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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Ibn - Ibn Doreíd.

ist würdevoll; er schreitet gemessen, fliegt leicht und schön und besitzt große geistige Fähigkeiten. Er lebt gesellig, nistet auf dornigen Mimosen, baut einfaches, kunstloses Nest und legt 3-4 weiße Eier. Er nährt sich hauptsächlich von Insekten, frißt aber auch Süßwasserweichtiere und kleine Lurche. In der Gefangenschaft hält er sich gut, wird sehr zahm und zeigt sich stets friedlich, pflanzt sich auch bei guter Pflege fort. Im Sudân stellt man ihm nicht nach, verzehrt aber gern das Fleisch eines zufällig gefangenen. Früher erschien der Ibis in Ägypten mit dem Steigen des Nils und wurde deshalb heilig gehalten; sein Leib wurde einbalsamiert, und in der Pyramide von Sakkâra fanden sich Tausende von Ibismumien. Nach Herodot bekämpfte der Ibis Drachen, Schlangen und andres Ungeziefer Ägyptens, und in Übereinstimmung mit dieser Sage und weiterer Ausführung derselben wußten die alten Schriftsteller die wunderbarsten Dinge vom Ibis zu erzählen. Derselbe galt als Lehrmeister des Menschen in vielen Dingen und sollte nach der Aussage der Priester von Hermopolis unsterblich sein. Älian u. a. bringen ihn mit dem Mond in Verbindung: er soll sich mit der Zahl seiner Eier (4) nach dem Mond richten und sie in so viel Tagen ausbrüten, wie der Mond zur Vollendung seiner Bahn braucht.

Ibn (Ebn, arab.), s. v. w. Sohn; im Plural Beni, was "Stamm" oder "Familie" bezeichnet (vgl. Ben).

Ibn al Atyr, arab. Geschichtschreiber, geb. 1160 in Mesopotamien, gest. 1233, hat eine vortreffliche Chronik von Erschaffung der Welt bis 1230 verfaßt, welche von Tornberg mit einer schwedischen Übersetzung ediert worden ist (Upsala u. Leid. 1851-76, 14 Bde. und Supplement). Von seiner Geschichte der Atabeken von Syrien hat Reinaud in den "Historiens de la croisade" bedeutende Bruchstücke veröffentlicht.

Ibn al Fáridh, Abu Hafs 'Omar ibn Abilhasan 'Ali Scharafeddîn, einer der berühmtesten mystischen Dichter der Araber, geb. 1181 zu Kairo, gest. 1234 daselbst, ist der Verfasser zahlreicher Poesien, von welchen eine größere: "Ta'íjet" (eine auf den Buchstaben t reimende Kasside), unter dem Titel: "Das arabische Hohelied der Liebe" von Hammer-Purgstall (Wien 1854) in Text und Übersetzung, eine kleinere von Wallin (Helsingf. 1850) herausgegeben wurde. Sein "Diwan" erschien lithographiert Damaskus 1841 (auch Marseille 1853, Bulak 1280 der Hedschra).

Ibn 'Arabschah, Ahmed ben Mohammed, arab. Schriftsteller, gest. 1450 in Damaskus, verfaßte eine Geschichte Timurs (hrsg. von Golius, Leiden 1636; ins Franz. übersetzt von Pierre Vattier, Par. 1658; Ausg. mit lat. Übersetzung von H. Manger, Leeuward. 1767-72; neuere Ausg., Kalkutta 1812 u. 1818) und ein moralphilosophisches Werk in der Weise der bekannten Fabelsammlung "Kalila und Dimnah", das 1448 vollendet wurde (hrsg. von Freytag u. d. T.: "Fructus imperatorum et jocatio ingeniosorum", Bonn 1832-52, 2 Bde.).

Ibn Batûta, der größte Reisende der Araber, geb. 1302 zu Tanger in Marokko, widmete sich zuerst dem Studium der Rechtswissenschaft, folgte dann aber seiner Neigung zu reisen und verließ 1325 seine Heimat, um zunächst eine Wallfahrt nach Mekka auszuführen. Von hier aus durchwanderte er Syrien, Persien und Mesopotamien, besuchte Quiloa auf der Ostküste Afrikas, dann die Inseln des Persischen Golfs und durchzog behufs einer zweiten Wallfahrt die unbekannten Gegenden des innern Arabien, von wo ihn seine Reisen nach Kleinasien und durch die Krim und das Reich Kiptschak (das heutige Südrußland) bis zur alten Stadt Bolgar (s. Bolgary) an der Wolga führten. Nachdem er von hier einen Abstecher nach Konstantinopel gemacht, drang er am Nordrand des Kaspischen Meers vorbei durch Chowaresmien (das heutige Chiwa), die Bucharei, Chorasan und Kandahar bis zum Industhal vor, verweilte längere Zeit in Dehli, wo er das Amt eines Kadi verwaltete, und übernahm dann eine Sendung an den Kaiser von China. Seinen Weg über alle wichtigern Hafenplätze, die Malediven, Ceylon, Sumatra, Java und andre Inseln des asiatischen Archipels nehmend, langte er zu Chânbalik (Peking), der nördlichen Hauptstadt des Reichs, an, von wo er nach 24jähriger Abwesenheit zur See in seine Heimat zurückkehrte. Nach kurzer Rast daselbst besuchte er noch Andalusien und Granada und führte 1352 eine Mission des Sultans von Marokko in das Innere von Afrika aus, die ihn bis Timbuktu führte. Darauf ließ er sich zu Fes nieder, wo er 1377 starb. Sein großes Reisewerk wurde mit Übersetzung herausgegeben von Defrémery und Sanguinetti (Par. 1855 bis 1859, 4 Bde.).

Ibn Chaldún, mit vollem Namen Abderrachmán I., einer vornehmen sevillanischen Familie entsprossen, aber zu Tunis 1332 geboren, wirkte als Beamter und Staatsmann der Reihe nach an den Höfen der mohammedanischen Fürsten von Tunis, Fes, Granada, Kairo und starb nach einem sehr bewegten Leben, das ihn mit Peter dem Grausamen von Kastilien und später in Syrien mit Timur in Berührung gebracht hatte, 1406 in Kairo. Er ist der größte arabische Historiker und fast der einzige, der sich über die annalistische, chronikenartige Weise der Auffassung und Darstellung der übrigen arabischen Historiker erhob. Sein großes Geschichtswerk (vollständig gedruckt Bulak 1284 der Hedschra, 7 Bde.) umfaßt drei Teile: 1) Prolegomena (hrsg. von Quatremère, Par. 1858, 3 Bde.; franz. von de Slane, das. 1863-68, 3 Bde.), welche eine philosophisch-kulturhistorische Einleitung in die Geschichtswissenschaft enthalten und außerordentlich geniale Gesichtspunkte aufweisen. 2) die Geschichte des östlichen Kalifats und seiner Nachfolger; 3) die Geschichte der Berber und mohammedanischen Dynastien Nordafrikas (hrsg. von de Slane, Algier 1847-51, 2 Bde.; franz. von demselben, das. 1852-56, 4 Bde.). Vgl. A. v. Kremer, I. und seine Kulturgeschichte (Sitzungsberichte der Wiener Akademie, Bd. 93, 1879).

Ibn Challikan, Schemseddîn Abul Abbas Ahmed, arab. Historiker, geb. 1211 zu Arbela, bekleidete hohe richterliche Ämter in Kairo und Damaskus und starb 1282. Unter seinen Schriften sind für uns die "Vitae illustrium virorum" (hrsg. von Wüstenfeld, Göttingen 1835-50, 13 Hefte; von Guckin de Slane, Bd. 1, Par. 1842; franz. von demselben, das. 1838-42, 5 Tle.) am interessantesten.

Ibn Doreíd, Abubekr Mohammed ibn Hasan, arab. Dichter und Philolog, geb. 838 zu Basra, gest. 933 in Bagdad, verfaßte unter vielem andern eine berühmte Elegie, die "Alkaçidah almakçurah", worin er den Wechsel des Glücks und Unglücks im menschlichen Leben in lebendig ergreifender Weise schildert, und die vielfach herausgegeben und kommentiert worden ist (von Aggäus Haitsma mit arab. Scholien und lat. Übersetzung, Franeker 1773; von Scheid, Harderwijk 1786; von Boisen, Kopenh. 1824), sowie ein "Genealogisch-etymologisches Handbuch" (hrsg. von Wüstenfeld, Götting. 1854). Von seinen kleinern Schriften ward das "Kitâb almalâhin" von Thorbecke (Heidelb. 1882) herausgegeben.