgängig Z., und diese sind hier öfters, wie auch bei einigen Gattungen der Säugetiere und Vögel, durch Schwimmhaut verbunden. Die Fische haben keine Z., wenn man nicht die gegliederten Anhänge an den Brustflossen der Knurrhähne so nennen will.

Zehengänger (Digitigrada), diejenigen Raubtiere, welche, wie die Hunde und Katzen, nur mit den Zehen auftreten und daher behaarte Sohlen haben. Sundevall nannte die Familie der Kamele Digitigrada.

Zehlendorf, Dorf im Kreis Teltow des preuß. Reg.-Bez. Potsdam, an der Linie Berlin-Potsdam der Preuß. Staatsbahnen und der Wannseebahn, mit Vorortverkehr nach Berlin (s. Karte: Berlin und Umgebung), hat (1895) 6031 E., Post, Telegraph, Fernsprecheinrichtung, Wasserwerk, Gymnasium, höhere Knaben- und Mädchenschule, Irrenanstalt Schweizerhof; Glockengießerei, Metallkamm- und Lokomotivenfabrikation.

Zehn, die Grundzahl des dekadischen Zahlensystems (s. d.).

Zehneck, eine von zehn Geraden (Seiten) eingeschlossene Figur. Das reguläre Z. hat zehn gleiche Seiten, und die Ecken liegen auf einem Kreise. Die Konstruktion eines solchen regulären, einem Kreise eingeschriebenen Z. geschieht nach dem Goldenen Schnitt (s. d.). Daraus ergiebt sich zugleich die Konstruktion für das reguläre Fünfeck.

Zehner, Zehnender, ein Edelhirsch, dessen Geweih im normalen Zustand an jeder Stange fünf Enden trägt. (S. Geweih, Fig. 5.)

Zehner, das halbe Kopfstück (s. d.).

Zehnfüßer, s. Krebse.

Zehn Gebote, Dekalog oder Gesetztafeln, die Bestimmungen des hebräischen, 2 Mos. 20, 2-17 (vgl. 5 Mos. 6-18) überlieferten, nach der Sage von Gott auf dem Berge Sinai (s. d.) gegebenen und auf steinerne Tafeln geschriebenen Gesetzes. Dasselbe enthält zweifellos Einwirkungen der prophetischen Predigt und kann daher den ältesten Bestandteilen der Religion Israels nicht zugezählt werden. Als der sittlich-religiöse Kern des Gesetzes blieben die Z. G. auch im Christentum aufrecht erhalten und galten nach wie vor als unmittelbare göttliche Offenbarung. Schon in der alten Kirche war es Sitte, dieselben neben den Hauptartikeln des Glaubens den Katechumenen (s. d.) zur gedächtnismäßigen Einprägung zu überliefern. Nach dem Vorgange der Rabbinen und des alexandrinischen Juden Philo beschäftigte sich auch die christl. Theologie frühzeitig mit der gelehrten Auslegung des Dekalogs, in welche man allerhand allegorische Deutungen hineinzog. In den Katechismen der Reformationskirchen wurden sie als christl. Unterrichtsstoff verwandt, also auf die Stufe christl. Erkenntnis hinaufgehoben. Luther versah sie in seinen Katechismen mit Erklärungen. Die Zehnzahl der Gebote wird nach der reform. Überlieferung auf andere Weise als bei den Lutheranern bestimmt. Die Reformierten zählen nämlich die Worte "du sollst dir kein Bildnis noch irgend ein Gleichnis machen u. s. w." als das zweite Gebot und fassen dafür das neunte und zehnte Gebot nach luth. Zählung in eins zusammen. - Vgl. Lemme, Die religionsgeschichtliche Bedeutung des Dekalogs (Bresl. 1880).

Zehngerichtenbund,der nördlichste und kleinste der ehemaligen drei Bünde des Schweizerkantons Graubünden (s. d.).