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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Papageien

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Papageien (Kakadus).

mit denen der Affen verglichen. Ihre Stimme ist höchst bildsam und zur Nachahmung der verschiedenartigsten Laute, namentlich auch der menschlichen Stimme und der Gesänge andrer Vögel, befähigt. Sie leben meist gesellig in bewaldeten Ebenen, kommen aber auch an der Küste, im Gebirge (in den Andes bis 3500 m ü. M.), in völlig baumlosen Gegenden vor und unternehmen zur Zeit der Reife gewisser Baumfrüchte, der Ernte und der Samenzeit mancher Grasarten große und regelmäßige Wanderungen. Sie nähren sich von den verschiedensten Pflanzenstoffen, einige vom Nektar der Blüten, und nehmen nebenbei oft auch tierische Nahrung. Sie leben in, wie es scheint, auf Lebenszeit geschlossener Ehe, nisten oft in Scharen vereinigt in Baumlöchern, Höhlungen, Felsenspalten, Mauerlöchern oder auf der Erde, legen 2-10 glatte, weiße, rundliche Eier, und die großen Arten brüten nur einmal im Jahr. In der Regel brüten beide Eltern und zwar bei den kleinern Arten 16-18, bei den großen bis 25 Tage. Sie sind vorwiegend auf die Tropen beschränkt; nur einige Formen kommen nördlich, mehrere südlich von den Wendekreise vor. In Amerika gehen sie bis 43° nördl. Br. und 53° südl. Br., auf den Inseln der Südsee bis 59°; auch in Asien kommen einige Arten im gemäßigten Gürtel vor. Von den etwa 400 Arten gehören über 140 Amerika an; nächstdem sind sie auf den Molukken und in Australien am zahlreichsten; weniger Formen finden sich in Polynesien und Asien mit den Sundainseln. Ebenso arm ist Afrika, wo sie in noch engern Grenzen zu beiden Seiten des Äquators vorkommen. In Europa sind sie nicht vertreten. Fossil sind nur einzelne Reste in südamerikanischen Knochenhöhlen und eine Art im Diluvium von Mauritius gefunden worden; zwei Arten von der Philipps- und Norfolkinsel sind in neuerer Zeit ausgestorben. Die P. liefern den Eingebornen Schmuckfedern und werden auch vielfach gegessen. Überall im angebauten Land sind sie schädlich; bei ihrem massenhaften Auftreten können sie den Baum- und Feldfrüchten sehr verderblich werden, und werden daher mit dem größten Eifer verfolgt. Trotz ihrer Schlauheit und ihres Mißtrauens gelingt es bei ihrer großen Anhänglichkeit aneinander doch leicht, sich ihrer zu bemächtigen, und so werden sie oft zu Tausenden gemordet. Die Bewohner der wärmern Waldgegenden brachten den Inkas die Federn der Araras als Frongabe, und diese Federn und die Koka veranlaßten das Vordringen der Bevölkerung in die Wälder. Inder und Peruaner zähmten P. seit alten Zeiten und zollten ihnen sogar göttliche Verehrung. Schon unter Alexander d. Gr. sollen lebende Sittiche nach Europa gebracht worden sein. Plinius erwähnt bereits die Fähigkeit des Halsbandpapageis, Worte nachzusprechen. Seitdem wurden die P. sehr beliebt und Gegenstand des Luxus, so daß ein sprechender Papagei oft mehr galt als ein Sklave. Heliogabal setzte seinen Gästen ein Gericht aus Papageiköpfen vor. Um die Zeit der Kreuzzüge kamen P. auch nach Deutschland. In Amerika gehören P. zu den Ansiedelungen der Eingebornen in den Wäldern wie die Hühner zu unsern Bauernhöfen; man zähmt sie überraschend schnell, und häufig fliegen sie am Tag in den Wald, um abends zur Hütte ihres Pflegers heimzukehren. Später wurden in schneller Folge immer mehr Arten entdeckt und importiert, und in der neuesten Zeit hat der durch die Verbesserung der Verkehrsmittel sehr stark gesunkene Preis der P. manche Arten zu den beliebtesten Käfigvögeln gemacht. Sie eignen sich dazu auch vortrefflich, wenngleich einige durch ihre Zerstörungslust oder die rauhe, durchdringende Stimme lästig werden können. Die meisten P. sind anspruchslos und leicht zu erhalten; manche erreichen sogar ein sehr hohes Alter, andre sind hinfällig und erliegen allerlei Krankheiten. Einzelne Arten wurden mit Erfolg bei uns gezüchtet, und in England hat man versucht, sie in Wäldern und Parken zu akklimatisieren. Mehrere Arten hielten bei 6-7° unter Null gut aus, auch haben einige wiederholt genistet und Junge aufgebracht.

Die Kakadus (Cacatuidae, Plictolophidae), mit meist breitem Schwanz, der kürzer oder so lang wie der Oberflügel ist, und meist mit Federbusch auf dem Kopf, bewohnen Australien, Neuguinea und die Indischen Inseln von Timor und Flores bis zu den Salomoninseln und von Tasmania bis zu den Philippinen. Sie leben vorzugsweise in lichten Buschhölzern, fallen oft in großen Scharen in die Pflanzungen ein, nähren sich von Früchten, Samen, Knollen, Zwiebeln, fliegen ausgezeichnet, graben und wühlen mit ihrem Schnabel im Boden, nisten gesellig in Baum- oder Felslöchern und legen 2-3 Eier. Nicht selten paaren sich verschiedenartige Kakadus. Wegen des Schadens, den sie anrichten, werden sie eifrig verfolgt; das Fleisch ist genießbar. Sie stehen an Begabung den Grau- und Grünpapageien nicht nach, lernen sprechen und zeigen sich sehr anhänglich und zärtlich. Das Wort Kakadu (Kakatua, malaiisch, "alter Vater"), welches fast alle Arten aussprechen, ist angelernt; von ungezähmten Vögeln hört man es nie. Man kennt 6 Gattungen mit 35 Arten. Der Inka-Kakadu (Leadbeater-Kakadu, Plictolophus Leadbeateri Vig., s. Tafel I) ist mittelgroß, mit sehr kräftigem Schnabel, dessen Oberschnabel stark im Bogen und mit der Spitze nach innen gekrümmt, vor der Spitze mit einer tiefen, gerundeten Ausbuchtung versehen ist, sehr starkem, kurzem Fuß, langen, spitzigen Flügeln mit meist wenig hervorragender Spitze und mäßig breitem, am Ende geradem Schnabel, ist weiß, am Vorderkopf, Halsseiten, Mitte und Unterseite der Flügel und an der Bauchmitte rosenrot, unter den Flügeln lachsrot, mit an der Wurzel zinnoberroten, in der Mitte hochgelben, am Ende weißen, vorn von weißen Federn halb bedeckten Haubenfedern; das Auge ist hellbraun, der Schnabel hornfarben, der Fuß dunkelbraun. Er ist in Australien weit verbreitet und im Süden und Westen, besonders in den Eukalyptuswäldern, häufig; er eignet sich vortrefflich für die Gefangenschaft. Die Nymphe (Corella, Callipsittacus Novae Hollandiae Gray), von der Größe einer Drossel, mit schwächerm Schnabel, sehr langen, spitzigen Flügeln und langem, keilförmigem Schwanz, in welchem die beiden mittelsten Federn die übrigen ansehnlich überragen, ist dunkel olivengraubraun, unterseits grau, am Kopf und an der Haube gelblich, mit safranrotem Ohrfleck, weißen Flügeldecken, dunkelbraunem Auge, grauschwärzlichem Schnabel und graubraunem Fuß; beim Weibchen ist Kopf und Haube schmutzig graugelb und der Ohrfleck strohgelb. Sie findet sich sehr verbreitet in Australien, fliegt leicht und ausdauernd, nistet in Waldungen längs der Flüsse und legt 5-6 Eier. Sie wird ihres Fleisches halber eifrig gejagt und eignet sich für den Käfig in besonderm Grad; sie ist anspruchslos, hart, wird sehr zahm, pflanzt sich leicht in der Gefangenschaft fort und lernt ein Lied pfeifen. Von andern Kakadus findet man im europäischen Handel am häufigsten den kleinen, weißen Gelbwangenkakadu (Plictolophus sulfureus Gmel.), mit einem großen gelben Fleck in der Ohrgegend und gelben