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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Vanillenstrauch; Vanillin; Vanini; Vanitas vanitatum; Vanloo; Vannes; Vannucci

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Vanillenstrauch - Vannucci.

tung auch genügt, ist die Kultur überall, selbst in europäischen Gewächshäusern, ermöglicht worden. Man erntet die noch nicht vollkommen reifen Früchte, erwärmt sie anhaltend in wollenen Decken und verhindert dadurch das Aufspringen. Zugleich nehmen die Früchte hierbei die dunkel braunschwarze Farbe an und entwickeln das angenehme Aroma. Die Vanille enthält Fett, Wachs, Harz, Gummi und Zucker und als Träger ihres Aromas Vanillin (mexikanische Vanille 1,69, Bourbonvanille 2,48, Javavanille 2,75 Proz.), welches sich oft in feinen, seidenglänzenden Kristallnadeln ausscheidet. Der balsamische Überzug der Samen stimmt chemisch wahrscheinlich mit Perubalsam überein. Vanille kommt meist über Frankreich in den Handel, und 1872 wurden davon 26,587 kg importiert, wovon etwa die Hälfte im Land selbst verbraucht wurde. Mexiko lieferte 1864 ca. 20,000 kg, seitdem viel weniger, 1877 nur 6993 kg. Réunion exportierte 1877 ca. 18,261 kg, Niederländisch-Ostindien 15,300 kg, andre Länder 4353 kg. Gesamtproduktion 44,907 kg. Man benutzte die Vanille früher als Arzneimittel bei Nervenleiden, Hysterie, Hypochondrie etc.; gegenwärtig dient sie nur als feines Gewürz zu Schokolade, Gefrornem, süßen Speisen. Auch andre Arten von V. liefern Vanille, z. B. V. Pompona Schied. in Mexiko, Guayana, Kolumbien die V. de la Guayra (Vanillon), welche minder angenehm duftet als echte Vanille. Den Gebrauch der Vanille zum Würzen der Schokolade trafen die Spanier schon bei der Eroberung Mexikos an, und als bald gelangte sie auch nach Europa; doch kannte Clusius 1602 weder Vaterland noch Gebrauch der Pflanze. Vgl. de Vriese, De Vanielje (Leiden 1856); Delteil, La Vanille, sa culture etc. (Par. 1885).

Vanillenstrauch, s. Heliotropium.

Vanillin C8H8O3 ^[C_{8}H_{8}O_{3}] findet sich weitverbreitet im Pflanzenreich, besonders in den Vanilleschoten, oft in feinen, nadelförmigen Kristallen (1,7-2,7 Proz.), auch in Siambenzoe, Guajakharz, Runkelrübenrohzucker etc. Es kann künstlich dargestellt werden aus Eugenol (s. Nelkensäure), Coniferin (s. d.) und aus Guajakol des Buchenholzteers. Im Frühjahr und Anfang des Sommers entrindet man frisch gefällte Nadelholzstämme, sammelt den Saft des in der Bildung begriffenen Holzes (des Kambiums) durch Abschaben, kocht ihn auf, filtriert, verdampft, reinigt das sich ausscheidende Coniferin, erhitzt es anhaltend mit chromsaurem Kali und Schwefelsäure, schüttelt die Flüssigkeit nach dem Erkalten mit Äther, welcher das gebildete V. aufnimmt, und läßt die ätherische Lösung verdunsten. V. bildet farblose Kristalle, die stark nach Vanille riechen und heiß schmecken. Es ist leicht löslich in heißem Wasser, in Alkohol und Äther, schmilzt bei 80-81°, sublimiert, reagiert sauer, bildet kristallisierbare Salze und wird durch Salpetersäure zu Oxalsäure oxydiert. Es ersetzt sehr gut die Vanille in der Konditorei; 10 g V. leisten ebensoviel wie 500 g feinste Bourbonvanille, deren Aroma indes haftender ist.

Vanini, Lucilio oder, wie er sich später auf dem Titel seiner Schriften nannte, Julius Cäsar, ital. Freidenker, geb. 1584 zu Touresano im Neapolitanischen, bildete sich in Rom und Padua zum Polyhistor, empfing die priesterliche Weihe, bereiste dann Deutschland und die Niederlande, hielt sich längere Zeit in Genf und Lyon auf, mußte nach England flüchten, kehrte aber dann nach Lyon zurück, wo er 1615 sein »Amphitheatrum aeternae providentiae« herausgab, welchem 1616 zu Paris die Schrift »De admirandis naturae arcanis« folgte, die ihm eine Anklage wegen Atheismus zuzog. Er begab sich nach Toulouse, wo er eine Zeitlang Unterricht erteilte, aber bald verhaftet und, von dem Parlament verurteilt, 19. Febr. 1619 verbrannt wurde. Seine Schriften wurden von Rousselot (Par. 1842) ins Französische übersetzt. Vgl. Fuhrmann, Leben und Schicksale des L. V. (Leipz. 1800); Vaisse, Lucile V., sa vie, sa doctrine et sa mort (Par. 1871); Palumbo, V. e i suoi tempi (Neapel 1878).

Vanitas vanitatum (lat.), »Eitelkeit der Eitelkeiten«, oder: es ist alles eitel.

Vanloo (van Loo), niederländ. Künstlerfamilie. Jakob V., geboren um 1614 zu Sluis, arbeitete 1642 bis 1663 in Amsterdam und dann in Paris, wo er Mitglied der Akademie wurde und 26. Nov. 1670 starb. Er malte Bildnisse im Anschluß an van der Helft und Rembrandt, galante Sittenbilder und mythologische Darstellungen (Diana mit ihren Nymphen in den Galerien zu Berlin und Braunschweig, Paris und Önone in Dresden). Sein Sohn Louis V., geboren um 1640 zu Amsterdam, erhielt in Paris den ersten Preis der Akademie, mußte jedoch nach Nizza flüchten und ließ sich 1683 zu Aix nieder, wo er 1712 starb. Von dessen beiden Söhnen bildete sich Jean Baptiste, geb. 1684 zu Aix, in Rom aus. Er wurde 1731 in die Akademie zu Paris aufgenommen und starb 1745 in Aix. Er hat zumeist Bildnisse (Ludwig XV.) und mythologische Bilder (Diana und Endymion im Louvre und Triumph der Galatea in der Eremitage zu St. Petersburg) gemalt. Sein Sohn Louis Michel V., geb. 1707 zu Toulon, studierte in Rom und ging 1733 nach Paris, wo er Mitglied der Akademie wurde. Von 1736 bis 1752 war er als Hofmaler in Madrid thätig, wo er sich besonders als Bildnismaler bewährt hat, und starb 20. März 1771 in Paris. Sein Bruder Charles Amédée Philippe V. (geb. 1719, gestorben nach 1790) war von 1751 bis 1769 Hofmaler Friedrichs d. Gr., in dessen Auftrag er Kirchen, Schlösser, Theater etc. mit Deckengemälden schmückte und zahlreiche Bildnisse malte.

Vannes (spr. wann), Hauptstadt des franz. Departements Morbihan, an einem Zufluß des Golfs von Morbihan und an der Eisenbahn Savenay-Landerneau gelegen, in der untern Stadt eng und düster gebaut, in der obern dagegen von moderner Anlage, hat alte Mauern, eine Kathedrale (mit schönem Portal), ein Collège, ein großes und ein kleines Seminar, eine Navigationsschule, eine öffentliche Bibliothek, ein an keltischen Altertümern reiches Museum, mehrere wissenschaftliche Gesellschaften, Fabrikation von Baumwollenstoffen und Seilerwaren, Gerberei, Schiffbau, einen Hafen (für kleinere Schiffe), Handel mit Salz, Getreide, Hanf, Honig etc. und (1886) 14,042 (als Gemeinde 20,036) Einw. Die Stadt ist Sitz des Präfekten, eines Bischofs, eines Gerichts- und Assisenhofs und eines Handelsgerichts. - V. ist das alte Dariorigum Venetorum im Gebiet der Veneter im lugdunensischen Gallien. 1342 wurde es von den Engländern unter dem Grafen Robert von Artois erobert. Seit 1675 war es 14 Jahre lang der Sitz des Parlaments von V.

Vannucci (spr. wanuttschi), Atto, ital. Geschichtschreiber, geb. 1. Dez. 1808 zu Tobbiana im Gebiet von Pistoja, war ursprünglich für den geistlichen Stand bestimmt, verließ aber das Seminar, um sich den gerichtlichen Studien zu widmen. Im 23. Lebensjahr erhielt er eine Anstellung als Professor der Humanitätswissenschaften und später der Geschichte am Collegio Cicognini zu Prato. In die politischen Prozesse der Revolutionsjahre 1848-49 verwickelt,