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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Haarlemer Meer; Haarlinge; Haarlingen; Haarmenschen; Haarmoos; Haarmücke

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Haarlemer Meer - Haarmücke.

Kenau Hasselaar tapfer mitgewirkt hatte, 12. Juli 1573. Die Spanier übten trotz verheißener Gnade die grausamste Rache, indem sie den größern Teil der Besatzung sofort niederhieben und zahlreiche Bürger hinrichteten. 12,000 Menschen waren während der Belagerung umgekommen, 2000 wurden nach der Übergabe getötet. Nachdem 1577 der Prinz von Oranien H. den Spaniern wieder entrissen hatte, blieb es seitdem mit den Niederlanden vereinigt. Ihre höchste Blüte erreichte die Stadt im 17. Jahrh., namentlich durch Aufnahme von französischen Ausgewanderten (sie zählte noch um 1750: 50,000 Einw.); allmählich aber sank ihr Wohlstand, und erst in der neuesten Zeit hat er sich wieder zu heben begonnen. Vgl. Allan, Geschiedenis en beschrijving van H. (Haarl. 1871-82); van der Willigen, Les artistes de H. (Haag 1870).

Haarlemer Meer, ehemals ein 22 km langer, 11 km breiter und fast 4,5 m tiefer Binnensee in der niederländ. Provinz Nordholland, zwischen Haarlem, Leiden und Amsterdam, in geringer Entfernung von der Nordsee, an dessen Stelle ursprünglich vier kleine, unbedeutende Seen lagen, die aber im Verlauf von drei Jahrhunderten um das Dreifache angewachsen und als ein einziger See immer bedrohlicher geworden waren, wurde 1840-53 mit einem Kostenaufwand von 15 Mill. Mk. trocken gelegt und bildet jetzt eine von einem 40 km langen Kanal umzogene, 183 qkm große und in vier große Abteilungen zerlegte Insel, in welcher der Morgen Landes mit 222 Mk. verkauft wurde und jetzt mit 3000 Mk. bezahlt wird. Drei Dampfpumpmühlen und eine Schöpfradwassermühle, jede von 400 Pferdekräften, haben das Wasser beseitigt und halten das Land jetzt noch trocken. Das H. stand durch den Spaarne mit dem Meerbusen Y in Verbindung, den man jetzt trocken gelegt hat. Auf dem ehemaligen Seegrund wohnt jetzt eine Gemeinde von ca. 15,000 Seelen in weithin zerstreuten Ansiedelungen. Vgl. P. Boekel, Geschiedenis van het H. (Amsterd. 1868); Derselbe, Het H. (das. 1872).

Haarlinge, s. Pelzfresser.

Haarlingen, s. Harlingen.

Haarmenschen, Personen, die in abnormer Weise und an sonst haarfreien Körperstellen, namentlich über das ganze Gesicht, mit einem langen, besondern, von dem gewöhnlichen Haar ganz verschiedenen Seiden- oder Wollhaar bedeckt sind. Obwohl diese Abnormität, wie verschiedene ältere Nachrichten und Porträte (z. B. im Schloß Ambras bei Innsbruck) bezeugen, auch früher öfters beobachtet worden ist, so haben doch erst einige in der Neuzeit vorgekommene, besonders ausgezeichnete Fälle die Aufmerksamkeit der Naturforscher auf sich gelenkt. Die Litteratur enthält bis 1879 genau 20 sicher konstatierte Fälle. Der erste wissenschaftlich untersuchte und beschriebene Fall betraf die Familie Shwé Maong am Hofe von Ava, bei der sich diese Eigentümlichkeit nun bereits durch drei Generationen fortgepflanzt hat. Bei dem Großvater, der 1829 von Crawford und Wallich beobachtet und beschrieben wurde, waren Stirn, Wangen, Augenlider, Nase, Nasenlöcher und Kinn, mit einem Worte das ganze Antlitz mit alleiniger Ausnahme des roten Lippensaums, mit feinen silbergrauen, seidenartigen Haaren völlig bedeckt, welche an Stirn und Wangen etwa 20 cm, an Nase und Kinn etwa 10 cm lang waren. Sowohl die äußere als innere Ohrmuschel trug ähnlich lange Haare, so daß aus jedem Ohr ein Büschel derselben heraushing, und ebenso waren andre Körperstellen, z. B. die Vorderarme, mit 10-20 cm langen Haaren bedeckt. Ähnlich behaart war seine Tochter Maphron, welche 1855 von Yule genau beschrieben wurde, und deren 1867 vom Kapitän Hougston beobachtete beide Söhne. Ganz ähnlich war ferner die Erscheinung des vor einigen Jahren öffentlich an vielen Orten Europas zur Schau gestellten russischen H. Andrian Jeflichew aus dem Gouvernement Kostroma, dessen mit langen, dunkelblonden Haaren bedecktes Antlitz lebhaft an dasjenige eines seidenhaarigen Pudels erinnerte. Außerdem teilte der russische Haarmensch nebst seinem kleinen Sohn Fedor mit den indischen H. die Eigentümlichkeit eines mangelhaften Gebisses. Der Oberkiefer Jeflichews ist bis auf den linken Eckzahn völlig zahnlos, und ebenso besaß Shwé Maong im Oberkiefer nur vier Zähne. In vieler Beziehung anders und mehr den bärtigen Frauen analog verhielt sich die mexikanische Tänzerin Julia Pastrana, welche in den 50er Jahren durch Europa reiste und 1860 in Rußland starb. Bei ihr waren nämlich die Haare borstig und zogen sich wie ein struppiger Bart über Kinn, Oberlippe und Stirn, während Wangen und Nase mehr oder weniger frei hervorblickten. Sie besaß nach Purlands Untersuchung eine doppelte Zahnreihe im Ober- und Unterkiefer. Wenn man alle bekannten Formen der abnormen Behaarung (Hypertrichosis) zusammenstellt, so lassen sie sich einteilen 1) in solche, welche sich an einem in der Norm unbehaarten Körperteil finden (Heterotopie), 2) in solche, welche an einem in späterer Zeit behaarten Teil vor der normalen Zeit auftreten (Heterochronie), und 3) in solche, welche bei Frauen an Stellen sich entwickeln, welche zur selben Entwickelungsperiode beim andern Geschlecht behaart sind (Heterogenie). Gänzlich von den obigen Fällen zu unterscheiden sind diejenigen, bei denen abnorme Hautbildungen, sogen. Muttermäler, sich über größere Körperstellen (bisweilen den ganzen Rücken) ausdehnen und stark mit, wie sie selbst, dunkel pigmentiertem Haar bedeckt erscheinen (naevi pilosi). Einen weitern Fall endlich, den man in neuerer Zeit namentlich in Griechenland bei Militäraushebungen häufiger beobachtet hat, bildet die abnorme Behaarung des untern Endes der Wirbelsäule. Die Versuche, alle Anomalien der Behaarung, namentlich aber die Hypertrichosis der Steißgegend, auf Atavismus zu beziehen, sind vorläufig noch mit Vorsicht aufzunehmen. Vgl. Stricker in den "Berichten der Senckenbergschen Naturforschenden Gesellschaft" (Frankf. 1876-77); Ecker im "Globus" 1878; Bartels in der "Zeitschrift für Ethnologie" 1876 u. 1879; Ranke, Der Mensch, Bd. 1 (Leipz. 1886).

Haarmoos, s. Polytrichum.

Haarmücke (Bibio Geoffr.), Gattung aus der Ordnung der Zweiflügler und der Familie der Mücken, mit kurzen, derben, neungliederigen Fühlern, fünfgliederigen Tastern und deutlichen Nebenaugen. Beim Männchen nehmen die Augen den ganzen Kopf ein, beim Weibchen sind sie klein und stehen seitlich, die Vorderschienen sind dornartig ausgezogen. Sie erscheinen meist massenhaft im Frühjahr, fliegen schwerfällig und sammeln sich an Bäumen, besonders wo Blattläuse sich aufhalten. Die Larven leben in der Erde und im Dünger und überwintern. Die Märzhaarmücke (Bibio Marci L.) ist schwarz, das Männchen rauhhaarig mit weißlichen, das Weibchen mit schwarzen Flügeln. Die Gartenhaarmücke (B. hortulanus L.), Männchen schwarz, am Hinterleib gelblich behaart, Weibchen hell ziegelrot mit schwarzem Kopf, Schildchen und Beinen, fliegt im April und Mai. Die schmutzig graubraune, walzige, stark querfaltige Larve mit ovalem, schwarzbraunem Kopf, den einzelne