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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Schleswig-Holstein

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Schleswig-Holstein (Geschichte 1863-1864).

zum Erscheinen in S. eingeladen wurde, während eine Versammlung von 500 Abgeordneten deutscher Ständeversammlungen in Frankfurt 31. Dez. sich einstimmig für das Recht des Augustenburgers erklärte und den Sechsunddreißigerausschuß einsetzte, um dasselbe zur Anerkennung zu bringen. Ende Dezember traf Herzog Friedrich in S. ein und nahm in Kiel 30. Dez. seine Residenz, bildete auch ein Kabinett, respektierte aber die Bundesexekution und ihre Verwaltung.

Bei der Entschiedenheit, mit der sich in Kammern, Vereinen und Volksversammlungen, auch in Preußen, das deutsche Volk und mehrere hervorragende Fürsten für das Recht des Herzogs Friedrich und die sofortige Losreißung der Herzogtümer von Dänemark ausgesprochen hatten, erregte es das höchste Befremden, ja Entrüstung, als Österreich und Preußen erklärten, daß sie sich an das Londoner Protokoll für gebunden erachteten, und vom Bunde die Ausweisung des Herzogs aus S. verlangten, die 2. Jan. 1864 abgelehnt wurde. Man durchschaute nicht den Plan der von Bismarck geleiteten Politik der deutschen Großmächte, der allerdings die verblendete Hartnäckigkeit der Dänen zur Voraussetzung hatte, und war in Erinnerung an die Schmach von 1851 ganz von dem Argwohn beherrscht, daß dieselben auch diesmal nur S. an Dänemark ausliefern wollten. Der Bund weigerte sich daher 14. Jan., sich den weitern Schritten Österreichs und Preußens anzuschließen, und diese gingen nun allein vor. Da Christian IX. 18. Nov. 1863 unter dem Druck des Kopenhagener Pöbels die Verfassung für Dänemark und Schleswig sanktioniert hatte, forderten die deutschen Mächte 16. Jan. 1864, daß diese den Vereinbarungen von 1851 und 1852 widersprechende Verfassung binnen 48 Stunden außer Kraft gesetzt werde, widrigenfalls sie Schleswig als Pfand besetzen müßten. Im Vertrauen auf die früher bewiesene Schwäche und Uneinigkeit Deutschlands und die Hilfe der fremden Mächte, besonders Englands, dessen Minister Lord John Russell für das Londoner Protokoll und die Integrität der dänischen Monarchie in Noten lebhaft eintrat, wies Dänemark die Forderung Österreichs und Preußens 18. Jan. einfach ab, worauf diese erklärten, daß sie das Londoner Protokoll auch nicht mehr als bindend erachteten, und ihre Truppen, 28,500 Österreicher unter Gablenz und 43,500 Preußen unter Prinz Friedrich Karl, in Holstein einmarschieren ließen; den Oberbefehl erhielt der Feldmarschall v. Wrangel (Deutsch-dänischer Krieg). Der Plan der verbündeten Truppen, welche 1. Febr. die Grenze von Schleswig überschritten, war: mit den Flügeln (preußischen Truppen) die Stellung der 30,000 Mann starken Dänen hinter dem Danewerk zu umgehen und ihnen den Rückzug abzuschneiden. Jedoch der unglückliche Angriff des Prinzen Friedrich Karl auf Missunde (1. Febr.) und das stürmische Vorgehen der Österreicher im Zentrum bei Overselk (3. Febr.) machte den dänischen Befehlshaber Meza auf die drohende Gefahr aufmerksam, und er entzog sich derselben, indem er in der Nacht vom 5. zum 6. Febr. das Danewerk räumte. Prinz Friedrich Karl, der bei Arnis die Schlei überschritt, kam nun zu spät, und nur die Österreicher erreichten die Dänen 6. Febr. noch südlich von Flensburg bei Översee und brachten ihnen empfindliche Verluste bei. Die dänische Armee zog sich teils in die Düppeler Schanzen, teils nach Jütland zurück. Die preußische Gardedivision folgte bis zur Nordgrenze Schleswigs und besetzte 19. Febr. Kolding.

Da die preußische Heeresleitung es versäumte, die Düppeler Schanzen sofort erstürmen zu lassen, und sich für eine förmliche Belagerung entschied, für welche das Material erst herangeschafft werden mußte, Österreich aber gegen ein Vordringen in Jütland zunächst Bedenken erhob, so gerieten die Kriegsunternehmungen ins Stocken. Zum Glück lehnte Napoleon III. eine bewaffnete Einmischung zu gunsten Dänemarks, die England vorschlug, ab. England allein wollte nichts thun, und Rußland war durch den polnischen Aufstand, in welchem ihm Preußen überdies wichtige Dienste geleistet hatte, in Anspruch genommen. So gab Österreich seine Zustimmung zur energischen Fortsetzung des Kriegs. Während 7. März die Verbündeten die Grenze Jütlands überschritten, wurde Mitte März die Beschießung, 28. März der förmliche Angriff auf die Düppeler Schanzen (s. Düppel) durch Parallelen eröffnet und nach einer Reihe von Gefechten 18. April der Sturm unternommen, bei dem die Dänen unter großen Verlusten aus den Schanzen vertrieben wurden und sich nach Alsen zurückziehen mußten; die preußische Armee erlitt einen Verlust von 1200 Mann an Toten und Verwundeten. Darauf wurde Jütland bis zum Limfjord besetzt; Fredericia räumten die Dänen ohne Schwertstreich (28. April). Dem besetzten dänischen Gebiet wurde eine Kontribution von 650,000 Thlr. auferlegt zum Ersatz für den Schaden, den die Blockade der deutschen Seehäfen und die Aufbringung deutscher Schiffe durch dänische Kreuzer verursacht hatten; denn obwohl die Preußen 10. März bei Jasmund in Rügen und die Österreicher 9. Mai bei Helgoland einen Angriff auf die dänische Flotte gewagt hatten, war die Übermacht zur See doch noch auf dänischer Seite.

Auf Englands Betreiben wurde 25. April die Londoner Konferenz eröffnet, um eine friedliche Lösung der schleswig-holsteinischen Frage zu versuchen; der Deutsche Bund war auf derselben durch Beust vertreten. Sie brachte 12. Mai einen Waffenstillstand, nicht aber eine Vereinbarung über S. zu stande. Die deutschen Mächte schlugen 17. Mai eine reine Personalunion zwischen Dänemark und S. vor. Dieselbe wurde aber von Dänemark ebenso zurückgewiesen wie eine Teilung Schleswigs nach der Sprachgrenze nördlich von Flensburg. Preußen und Österreich sagten sich daher offen vom Londoner Protokoll los und verlangten 28. Mai im Verein mit Beust die vollständige Trennung der Herzogtümer von Dänemark und ihre Vereinigung zu Einem Staat unter dem Erbprinzen von Augustenburg. Da die dänische Regierung dies erst recht ablehnte, ging die Konferenz 25. Juni unverrichteter Sache auseinander. Der Krieg begann von neuem, und in der Nacht vom 28. auf den 29. Juni gingen die Preußen unter Herwarth v. Bittenfeld über den Alsensund und eroberten die Insel Alsen nach kurzem Kampf; der Rest der dänischen Armee rettete sich nach Fünen. Nun wurde das Land nördlich von Limfjord bis zum Kap Skagen besetzt und die Dänen von den friesischen Inseln vertrieben. Alles war für eine Landung der Verbündeten in Fünen und Seeland vorbereitet. Keine Hoffnung der Dänen auf fremde Hilfe erfüllte sich, und so gaben sie den weitern Widerstand auf. Die Feindseligkeiten wurden 20. Juli eingestellt und 1. Aug. zu Wien die Friedenspräliminarien abgeschlossen; der definitive Friede von Wien wurde 30. Okt. unterzeichnet. König Christian IX. trat in demselben seine Rechte auf Schleswig, von dem nur kleine Striche an der Nordgrenze zu Dänemark geschlagen wurden, Holstein und Lauenburg an Österreich und Preußen zu freier Verfügung ab; die Kriegskosten und 20 Mill.