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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kosaken

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Kosaken (die Kleinrussischen, Orenburgischen, Saporoger K.).

serlichen Befehl von 1840 erhielt jeder in ihren Kosakenverband Aufgenommene 30 Deßjätinen, jeder Offizier 60, jeder Stabsoffizier 300 Deßjätinen Land. 1860 wurden sie in zwei besondere Stämme geteilt: die Terekschen und Kubanischen K. Die erstern, zu denen 1770 auch hierher übergeführte Wolgakosaken kamen, stellen im Frieden 4 Reiterregimenter mit 8 Geschützen und 3500 Mann, im Krieg 12 Reiterregimenter mit 12 Geschützen und 9182 Mann. Die Kubanischen K., mit denen die Tschernomorischen K. vereinigt wurden, stellen im Frieden 10 Regimenter, 64 Sotnien zu Pferd und 8 Sotnien zu Fuß mit 20 Geschützen und 15,060 Mann, im Krieg 30 Regimenter, 184 Sotnien zu Pferd und 24 zu Fuß mit 30 Geschützen und 37,391 Mann. Von den Kubanischen K. bilden 2 Gardeeskadrons die Eskorte des Kaisers, die mit den Terekschen abwechseln, und 2 Sotnien, welche in Warschau stehen. Diese beiden Abteilungen bewohnen jetzt den terschen und den kubanischen Landstrich nördlich des Kaukasus.

Die Kleinrussischen oder Ukrainischen K. finden wir bereits im 14. Jahrh. urkundlich oft angeführt. König Stephan Báthori von Polen vertraute ihrer Hut die ganze südöstliche Grenze seines Reichs, das frühere Großfürstentum Kiew, an, und dadurch entstand der Name Ukraine ("Grenzland"). Im 16. Jahrh., als schon unter dem Hetman Predslav sich ihre Ansiedelungen weit über die Dnjeprstromschnellen ausdehnten, tritt die Sonderstellung der Kleinrussischen K. besonders hervor. Bis dahin hatten sie fast dieselbe Verfassung wie die Saporoger (s. unten) gehabt. Während aber letztere ihre bisherige Verfassung beibehielten, wurden jene sogen. Städtekosaken. Sie lebten mit ihren Familien in Ansiedelungen. Stephan Báthori ließ sie durch den Hetman Roshinsky in 20 Regimenter, jedes zu 2000 Mann, formieren. Die Regimenter rekrutierten sich aus den jungen K., über welche ein laufendes Register geführt wurde, woher man sie auch die "einregistrierten K." nannte. Als die Union eingeführt war und Polen die stets wachsende Macht dieser K. zu fürchten hatte und ihre Selbständigkeit durch die härtesten Mittel zu vernichten strebte, unterwarfen sich die K. 1654 unter ihrem Ataman Bogdan Chmelnizky dem russischen Zaren, worauf die ganze östlich vom Dnjepr liegende Ukraine ihrem neuen Herrscher huldigte. Zahlreiche Scharen von K. waren schon zwei Jahre früher von der Westseite des Dnjepr ausgewandert und hatten von Rußland in dem heutigen Gouvernement Charkow Wohnsitze erhalten. Die letztern bildeten 5 Regimenter, die den Namen der Slobodischen K. erhielten. Der Zar beschwor die neue Verfassung, in der alle K. untereinander gleichstanden und allein zu Ämtern im Land zugelassen werden durften. Als dann Peter d. Gr. seine Pläne, die russische Grenze bis an das Schwarze Meer zu rücken, entwarf und seine Nachfolger sie ausführten, verloren die K. als Grenzhüter für Rußland ihre Vorteile und wurden deshalb allmählich auf die Seite geschoben. Mazeppa, der Ataman der Ukraine, der den gänzlichen Untergang seiner Landsleute voraussah, versuchte als letztes Mittel, ihre alte Unabhängigkeit wiederzugewinnen, sich Karl XII. anzuschließen; aber nach dem entscheidenden Sieg bei Poltawa (1709) folgte alsbald die Eroberung der Sjetsch (Zentralsitz) auf der Insel Chortitza, und obwohl nur eine geringe Anzahl Ukrainer sich empört hatte, mußte doch das ganze Land die Folgen des Aufstandes erfahren. Alle Freiheiten wurden ihnen genommen, selbst die freie Wahl eines Atamans ward ihnen entzogen. 12,000 K. wurden gegen ihren Willen an den Ladogasee übergesiedelt, um dort bei harter Arbeit am Bau eines Kanals allmählich zu Grunde zu gehen; dasselbe Schicksal hatte im nächsten Jahr eine gleiche Anzahl, und 10,000 Mann mußten nach Persien marschieren. Damit hatte die Selbständigkeit des kleinrussischen Heers ein Ende erreicht. Katharina II. hob 1784 den Kosakenbund mit allen seinen Privilegien auf. Das ganze Land erhielt die Statthalterverfassungen und wurde den übrigen Provinzen Rußlands gleich behandelt. 1812 wurden aus Bauern der Gouvernements Kiew und Podolien 4 Regimenter eines ukrainischen Kosakenheers gebildet, jedoch schon 1816 in Ulanenregimenter umgeformt. Außerdem müssen hier noch zwei Kosakenstämme genannt werden, die, obschon andern Ursprungs, doch eine Zeitlang in Kleinrußland existierten: die Bug- oder Dnjestr- und die Tschugujewschen K. Erstere wohnten in der Otschakowschen Steppe zwischen Dnjestr und Bug und wurden zur Belohnung dafür, daß sie mit den Waffen von den Türken zu den Russen übergingen, kosakisch als Grenzwächter organisiert. Die Tschugujewschen K., die aus Bewohnern des donischen Landes gebildet wurden, erhielten ihren Wohnsitz in der Umgegend Tschugujews, in der slobodischen Ukraine. Beide wurden in reguläre Ulanenregimenter umgeformt. - Die Neurussischen K., ursprünglich Donau-K., die aus Moldauern, Bulgaren und den aus der Türkei zurückkehrenden Saporogern 1829 formiert waren, hatten ihre Ansiedelungen in Bessarabien und wurden 1868 ganz aufgehoben.

Die Orenburgischen K. (nicht zu verwechseln mit der ehemaligen "Orenburgischen Linie") wurden 1836 gebildet aus K. der Städte Samara, Ufa und der kleinen Grenzfestungen (auch die Baschkiren gehören zu diesem Korps) und stellen gegenwärtig im Frieden 6 Reiterregimenter mit 12 Geschützen und 6582 Mann, im Krieg 18 Reiterregimenter mit 52 Geschützen und 20,166 Mann. Die Transbaikalischen K. wurden 1815 aus einem Teil der sibirischen Städtekosaken und dortigen Ureinwohnern organisiert. Sie verrichten hauptsächlich den Wachtdienst an der chinesischen Grenze und stellen im Frieden 1 Regiment, 6 Sotnien zu Pferd und 10 zu Fuß mit 8 Geschützen und 3242 Mann, im Krieg 3 Regimenter, 18 Sotnien zu Pferd und 30 zu Fuß mit 18 Geschützen und 9507 Mann.

Die Saporoger K. (d. h. die hinter den Stromschnellen des Dnjepr wohnenden K.) sind mit den Kleinrussischen K., mit denen sie gleichen Ursprung haben, der älteste Kosakenstamm. Schon 1304 wird ihr Ataman Kritikija urkundlich erwähnt. Die Saporoger K. hatten in ihrer Einrichtung große Ähnlichkeit mit den Deutschen Rittern in Preußen, obschon ihre Verfassung eine echt demokratische war. Alle Saporoger waren untereinander gleich, und damit kein Hausstand den Kosaken von seinen Pflichten abzog, war Ehelosigkeit Gesetz. Als mit der Zeit die Einwanderungen sich häuften und sich selbst Familien innerhalb der Grenzen des Saporoger Landes niederließen, veränderte sich der Zustand nur insofern, als die Unverheirateten die herrschende Kaste bildeten und nur aus ihnen die Mitglieder der Regierung gewählt wurden. Der Zentralsitz (Sjetsch) war meist in einem unzugänglichen Ort, später auf der Insel Chortitza. Außerdem hatte aber noch jede einzelne Genossenschaft ihren besondern Sitz (Polanke) für die eignen innern Angelegenheiten. Die Besetzung der Stellen geschah an jedem Neujahr durch die Volksversammlung. Das Oberhaupt (Ataman Koschewoi)