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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Birmenstorf; Birmingham

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Birmenstorf - Birmingham.

lands zu, das dieses deswegen festhielt, weil sonst über B. streitlustige Stämme Innerasiens mit Feuerwaffen versehen würden, die diese zu Überfällen auf friedliche Ackerbauer der Ebene gebrauchen könnten. Seitdem sich diese Verhandlungen zerschlugen, ist B. ganz isoliert. Der König ist ganz in der Gewalt der Höflinge, in ihren Händen wird die Landesverwaltung zum Privatvorteil einiger Familien geführt. Erpressungshinrichtungen sind an der Tagesordnung. Ohne gehörige Beachtung blieb die aufständische Bewegung im Norden des Reichs unter den Schan. Hier hatten 1883 die gegen China zu wohnenden Stämme unter den Bedrückungen der birmanischen Beamten zu den Waffen gegriffen; ein Heer von angeblich 5000 Mann ward dagegen aufgeboten, der Aufstand machte aber Fortschritte, und China, das in Bhamo einen diplomatischen Agenten unterhält, auch Oberrechte über B. behauptet, nutzte die Bewegung für sich aus, bestellte seine Generale zu Befehlshabern der Aufständischen, und 8. Dez. 1884 besetzten Chinesen mit 200 Regulären die wichtige Handelsstadt Bhamo, nachdem sie die birmanischen Verteidiger geplündert hatten. Die amerikanischen Missionäre und alle Notabeln flüchteten sich auf die englischen Dampfer der Irawadi-Flottille, die voraussichtlich ihre Fahrten einstellt, nachdem seit Weihnachten 1884 auch das Land am rechten Flußufer von den Chinesen besetzt wurde. In der äußern Politik sucht B. seit 1883 Anlehnung an Frankreich; im Januar 1885 gelang seinen Abgesandten in Paris der Abschluß eines neuen Handels- und Freundschaftsvertrags, und vielleicht bringt Frankreich später Anträge, wodurch Birmas politische Stellung noch in europäischen Staatsverträgen geregelt wird. Vgl. Mason, Burmah, its people and natural productions (Rangun 1862); Bastian, Die Völker des östlichen Asien, Bd. 2 u. 3 (Leipz. u. Jena 1866-70); Bowers, Bhamo-Expedition (deutsch, Berl. 1871); Talbot, Treaties with Burmah (Bd. 1 der indischen Vertragssammlung, Kalkutta 1876); "Reports on the administration of British-Burmah" (Rangun, jährlich 1 Bd.); Fytche, Burma, past and present (Lond. 1877); Laurie, Our Burmese wars and relations with Burmah (das. 1879); Phayre, History of Burma (das. 1883); Colquhoun, Quer durch Chryse. Forschungsreisen durch die südchinesischen Grenzländer und B. (deutsch, Leipz. 1884, 2 Bde.).

Birmenstorf (Birmensdorf) und Mülligen, zwei nachbarliche Dörfer im schweizer Kanton Aargau, B. mit (1880) 953, Mülligen mit 398 Einw., mit Bitterwasserquellen.

Birmingham (spr. börming-häm), 1) die größte Metallwerkstätte und nächst Manchester die größte Fabrikstadt Englands, liegt im nordwestlichen Teil von Warwickshire, am Flüßchen Rea, 100 m ü. M., in der Nähe reicher Eisen- und Kohlengruben und im Mittelpunkt einer großartigen Kanal- und Eisenbahnverbindung, 175 km von London. Der ältere Stadtteil mit seinen engen Gäßchen, zahllosen hohen, qualmenden Schornsteinen und unansehnlichen, rauchgeschwärzten Backsteinhäusern gewährt keinen erfreulichen Anblick; die neuern Stadtteile dagegen sind schön angelegt, mit breiten Straßen und eleganten Gebäuden; namentlich enthält die Vorstadt Edgbaston zahlreiche Villen der Fabrikherren. Unter den zahlreichen Kirchen ist die Martinskirche am Bull Ring das einzige Gebäude Birminghams, welches, obgleich arg entstellt, wenigstens teilweise aus älterer Zeit (dem 13. Jahrh.) stammt. Vor ihr steht eine Bildsäule Nelsons. Die katholische Kathedrale ist ein gotischer Neubau von Pugin. Unter den öffentlichen Gebäuden ragt das 1832-35 von Hansom und Welch erbaute Stadthaus (Town Hall) hervor. Es ist dem Tempel des Jupiter Stator nachgebildet und ruht auf 46 korinthischen Marmorsäulen. Der große Saal enthält eine ausgezeichnete Orgel von Hill und eine Büste Mendelssohns, der hier 1846 die erste Aufführung seines "Elias" dirigierte. Dem Stadthaus gegenüber stehen die stattlichen Municipal Buildings mit den Bureaus der Stadt, mit 50 m hohem Turm. Dicht bei diesen Gebäuden sind Denkmäler Priestleys (s. d.) und R. Peels errichtet. Von andern Gebäuden sind zu erwähnen: die von Eduard VI. gegründete Freischule, in neuem gotischen Bau von Ch. Barry (1831), mit einer Fassade von 56 m; das Gebäude der Midland Institution, mit korinthischer Säulenhalle (1855-66 erbaut); die von Mason 1872 gegründete polytechnische Schule (Science College) und die Börse (1865 von Holmes im gotischen Stil erbaut). Bemerkenswert sind ferner: die große Markthalle, Bingley Hall (ein Riesenbau für Viehausstellung und Volksversammlungen), der Zentralbahnhof mit gewölbtem Dach (320 m lang, 65 m breit), das 1845 im gotischen Stil errichtete Zellengefängnis und das danebenstehende Irrenhaus. Denkmäler sind außer den oben bereits erwähnten dem Dr. Attwood und Sturge errichtet worden. Unter den öffentlichen Parken ist namentlich der von Aston zu nennen. Das alte Herrenhaus (Manor House) in dessen Mitte dient jetzt als Museum. Noch zu Ende des 17. Jahrh. zählte B. kaum 5000 Einw., aber bereits 1801 hatte es deren 70,670, 1881 zählte es 400,774 Einw. ohne die von Aston Manor (53,842), einer nördlichen Vorstadt. B. ist Sitz eines deutschen Konsuls. Die Bewohner Birminghams zeichnen sich durch Fleiß, Sparsamkeit und Erfindungsgabe aus, wozu wohl nicht wenig der Umstand beiträgt, daß Tausende hier nicht wie anderswo in großen Fabriken, sondern als kleine Meister arbeiten. Die Industrie erstreckt sich auf die verschiedensten Gegenstände, aber der Hauptsache nach kann man B. als die größte Werkstätte für Metallwaren (hardware) in Europa bezeichnen. Hier werden Gold, Silber, Messing, Kupfer, Bronze, Eisen und Stahl zu den verschiedensten Artikeln von dem kleinsten Zierat (daher B. the toy-shop of Europe genannt wurde) bis zur größten Maschine durch Hammer oder Guß verarbeitet. Wegen seiner Waffenfabrikation war B. früher besonders berühmt. An Wohlthätigkeitsanstalten ist B. reich; außer mehreren Krankenhäusern hat es eine Taubstummenanstalt, eine Blindenschule und eine Besserungsanstalt für jugendliche Verbrecher. Unter den Bildungsanstalten verdienen genannt zu werden: Queen's College (für Mediziner und Juristen), die von Mason 1872 gegründete polytechnische Schule (Science College), zwei medizinische Schulen in Verbindung mit Krankenhäusern, das Midland Institute mit Museum, Laboratorium und Kunstschule, ein theologisches College der Independenten bei Springhill, drei katholische Colleges (in Edgbaston, Olton und Oscott), ein Lehrerseminar und eine Hochschule für Frauen. Die öffentlichen Volksschulen der Stadt sind vollkommen konfessionslos. Eine große öffentliche Bibliothek sorgt für Verallgemeinerung der Bildung, ein Kunstverein für Veredelung des Geschmacks. - Birminghams wird zwar bereits im Doomsdaybuch unter dem Namen Bermingeham gedacht, aber erst seit der Zeit Cromwells spielt es eine Rolle in der